Wasser für die Mongolei

20.05.2011

In vielen Ländern der Welt ist sauberes Wasser ein rares Gut. Die Versorgung der Bevölkerung stellt die Behörden oft vor Probleme. In der Mongolei zeigt ein interdisziplinäres Forscherteam, wie sich die knappen Ressourcen effektiv nutzen lassen. Eigens entwickelte Software und Mess-Systeme helfen beim Aufspüren von Schwachstellen.

Die Mongolei ist ein Land der Gegensätze: im Sommer brütend heiß, im Winter eisig kalt; im Norden feucht, im Süden staubtrocken. In der Hauptstadt Ulaanbaatar lebt eine Million der drei Millionen Einwohner dicht gedrängt, während der Rest des riesigen Landes überwiegend von Nomaden mit ihrem Vieh genutzt wird. Eine flächendeckende Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist schwierig: Wer sollte auf einer Fläche von 1,5 Millionen Quadratkilometern frostsichere Wasserleitungen verlegen? So nutzen die Menschen auf dem Land schon immer das Wasser aus den Flüssen oder aus Brunnen, die sie selbst graben.
 
Doch diese traditionelle Wasserversorgung stößt jetzt an ihre Grenzen: In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Regenperioden während der Sommermonate, die die Grundwasserspeicher aufgefüllt haben, immer seltener. An ihre Stelle traten Unwetter mit sintflutartigen Regengüssen, die oberflächlich abfließen, weil sie keine Zeit haben, zu versickern. Gleichzeitig stieg der Wasserbedarf der schnell wachsenden Bevölkerung. »Die Trinkwasserversorgung wird immer schwieriger. Wenn man sie langfristig sichern will, muss man sehr viele verschiedene Faktoren berücksichtigen und herausfinden, wie sie sich gegenseitig beeinflussen«, erklärt Dr. Buren Scharaw vom Fraunhofer-Anwendungszentrum Systemtechnik AST in Ilmenau.
 
Der gebürtige Mongole arbeitet seit vier Jahren am Projekt MoMo – kurz für »Integriertes Wasser-Ressourcenmanagement in Zentralasien: Modellregion Mongolei«. Projektpartner sind die Universitäten Heidelberg und Kassel, die Bauhaus-Universität Weimar, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei sowie private Unternehmen. Die Modellregion, die die Forscher unter die Lupe genommen haben, sind das Einzugsgebiet des Flusses Kharaa und Darkhan, eine Stadt mit 100 000 Einwohnern.
 
Seit Beginn des Projekts 2006 ist Scharaw mehrmals in seine frühere Heimat gereist: Er hat die Wasserqualität der öffentlichen und privaten Brunnen sowie des Verteilungsnetzes untersucht, den Energieverbrauch der Pumpen gemessen, die Effektivität des Klärwerks erforscht. Alle Daten wurden in am AST entwickelte Computermodelle eingespeist. »Mit unserer Wassermanagement-Lösung HydroDyn haben wir erstmals die Möglichkeit, sowohl die Qualität als auch die Quantität der Wasserflüsse sichtbar zu machen und eine künftige Entwicklung zu modellieren«, erläutert der Forscher.
 
Der Status Quo ist verbesserungsfähig: Die Wasserpumpen benötigen viel Energie, die Leitungen sind marode, fast die Hälfte des Trinkwassers versickert auf dem Weg zum Verbraucher. Viele Jurten verfügen über eigene Brunnen, das Wasser ist jedoch häufig mit Keimen kontaminiert, die von Latrinen eingeschwemmt werden. Was also ist zu tun? »Nachdem wir Daten erfasst und Modelle erstellt haben, beginnen wir jetzt, ökonomisch und ökologisch sinnvolle Vorschläge zu erarbeiten«, sagt Scharaw. Sein Team hat hierfür eine Software entwickelt, die ermittelt, wie sich die Wasserversorgung energiesparend und nachhaltig sichern lässt.
 
Um die Verluste im Trinkwasserverteilungs-Netz zu minimieren, haben die Fraunhofer-Forscher außerdem ein Mess-System entwickelt, mit dem sich Lecks orten lassen: Kleine Sensoren registrieren Druckabfall in den Leitungen, so lassen sich Löcher relativ genau lokalisieren. Ist die undichte Stelle ausgemacht, kann der betroffene Leitungsabschnitt gezielt ausgebessert werden. Um die Schadstoffbelastung der Gewässer zu senken und die Effektivität des bisherigen Klärwerks zu steigern, bauen die MoMo-Forscher jetzt eine Versuchskläranlage, die Mikroorganismen in hoher Konzentration enthält: »Wir erwarten, dass diese Anlage auch in der kalten Jahreszeit, wenn die Aktivität der Mikroorganismen abnimmt, noch gute Ergebnisse liefert. Diese Resultate lassen sich dann auf eine künftige Anlage übertragen.«
 
In drei Jahren, wenn das MoMo-Projekt abgeschlossen ist, wollen die Experten der Verwaltung in Darkhan einen Maßnahmenkatalog vorlegen, der zeigt, wie sich die Wasserver- und -entsorgung in Zukunft effizient und kostengünstig sichern lässt. Einen seiner größten Erfolge sieht Scharaw darin, dass seine Ergebnisse die mongolischen Behörden bewogen haben, den Bergbau bereits in einigen Regionen des Kharaa-Einzugsgebiets zu stoppen: ein Gewinn, der weit über die Verbesserung des Trinkwassers von Darkhan hinausreicht.
 

Kontakt

Fraunhofer-Anwendungszentrum für Systemtechnik Ilmenau (IOSB)

E-Mail:

marion.horn@zv.fraunhofer.de

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