Sicherer Einbau im Naturschutzgebiet
02.10.2017
ARGE mit Bohlen & Doyen und PRT Rohrtechnik erneuert Elbdüker bei Gallin
Für mehrere Stunden stand der Schiffsverkehr auf der Elbe in Höhe von Gallin in Sachsen-Anhalt still. Grund war nicht etwa das Niedrigwasser, das der Elbschifffahrt im September letzten Jahres zu schaffen machte, sondern die Verlegung einer Druckleitung unter der Elbe, durch die mit einem Betriebsdruck von 17 bar Rohöl vom Tanklager Heinersdorf zur weiteren Verarbeitung in die Total Raffinerie nach Leuna geleitet wird.
Der Düker ersetzt eine Haupt- und eine Reserveleitung aus dem Jahr 1965, die nicht mehr tief genug im Flussbett lagen. Mit der Verlegung der neuen Stahlrohre DN 500 hatte die MVL Mineralölverbundleitung GmbH Schwedt eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit den Unternehmen Bohlen & Doyen GmbH und PRT Rohrtechnik Berlin Brandenburg GmbH betraut.
Bohlen & Doyen, seit 1969 Mitglied im Rohrleitungsbauverband und unter anderem im Besitz der Zertifikate DVGW GW 301: G1 ge,st,pe / W1 ge,st,az,pvc,pe,gfk / BMS; DVGW GW 302: GN2 B; RAL-GZ 962; DVGW FW 601: FW 1 st,ku, zeichnete für die Tiefbaumaßnahmen und die Oberbauleitung verantwortlich.
PRT – rbv-Mitglied seit 11 Jahren und im Besitz der Zertifikate DVGW GW 301: G1 ge,st,pe / W1 ge,st,az,pvc,pe / BMS; DVGW GW 302: R2; DVGW FW 601: FW 1 st,ku – führte den Rohrbau und die Schweißarbeiten aus. Darüber hinaus war die Hülskens Wasserbau GmbH für die Ausführung der Nassbaggerarbeiten sowie für die Betonummantelung des Dükers zuständig.
Mit Bewehrung und Betonmantel
Ein quer über die Elbe gespanntes Stahlseil zeugte am Tag des Einbaus von dem unmittelbar bevorstehenden Einzug des rund 156 m langen Dükers, der zuvor an Land aus Stahlrohren mit Baulängen von 12 m komplett zusammengeschweißt wurde. Das Stahlseil war mit einer 80-t-Winde verbunden, die normalerweise im Offshore-Bereich eingesetzt wird.
„Doch an der Elbe brauchte es diese Kraft, um den 120 t schweren Düker durch die vorbereitete Rinne im Flussbett auf die andere Uferseite zu ziehen“, erklärt Dipl.Ing. (FH) Ronald Mügge, Abteilungsleiter Rohrleitungsbau bei Bohlen & Doyen. „Spundwände dienten hierbei als Verankerung für die Winde.“
Aufgebaut ist der Düker aus einer Stahlrohrleitung L360NB als Produktenrohr sowie zwei Kabelschutzrohren DN 160 aus PE für die zugehörigen Begleitkabel. Um den Düker zusätzlich gegen mechanische Einflüsse und Auftrieb zu schützen, wurde er von der Firma Hülskens vor dem Einzug nach dem patentierten Verfahren „König“ mit Beton ummantelt. Die hierbei verwendete Bewehrung bestand nicht aus Stahl, sondern aus Kunststoff, um Beeinflussungen des kathodischen Korrosionsschutzes (KKS) zu vermeiden.
Gefahr durch Ankerwurf
Die unzureichende Verlegetiefe, verursacht durch die natürlichen Veränderungen in der Uferböschung und Fahrrinne, war der alten Druckleitung „Spergau I“ im Elbbereich „zum Verhängnis“ geworden.
Die alte Leitung war durchaus in einem guten Zustand. Sie hätte noch weitere 50 Jahre dort liegen können. Aber das Wasserstraßen und Schifffahrtsamt hatte etwas dagegen; aus gutem Grund: Mit stellenweise weniger als 1,0 Meter Deckung lag der alte Düker nicht tief genug im Flussbett der Elbe, wie eine Untersuchung mit Peilboot und Fächerlot durch das Vermessungsbüro MIDIC GmbH (Mitteldeutsche Ingenieurconsult) ergeben hatte. Bei Niedrigwasser hätte es passieren können, dass der geworfene Anker eines Schiffes die Leitung berührt und beschädigt. Daher hatte sich die MVL dazu entschlossen, einen neuen Rohrstrang in einer Tiefe von 2,5 Metern unter der jetzigen Elbesohle zu verlegen.
