Im Jahr 1 nach der Satzungsänderung präsentierte sich der rbv als starker Partner der Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Gas, Wasser, Fernwärme, Kanal und Kabel, der sich mit einer neuen Struktur und neuen Gremien auf die Herausforderungen eines im Wandel befindlichen Marktes eingestellt hat. Die durch den Paradigmenwechsel in der Energiepolitik ausgelösten tiefgreifenden Auswirkungen auf die gesamte Versorgungswirtschaft bildeten den roten Faden in der Eröffnungsrede von rbv-Präsident Dipl.-Ing. Klaus Küsel. „Auf die Mittelstandsunternehmen des deutschen Leitungsbaus werden enorme Aufgaben zukommen, die zu einer noch ungeahnten Herausforderung werden in Bezug auf Struktur, Personal und ingenieurtechnischer Leistungsfähigkeit“, erklärte Küsel, wobei er darauf hinwies, dass vor allem die Störfälle in Fukushima und die daraus resultierende Diskussion über den Ausstieg aus der Atomkraft aktuell zu noch tiefgreifenderen energietechnischen Umwälzungen in der Branche führen würden. „Bereits das Vorhaben, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix von 16 % auf 30 % zu steigern, stellte eine kaum vorstellbare nationale Aufgaben dar“, so Küsel, „doch seit Fukushima scheinen selbst die visionärsten Gedanken überholt.“
Über allem stehen die Netze
Seine Aussage untermauerte der Präsident des Rohrleitungsbauverbandes mit eindrucksvollen Zahlen: So würde jetzt schon von einem Anteil von 36 % erneuerbarer Energie bis 2020 und dem kompletten Atomausstieg bis 2018 diskutiert. Und während gestern noch von Investitionen in Höhe von jeweils 20 Milliarden Euro in die Höchstspannungsnetze und die Ortsnetze gesprochen worden sei, ständen heute Zahlen von bis zu 200 Milliarden im Raum, die in den nächsten 10 Jahren in die europäischen Netze investiert werden sollen. Für Küsel steht damit fest, dass der nun eingeschlagene Kurs in der Energiepolitik damit auch schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Versorgungswirtschaft haben wird. „Während sich die Energiekonzerne auf die Offshore-Windparks und europäische Beteiligungen an der Energiegewinnung konzentrieren, werden die kommunalen Versorger zu örtlichen energietechnischen Schwergewichten“, sieht Küsel voraus. „Damit werden neben den gewaltigen Aufgaben, die die Stromnetze uns stellen, auch die Gasversorgung, die Fern- und Nahwärme sowie Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung in den Mittelpunkt rücken.“ Mit der dann erforderlichen Steuerung sogenannter „intelligenter Netze“ – den so genannten „smart grids“ – ist die Verlegung der Breitband-Glasfaserleitungen ein unbedingtes Muss, um Entnahme und Einleitung von Energie an allen Orten zu steuern, zu lenken, ja überhaupt erst zu ermöglichen.
Initiative ergreifen heißt das Stichwort
In diesem Zusammenhang legte der rbv-Präsident den Finger in die Wunde: „Wirkt es nicht geradezu wie ein schlechter Witz, dass ausgerechnet in den Ausbau der Leitungsinfrastruktur in den letzten 10 Jahren am wenigsten investiert wurde“, so seine Frage, die sich nicht nur an die Anwesenden richtete, sondern vielmehr als Aufforderung an die politisch und wirtschaftlich in der Verantwortung stehenden Instanzen zu verstehen war. „Jetzt rächt sich die falsche Sichtweise, Investitionen in die Netze der nächsten Generation zu überlassen“, stellte Küsel unmissverständlich fest. Fakt ist auch: Der Rohrleitungsverband weist bereits seit vielen Jahren auf die prekäre infrastrukturelle Situation hin, ist aber in vielen Fällen auf taube Ohren gestoßen. Doch der Rohrleitungsbauverband und die Mitgliedsunternehmen blicken gemeinsam nach vorne. „Reden und Abwarten war gestern – Initiative ergreifen“ lautet das Stichwort für die Gestaltung der Zukunft.
Dass diese beim rbv mit der Satzungsänderung im vergangenen Jahr eingeläutet worden ist, verdeutlichte Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann im Bericht der Geschäftsführung. Mit neuen Zielvorgaben, der Schaffung neuer Gremien, zukunftsorientierten Konzepten für die Mitgliedsunternehmen und einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit hat sich der Rohrleitungsbauverband über die Medien Gas und Wasser hinaus den Bereichen Fernwärme, Kanal und Kabel geöffnet und damit neu positioniert. Für die Ausweitung der Tätigkeitsfelder des rbv wurden mit der Gründung eines Technischen Lenkungskreises und weiterer Technischer Ausschüsse grundlegende Voraussetzungen geschaffen. Neben der Neuausrichtung der Verbandsarbeit zählten die Aktivitäten des Berufsförderungswerkes des Rohrleitungsbauverbandes (brbv) und die Wahrnehmung der Geschäftsführung der Leitungsbaugremien des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) zu den weiteren wichtigen Aufgaben. „Nach der Unterzeichnung des Berliner Abkommens, dass uns zur Geschäftsführung der Bundesfachabteilung Leitungsbau im Hauptverband der deutschen Bauindustrie verpflichtet, haben wir auch dort Synergien gehoben“, so Hesselmann weiter. „Die Landesverbände der Bauindustrie haben ihre Landes- und regionalen Fachabteilungen des Leitungsbaus komplettiert und somit die Voraussetzung für eine schlagkräftige Struktur geschaffen.“ Das gab Vorstand und Geschäftsführung der Bundesfachabteilung die Möglichkeit, die Mitgliederversammlung zu einer Delegiertenversammlung umzubauen. Durch diese Anpassung ist ein leistungsfähiges Gremium entstanden, dass die Interessen der Leitungsbauunternehmen schnell kanalisieren und kommunizieren kann.
