Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes zu Gast beim Ruhrverband
07.07.2016
„400 Liter Regen pro Quadratmeter am Tag sind theoretisch in vielen Regionen Deutschlands möglich“
Hochaktuell ging es im Juni, beim 15. Forum Ruhrverband in der Essener Hauptverwaltung des öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsunternehmens zu: Dr. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit Sitz in Offenbach, sprach vor rund 90 Fachleuten und kommunalen Spitzenpolitikern aus dem Ruhreinzugsgebiet über das Thema „Nehmen die extremen Wettereignisse zu? Möglichkeiten und Grenzen der Prognose bei wasserwirtschaftlichen Fragestellungen“.
Das Forum Ruhrverband, eine eintägige Vortragsveranstaltung zu aktuellen Themen der Wasserwirtschaft für Mitglieder des Ruhrverbands, findet seit 2001 jedes Jahr im Juni statt.
„Wettervorhersagen haben in den vergangenen Jahren stark an Präzision zugenommen. Ein extremes konvektives Niederschlagsereignis auf die Stunde genau zu prognostizieren oder vorherzusagen, wie viel Liter Regen an welchem Ort fallen, wird auch in den nächsten Jahrzehnten an die Grenze der Machbarkeit gehen“, verdeutlichte Dr. Paul Becker. Einen Blick in die Zukunft wagte der Experte dennoch: Der Klimawandel, der sich aus dem weltweiten Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte eindeutig ablesen lasse, begünstige das Entstehen bestimmter Wetterlagen, die ein größeres Schadenpotenzial in sich trügen als andere.
Als Beispiel nannte DWD-Vize Becker das „Tief Mitteleuropa“, eine Wetterlage, die zu jeder Zeit im Jahr auftreten kann. Für die Wetterkapriolen der vergangenen Tage war ein solches „Tief Mitteleuropa“ verantwortlich, für die Rekordhochwässer an der Elbe 2002 und 2013 ebenfalls. Wenn die Wetterlage, wie in diesem Jahr, Mitteleuropa im Frühsommer im Griff hat, begünstigt dies lokale Unwetterereignisse mit teils verheerenden Folgen für die betroffenen Ortschaften. „Dabei sind theoretisch in vielen Regionen Deutschlands 400 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Tag möglich“, so der Meteorologe. Zum Vergleich: Beim schweren Unwetter im ostbayerischen Simbach am Inn mit vier Toten Anfang Juni waren in der Spitze rund 140 Liter in 24 Stunden auf den Quadratmeter gefallen.
In seinem Fazit plädierte Dr. Paul Becker unter anderem für die „Schaffung einer Kultur für den Umgang mit Naturgefahren“, in der auch die Eigensicherung gegenüber den Risiken von Wetterereignissen eine wichtige Rolle spiele. Zu einer ähnlichen Erkenntnis gelangten auch zwei weitere Referenten der Vortragsveranstaltung. Peter Klein, Geschäftsbereichsleiter Talsperren und Stauseen beim Ruhrverband, veranschaulichte den Zuhörern, welchen Einfluss das Verbundsystem der sauerländischen Talsperren auf die Entwicklung von Hochwassersituationen hat.
„Der Ruhrverband kann mit seinen Talsperren zwar Hochwasserspitzen in den flussabwärts liegenden Gebieten mindern“, so Klein. „Ganz verhindern lassen sich Hochwässer durch die Talsperren aber nicht.“ Dr. Michael Weyand, Abteilungsleiter Flussgebietsmanagement beim Ruhrverband, zeigte am Beispiel der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie der EU auf, wie der Ruhrverband seine kommunalen Mitglieder in diesem Bereich unterstützen kann, und stieß damit vor allem bei den Vertretern der gewässerunterhaltungspflichtigen Städte und Gemeinden auf reges Interesse.
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