Alles unter Kontrolle
Mittels eines Seilbaggers auf einem Ponton wurde die etwa 4 Meter tiefe Rinne im Strom ausgehoben. Das geförderte Erdreich türmte sich meterhoch in dem naheliegenden Buhnenfeld, wo es zwischengelagert wurde, um dann wieder zur Verfüllung der Baugrube genutzt zu werden. Allerdings machte das zeitweilige Niedrigwasser den Schiffen und auch dem Schwimmbagger während der Bauphase zu schaffen.
Normalerweise könnten die eingesetzten Schuten rund 400 t Aushub laden, bei Niedrigwasser waren es gerade einmal 50 t. Aber auch diese logistische Herausforderung wurde trotz des engen Zeitfensters gemeistert – nicht zuletzt durch die Ausdehnung der täglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden und zusätzliche Schichten an den Wochenenden.
Begleitet wurden die Baggerarbeiten durch ständige Kontrollmessungen der MIDIC GmbH, die sämtliche Vermessungsarbeiten vor, während und nach der Baumaßnahme durchführten. Hierzu zählten unter anderem die Peilung der Dükerrinne, Einmessung des Dükers sowie Überprüfung seiner Lage, Tiefe und Überdeckung.
Umswitchen von alt auf neu
Während Düker heute meist mit Horizontalspülverfahren erstellt werden, wurde an der Elbe noch die klassische Variante gewählt. Zum einen waren die Bodenverhältnisse nicht für das sonst übliche Horizontalspülverfahren geeignet, zum anderen hätte die Schieberstation versetzt werden müssen. Auch weitere Alternativen zur Verlegung eines Dükers wurden geprüft, unter anderem eine Aufschüttung des Flussbettes über den alten Rohrleitungen.
„Das wurde schon einmal versucht“, erläutert MVL Projektleiter Daniel Grodon. „Aber ohne langfristigen Erfolg. Die Aufschüttung wurde vom Elbwasser wieder weggespült.“ So entschloss man sich zunächst zum Abbau des alten Reservedükers. Dessen Trasse wurde anschließend auf die erforderliche Tiefe gebracht, und damit wurden die Voraussetzungen für die Verlegung des neuen Dükers geschaffen.
„Das Vorhandensein des alten Reservedükers entpuppte sich als Glücksfall. Denn so konnten wir den neuen Düker zunächst komplett verlegen und dann vom alten Hauptdüker auf den neuen umswitchen“, so Grodon weiter.
Baumaßnahme im Naturschutzgebiet
Während der Verlegung des neuen Dükers ragten neben dem Leitungskopf noch zwei weitere, kleinere Rohrstränge heraus. Dabei handelt es sich um Schutzrohre PE DN 160 für Datenkabel, die künftig die Fernüberwachung der Rohöl-Leitung sicherstellen. Immerhin transportiert sie Rohöl und liegt dazu noch in einem Naturschutzgebiet, was eine extreme Sorgfalt und Professionalität bei der Bauausführung erforderte.
Zudem musste Rücksicht auf die Tiere in dem Deichgebiet genommen werden, insbesondere auf die in dem bis zu 2 km breiten Deichgebiet brütenden Vögel. Nicht zuletzt aufgrund deren Brutzeit musste der Bau in dem streng definierten Zeitfenster von Anfang August bis Ende Oktober letzten Jahres abgeschlossen sein. Während die eigentliche Einbringung des auf den Namen „Gallin I“ getauften neuen Dükers nur eine halbe Stunde dauerte, nahmen die Planung, Vorbereitung und Durchführung der Gesamtbaumaßnahme insgesamt mehrere Jahre in Anspruch. Trotz zahlreicher Herausforderungen konnte sie jedoch im Zeitplan erfolgreich abgeschossen werden, wozu nicht zuletzt die Erfahrung und professionelle Zusammenarbeit aller Beteiligten beitrugen.
Auftraggeber:
- MVL Mineralölverbundleitung GmbH
Bauausführung:
- ARGE Bohlen & Doyen GmbH und PRT Rohrtechnik Berlin Brandenburg GmbH
- Hülskens Wasserbau GmbH (Nassbaggerarbeiten)
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