Die Wirkungen von exfiltriertem Abwasser im Untergrund

23.05.2012

Zum Thema „Gefährdungspotentiale erkennen“ wird derzeit an der FH Bielefeld/Minden in Zusammenarbeit mit dem VuSD ein Forschungsprojekt durchgeführt. Der nachfolgende erste Bericht gibt einen Einblick über die Wirkung von exfiltrierendem Abwasser aus häuslichen Abwasserleitungen.

Aus Abwasserkanälen exfiltiertes rohes Abwasser gelangt, in Abhängigkeit vom Durchlässigkeitswert des Bodens (Kf-Wert), früher oder später in das Grundwasser. Organische Stoffe können in der Bodenpassage in komplexen Prozessen weitgehend abgebaut werden.
Oft ist die Sickerstrecke vor Eintritt in den Grundwasserleiter kurz, teilweise weniger als ein Meter. Dann können BSB5-bürtige Stoffe, coliforme Keime oder Stickstoff-Verbindungen, insbesondere Nitrat direkt ins Grundwasser gelangen. Diese Vorgänge sind aus der Düngung landwirtschaftlicher Nutzflächen bekannt. Der Wasserkreislauf wird so unerwünscht und vermeidbar nachteilig beeinflusst.
 
Eine besondere Gefährdung für Boden und Grundwasser ergibt sich durch nicht oder nur schwer abbaubare Stoffe wie Hormone oder Arzneimittel, die ja gerade wegen ihrer Wirkung im menschlichen Körper langsam oder gar nicht abgebaut werden sollen. Diese Stoffe, oder andere im Haushalt gebrauchte umwelttoxische Stoffe, erscheinen im Abwasser und infolge von Exfiltration im Boden, Untergrund und im Grundwasser.
 
Der hydraulische- und der Eliminations-Mechanismus in der Boden-Wechselzone ist komplex. Inhaltsstoffe werden im Boden gespeichert, und unter bestimmten Voraussetzungen werden diese Stoffe wieder freigesetzt. Zu den Einflüssen der Stofffreisetzung gehören z.B. pH-Wert, Sorption, Temperatur, Löslichkeit und vieles mehr. Daneben gibt es noch die Prozesse der Sekundärmineralisierung, bei denen toxische Stoffe eingeschlossen werden können. Es ist eine Frage der Zeit bzw. der Sickermenge, bis sorbierte Stoffe durch Boden und Untergrund perkolieren und so in das Grundwasser gelangen. Auch bei längeren Sickerwegen (Aufenthaltszeiten) im Boden werden diese Stoffe kaum oder nicht verändert.
 
In der gesättigten Zone im Untergrund, die keine Grenzschicht zur Atmosphäre hat, also in einer Tiefe, in der üblicherweise die Abwasserleitungen verlegt werden, sind die Milieubedingungen anoxisch bzw. anaerob, vergleichbar einem Anaerob-Reaktor. Maßgebliche Einflussparameter sind die hydraulische Verweilzeit, der verfügbare Sauerstoff, zusätzlich für die Denitrifikation die verfügbare Kohlenstoffquelle und vieles mehr. Günstige Milieubedingungen (z.B. Temperatur) für einen biologischen Abbauprozess liegen hier jedoch nicht vor.
 
Nicht oder schwer abbaubare Stoffe verlassen so die Bodenpassage, sickern weitgehend unbeeinflusst durch Boden und Untergrund und können dann in das Grundwasser gelangen. Nur mit besonderen Verfahren, können diese schwer abbaubaren Stoffe eliminiert oder gekrackt werden.
 
Derzeit machen wir Labor und halbtechnische Versuche zur Abwasserversickerung. Wir untersuchen u.a. die Einflüsse verschiedener Bodenkennwerten, die Auskolkung des Untergrundes infolge der potentiellen Energie (Torricelli) im Abwasserkanal und anderes. Wir untersuchen, inwieweit die aus defekten Kanälen exfiltrierten Abwasserinhaltsstoffe durch eine Bodenpassage verändert werden und inwieweit und wo sich diese Stoffe bei einer Bilanzierung wieder finden. Es geht bei den Untersuchungen um ein besseres Verständnis für die Mechanismen bei (unkontrollierter) Abwasserversickerung.
 
Bei unseren Untersuchungen haben wir keine Verblockung (Kolmation) des Bodenkörpers festgestellt.
 
Die Sickergeschwindigkeiten ändern sich mit der Zeit, jedoch nicht um mehr als eine halbe Zehnerpotenz. Sind Sickerwege z.B. wegen Luftporen blockiert, sickert das Abwasser über andere Wege. Die Veränderung des Kf-Wertes führt nicht zu quasi-stationären Verhältnissen im Untergrund. Die Veränderung des freien Porenraumes unterliegt komplexen Mechanismen.
 
In unseren Untersuchungen haben wir festgestellt, dass exfiltriertes Abwasser in den Untergrund und das Grundwasser eindringen kann. Infolge Perkolation werden gelöste, toxische Stoffe mit dem Perkolat transportiert und so in das Grundwasser eingetragen.
 
Allein aus wasserwirtschaftlicher Sicht sind (Abwasser-) Verdünnung und eine (diffuse) Verunreinigung von Boden, Untergrund und Grundwasser aus Vorsorge für den Menschen zu vermeiden.
 

Kontakt

 
Prof. Dr. -Ing. Johannes Weinig
FH Bielefeld, Campus Minden
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32423 Minden

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