Wasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht

07.04.2011

Der Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Tom Koenigs (Bündnis 90/Die Grünen), hat im Rahmen eines Vortrags den Hintergrund und die Umsetzbarkeit des aktualisierten UN-Menschenrechts ausgeleuchtet.

Seinen Vortrag in der KfW Entwicklungsbank leitete Tom Koenigs mit grundsätzlichen Worten ein. Menschenrechte entstünden aus Unrechtserfahrungen, „gegen die die Menschen aufbegehren“, sagte der Grünen-Politiker. Die Einhaltung der Menschenrechte sei daher die Basis für ein Leben jedes Einzelnen in Würde und Freiheit. Koenigs, der Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist, referierte detailliert über das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung.
 
Inwieweit dieses Menschenrecht umgesetzt ist, lässt sich nach Aussagen Koenigs an fünf Kriterien messen: Verfügbarkeit, Qualität, Annehmbarkeit, Erreichbarkeit und Bezahlbarkeit. Das bedeutet unter anderem, dass Wasser sauber und von guter Qualität sein muss und nicht zu weit von den jeweiligen Wohn- und Lebensorten der Menschen entfernt bereitgestellt werden sollte.
Menschen sollen ihre Rechte einfordern
 
Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Aussagen Koenigs verpflichtet, das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung zu achten, zu schützen und zu gewährleisten („respect, protect, promote“). In der Entwicklungszusammenarbeit gehe es etwa darum, andere Staaten und Regierungen zu unterstützen, dieses Menschenrecht umzusetzen - also für immer mehr Menschen Trinkwasser und Sanitärversorgung bereitzustellen. Neben der Unterstützung für die Regierungen sei es aber auch Aufgabe der KfW – die im Auftrag der Bundesregierung handelt - den Menschen in den Partnerländern dabei zu helfen, ihr Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung einzufordern.
 
Anschaulich und aufbauend auf seinen beruflichen Erfahrungen in Guatemala, Afghanistan und Deutschland stellte Koenigs dar, dass das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung konkrete und vorteilhafte Auswirkungen für die Entwicklungszusammenarbeit hat. Er hob folgende Punkte hervor:
 
1. Der Menschenrechtsansatz führt zu einem Paradigmenwechsel: Aus Zielgruppen werden Rechtsträger, aus staatlichen Partnern Pflichtenträger, aus dem Grundbedürfnis nach einer Wasser- und Sanitärversorgung werden rechtlich verankerte Ansprüche.
2. Der Menschenrechtsansatz ergänzt die quantitativen Entwicklungsziele im Wasser- und Sanitärsektor im Rahmen der „Millennium Development Goals“ um qualitative Elemente. Unterschiede in der Versorgung verschiedener Bevölkerungsgruppen werden dadurch nicht aus den Augen verloren.
3. Der Menschenrechtsansatz erlaubt es, Politikansätze, die Arme oder andere besonders benachteiligte Gruppen diskriminieren, zu identifizieren und entsprechend zu kritisieren. Dies bedeutet auch, damit „in bestehende Machtverhältnisse einzugreifen“.
4. Der Menschrechtsansatz bietet international legitimierte Leitlinien. Diese können bei der Gestaltung von Entwicklungspolitik der Orientierung dienen und entscheidend zur Harmonisierung der verschiedenen Geberpolitiken beitragen.
5. Das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung kann als Mindeststandards für die Konzipierung, Durchführung und Evaluierung von Entwicklungsprojekten im Wasser- und Sanitärbereich dienen.
6. Der Menschrechtsansatz geht ungleich verteilte Ressourcen und politische Macht als strukturelle Ursachen von Armut an - und betrachtet sie nicht mehr als Symptome von Armut.
 
In der Diskussion nach dem Vortrag von Tom Koenigs machten verschiedene Zuhörer deutlich, dass es bei der Realisierung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung auch zu Zielkonflikten kommen kann. Zwar sei Deutschland in der bilateralen Zusammenarbeit weltweit der zweitgrößte Geber im Wassersektor, aber die Anerkennung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung habe nicht dazu geführt, dass zusätzliche Gelder bereit gestellt würden.
Schritt für Schritt realisieren
 
Da weltweit immer noch viele Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, könne das Menschenrecht nur Schritt für Schritt realisiert werden, hieß es. Im Sinne der ökonomischen Nachhaltigkeit der Wasser- und Sanitärversorgung könne sich die Entwicklungszusammenarbeit dabei zunächst nicht ausschließlich um die Armen kümmern, denn der Betrieb der Versorgungsanlagen müsse langfristig finanziert werden, damit er nicht zusammenbricht. Auch lägen die Ursachen für Wassermangel oftmals auch in anderen Sektoren, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft.
 
Tom Koenigs empfahl, dass die Staaten darüber berichten sollten, inwieweit es gelinge, das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung umzusetzen. Das schaffe Transparenz. Zudem sei der Menschenrechtsansatz eine gute Möglichkeit, um Informationen und Erfahrungen zwischen den Ländern auszutauschen und voneinander zu lernen. Ein solcher Lern- und Austauschprozess trage dazu bei, die Umsetzung des Menschenrechtes auf Wasser und Sanitärversorgung zu verbessern.
 
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