Starkregenfälle - Wer haftet für Immobilien-Rückstauschäden
20.07.2009
Abfluss-AS-Allianz beantwortet diese und weitere häufig gestellte Fragen: Das Entwässerungssystem gilt nach wie vor als vernachlässigtes Stiefkind! Dies zeigt sich insbesondere bei der mangelnden Vorsorge gegen Rückstauschäden durch den Einsatz geeigneter Rückstausicherungen. Dies bestätigt auch eine aktuelle Online-Umfrage von Jung-Pumpen (www.jung-pumpen.de), wonach weite Teile der Bevölkerung nicht ausreichend über die Gefahren einer fehlenden Rückstausicherung informiert sind. So verfügen die Häuser von 50 Prozent der Befragten über keine entsprechenden Sicherungsmaßnahmen.
Wer einmal einen überschwemmten Keller hatte, wird sich und seinen Bekanntenkreis für dieses Thema sensibilisieren.
Gefahr durch Rückstau aus dem Kanalnetz
"Feuerwehr musste Keller leer pumpen" oder ähnliche Sätze findet man immer wieder in Zeitungsberichten.
Als Konsequenz des Klimawandels erleben immer mehr Hauseigentümer in allen Teilen Deutschlands heftige Gewitterregen.
Die Folgen sind Überflutung von Kellern und anderen tief gelegenen Räumen. Dies liegt meist daran, dass die betroffenen Gebäude nur ungenügend gegen Rückstau gesichert oder vorhandene Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind.
Wie entsteht eigentlich Rückstau in Kanalsystemen?
Das Kanalnetz ist nicht darauf ausgerichtet, dass es jeden Starkregen vollständig aufnehmen kann. Die Abwasserrohre der Kanalisation wären sonst so groß und so teuer, dass die Bürger, welche die Kosten der Abwasserbeseitigung und Instandhaltung der Anlagen über die Abwassergebühren bezahlen müssen, unvertretbar hoch belastet würden.
Deshalb wird bei starken Regenfällen ein kurzzeitiger Aufstau des Abwassers im Kanalnetz billigend in Kauf genommen. Der Aufstau im Kanalnetz ist also kein Planungsfehler, sondern muss im Interesse einer wirtschaftlichen Abwasserentsorgung hingenommen werden - zumal es einfache und wirkungsvolle Mittel gibt, sich vor Überflutungen von Kellern und anderen tief gelegenen Räumen zu schützen.
Wieso kommt es zu Rückstauschäden?
Da die angeschlossenen Grundstücksentwässerungen mit dem Kanalsystem zusammenhängen (System der "kommunizierenden Röhren"), steigt auch in den Grundleitungen, Kontrollschächten und Hausanschlüssen das Abwasser, bis es die Höhe der Rückstauebene erreicht hat. Damit werden Kellerräume bis zu dieser Höhe durch Abwasser aus dem öffentlichen Netz, sowie durch eigenes Abwasser, das nicht mehr abfließen kann, geflutet. Die Höhe der Überschwemmung im Keller hängt letztlich von der Abwasserhöhe im öffentlichen Kanal ab.
Die Rückstauebene wird immer von den Kommunen festgelegt. Im Normalfall liegt sie in Höhe der Straßenoberkante.
Die Hauseigentümer sind in eigener Verantwortung dazu verpflichtet, alle Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene mit geeigneten Sicherungen zu versehen und diese betriebsfähig zu halten. Hierzu gehören insbesondere:
1. Bodenläufe, auch im Bereich des Kellergangs,
2. WC-Anlagen
3. Waschtische,
4. Duschen,
5. Notüberläufe von Heizungsanlagen mit Einlauftrichter,
6. Waschmaschinen.
Wie kann man sich vor Rückstau schützen ?
Eine Rückstausicherung kann nur dann einen wirksamen Schutz darstellen, wenn die Vorgaben der DIN 1986 Teil 100 eingehalten werden. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Rückstausicherung für fäkalienhaltiges oder fäkalienfreies Abwasser geeignet sein muss. Es ist weiterhin zu prüfen wie die Räume unterhalb der Rückstauebene genutzt werden und wie groß der Benutzerkreis ist.
Für Schmutzwasser sind automatisch arbeitende Heberanlagen oder Rückstauverschlüsse einzusetzen.
Der Betrieb einer Abwasserhebeanlage mit Rückstauschleife über die Rückstauebene stellt den sichersten Schutz dar. Sie pumpt auch bei Rückstau Abwasser in die öffentliche Kanalisation, die Hausentwässerung bleibt in vollem Umfang betriebsfähig.