Kooperationen gepflegt
Darüber hinaus wurden bestehende Kooperationen gepflegt und neue ausgebaut. Beispielhaft nannte Hesselmann hier die Besetzung von Beiratssitzen bei der DVGW Cert GmbH und der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA). Regelmäßige Gespräche mit dem Fachverband Dampfkessel, Behälter- und Rohrleitungsbau e.V. (FDBR) und der RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau dienten der Vertiefung des Verständnisses füreinander und die Belange der Leitungsbauer. Kontinuität herrscht auch in den Partnerschaften mit dem Verband Güteschutz Horizontalbohrungen e.V. (DCA), der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e.V. ( GLT), der German Society for Trenchless Technology e.V. (GSTT), dem Rohrleitungssanierungsverband e.V. (RSV) und dem Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e.V. (FITR).
Kräfte gebündelt
Auch die vielen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten des Verbandes ließ rbv-Geschäftsführer Hesselmann Revue passieren. Zu den erwähnenswerten Aktionen zählen unter anderem das Pressegespräch mit Vertretern der deutschen Baufachpresse, das anlässlich des 60 jährigen Geburtstages des Verbandes im vergangenen Jahr in der Geschäftsstelle in Köln stattfand, die 18. Tagung Rohrleitungsbau in Berlin, sowie Messebeteiligungen an der Wärmetechnik 2010 – der Fachmesse des Energieeffizienzverbandes für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) –, der IFAT ENTSORGA 2010 in München sowie der WASSER BERLIN INTERNATIONAL 2011, die im Vorfeld der Jahrestagung stattgefunden hat. Mit weiteren wichtigen Themen wie der Bearbeitung des DVGW Arbeitsblattes GW 301, der Erstellung der Informationsblätter für Pipelinebau und Netzdienstleistung, der Zertifizierung des Berufsförderungswerks des Rohrleitungsbauverbandes (brbv) nach AZWV und DIN EN ISO 9001, dem Projekt „Regelwerk Tiefbau“ sowie den Bestrebungen, neue „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen“ für das Spülbohren zu schaffen, konnte Hesselmann eindrucksvoll belegen, wie beim rbv die Kräfte gebündelt wurden und die vielen Maßnahmen mittlerweile ineinandergreifen.
Langjährige Mitglieder geehrt
Nach den Berichten über die Arbeit der technischen Gremien und die Arbeit des BFA/rbv-Ausschusses für Personalentwicklung durch Dipl.-Ing. Hanjürgen Grabner und Dipl.-Ing. Armin Jordan sowie der Entlastung von Vorstand und Geschäftsführung durch die Mitglieder wurden zwei langjährige Mitgliedsunternehmen für ihre Verbundenheit zum Rohrleitungsbauverband besonders geehrt. Für 10 Jahre Mitgliedschaft der VEBAU Versorgungsbau GmbH Erfurt, nahm Geschäftsführer Walter Apel stellvertretend die bronzene rbv-Urkunde entgegen. Elke und Fritz Eckard Lang, Lang GmbH Bauunternehmen seit 1891, Bodenheim, erhielten die silberne rbv-Urkunde für eine 25-jährige Mitgliedschaft. Außerdem wurde Dipl.-Ing. Heinz-Adolf Becher für seine 12-jährige Tätigkeit als ehrenamtlicher Rechnungsprüfer für den rbv geehrt.
Für die Zukunft aufgestellt Zum Abschluss der Mitgliederversammlung nahm Präsident Küsel Mitglieder und Politiker noch einmal in die Pflicht. „Der rbv und seine Unternehmen als Mittelpunkt des deutschen Leitungsbaus haben sich für die Zukunft aufgestellt und stehen bereit, diese nationale Aufgabe und die Herausforderungen anzunehmen, die der Netzaus- und -umbau im Strom-, Gas- , Nah- und Fernwärmebereich sowie in der Breitbandverkabelung fordert“, so Küsel. Gleichzeitig forderte er eine neue Dimension und Qualität des Dialoges zwischen Politik, Versorgungswirtschaft und Leitungsbauern, um die Weichen für eine erfolgreiche Umsetzung der anstehenden Aufgaben zu stellen.