Unter der Rückstauebene liegende Ablaufstellen können bei ausreichendem Gefälle zum Kanal mit Rückstauverschlüssen abgesperrt werden. Der Einbau ist jedoch nur zulässig, wenn:
- die Räume untergeordnete Nutzung haben (also keine wesentlichen Sachwerte) oder die Gesundheit der Bewohner bei Überflutung der Räume nicht beeinträchtigt werden,
- der Benutzerkreis klein ist und ein WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung steht, und bei Rückstau auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden kann.
Grundsätzlich gilt: Rückstausicherungen bedürfen einer regelmäßigen Wartung durch einen Fachkundigen. Die Wartungshäufigkeit ist der Betriebsanleitung sowie der DIN zu entnehmen.
- Abwasserhebeanlagen müssen bei Anlagen in Mehrfamilienhäusern in Zeitabständen von maximal 1/2 Jahr und bei Anlagen in Einfamilienhäusern von maximal 1 Jahr durch einen Fachkundigen gewartet werden,
- Rückstauverschlüsse für fäkalienfreies Abwasser sollen 2 Mal im Jahr durch einen Fachkundigen gewartet werden
- Rückstauverschlüsse für fäkalienhaltiges Abwasser müssen durch einen Fachbetrieb mindestens 2 Mal im Jahr gewartet werden.
Wer haftet im Schadensfall?
Da der Rückstau ursächlich im öffentlichen Kanalnetz entsteht, wird die Kommune als Betreiber des Kanalnetzes häufig für die Folgen des Rückstaus verantwortlich gemacht. Da aber die Entwässerungssatzung ausdrücklich eine Rückstausicherung für alle Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene fordert, ist eine Haftung nach § 2 HaftpflG oder die Amtshaftung nach Artikel 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB ausgeschlossen. Auch nach § 18b Wasserhaushalts-Gesetz, der den Bau und Betrieb einer Abwasseranlage nach den "allgemein anerkannten Regeln der Technik" vorschreibt, kann ein erhebliches Selbstverschulden des Grundstückseigentümers bei mangelhafter Wartung hergeleitet werden.
Der Versicherungsschutz ist aus den gleichen Gründen, aus denen der Grundstückseigentümer die Gemeinde nicht haftbar machen kann, nicht gegeben, da hier durch Selbstverschulden ein Schaden herbeigeführt worden ist. Eine fehlende Rückstausicherung verstößt gegen die Entwässerungssatzung und immer gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Dies ist nicht nur haftungsrechtlich von Bedeutung, sondern auch versicherungsrechtlich.
Die Rechtsprechung sagt daher: "Der Grundstückseigentümer haftet bei nicht vorhandener oder geeigneter Rückstausicherung für alle Rückstauschäden selber" (OLG Celle, 14. Zivilsenat Typ, AZ: Urteil, 14 U 3/04 Datum: 08.07.2004).
Was ist unbedingt zu beachten?
- Bei der Festlegung des richtigen Installationsortes und beim Einbau sollten Sie auf jeden Fall ein Fachunternehmen konsultieren.
- Die Verlege- und Einbauvorschriften der Hersteller, allgemeine Regeln der Bautechnik, DIN-Normen und auch örtliche, kommunale Abwassersatzungen müssen berücksichtigt und eingehalten werden. Fragen Sie zur Sicherheit beim Tiefbauamt, dem Abwasserwerk oder dem kommunalen Abwasserbetrieb nach.
- Planen Sie bei Neubauten in Absprache mit dem Fachplaner und dem Architekten Rückstausicherungen ein. Bestehen Sie in jedem Fall darauf, dass Bestandspläne der Entwässerungsanlagen innerhalb und außerhalb des Gebäudes gefertigt werden. Erfahrungsgemäß ist die nachträgliche Anfertigung von Bestandsplänen sehr aufwendig!
- Überprüfen Sie bei bestehenden Gebäuden und Grundstücksentwässerungsanlagen den Bestand auf die Vorgaben der DIN-Normen und sonstigen technischen Regelwerke. Versuchen Sie, falls nicht vorhanden, Bestandszeichnungen über die vorhandenen Entwässerungsleitungen anhand von Bauunterlagen, notfalls ergänzt durch Informationen von den am Bau beteiligten Personen, zu erstellen. Ggf. ist dies nachträglich nur durch eine ergänzende Kamerabefahrung und Verlaufsortung der Leitungen möglich.
- Rückstausicherungen sind regelmäßig zu warten.
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