Wasser für die Mongolei
16.03.2018
In vielen Ländern in Zentralasien ist Wasser ein rares Gut. Auch die Mongolei steht bei der Sicherung ihrer Frischwasserressourcen vor enormen Herausforderungen. Fraunhofer-Forscher bemühen sich seit 2006 mit großem Erfolg um eine nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft in der Region Darkhan und Umgebung, dem zweitgrößten Industriegebiet des Steppen- und Wüstenstaats. Unter anderem konnten sie die Wasserverluste im Leitungsnetz der gleichnamigen Provinzstadt von 50 auf 25 Prozent senken. Derzeit werden neue Leitungen, Pumpensysteme und Kläranlagen installiert.
Die Mongolei hat große Probleme mit der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbehandlung. Veraltete technische Infrastrukturen, marode Leitungen und Pumpensysteme haben in den letzten Jahren in vielen Regionen des Landes die Lebensbedingungen der Bevölkerung verschlechtert. Durch die zunehmende Industriealisierung und intensive Bergbau- und Landwirtschaftsaktivitäten sind Grundwasser und Flüsse verschmutzt. Extreme, jahreszeitliche Temperaturdifferenzen erschweren die Situation zusätzlich.
Im Projekt MoMo, kurz für »Integriertes Wasserressourcen-Management in Zentralasien: Modellregion Mongolei«, etabliert ein Team aus Natur- und Sozialwissenschaftlern, Ingenieuren und Unternehmenspartnern seit 2006 nachhaltige Maßnahmen zum Schutz der knappen Wasserressourcen.
Der Institutsteil Angewandte Systemtechnik des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, koordiniert das Arbeitsfeld »Siedlungswasserwirtschaft« des Vorhabens. Derzeit läuft die Phase III des Projekts, dessen Fraunhofer-Anteil mit 2,9 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert wird.
Die ausgewählte, beispielhafte Region, in der das Team Umweltmonitoring und innovative Wassertechnologien installiert, ist das Einzugsgebiet des Flusses Kharaa und Darkhan, eine typische mongolische Industriestadt: Rund die Hälfte der 100.000 Einwohner wohnt in festen Häusern, die andere in Jurten am Stadtrand. Diese Ger-Siedlungen sind ohne Trinkwasseranschluss. Hier beziehen die Bewohner ihr Trinkwasser in der Regel über Wasserkioske. Eine Abwasserkanalisation fehlt ebenfalls.
Neue Trinkwasserleitungen und Kläranlagen
Dr. Buren Scharaw, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IOSB-AST, reist seit 2006 immer wieder in die Mongolei, um die Trinkwasserversorgung vor Ort langfristig zu sichern. In Phase I des Vorhabens konnte der gebürtige Mongole mithilfe von Monitoringsystemen Trinkwasserverluste von über 50 Prozent im Wasserverteilnetz von Darkhan nachweisen.
»Große Mengen des Trinkwassers versickern ungenutzt im Boden. Wegen der extremen Minustemperaturen im Winter befinden sich die Leitungen in einer Tiefe von 4,5 bis 5 Meter. In diesen Tiefen Lecks zu orten, ist schwierig«, so Scharaw. Mithilfe der eigens entwickelten Wassermanagement-Software HydroDyn konnte das Verteilnetz modelliert werden, hydraulisches Fließverhalten, Wassergeschwindigkeit und -druck ließen sich simulieren.
Das Simulationsmodell ermöglicht Einblicke in den Prozess an Stellen, für die keine Messwerte vorhanden sind. Mithilfe verschiedener Methoden wie Messwert-Monitoring, Volumen- und Massenbilanzen sowie Vergleichen zwischen gemessenen und simulierten Werten konnten Lecks erkannt werden. In Kombination mit im Leitungsnetz installierten Sensoren waren der Forscher und seine Kollegen in der Lage, die undichten Stellen aufzuspüren und die Trinkwasserverluste von 50 Prozent auf 25 Prozent zu senken und somit die Betriebskosten zu minimieren.
»In Phase III widmen wir uns jetzt der Erneuerung der Leitungen und optimieren die energieintensiven, maroden Pumpen, deren Energieverbrauch dank des Monitorings ermittelt werden konnte«, so der Ingenieur. Da das Grundwasser die einzige nachhaltige Quelle für die Wasserversorgung in der Mongolei ist, analysierten und kartierten der Forscher und sein Team darüber hinaus die Grundwasserressourcen mit Angaben von Grundwassermenge und -qualität. »Das Grundwasser muss permanent überwacht werden, da sich der Status der Verschmutzung laufend ändert«.
Ein weiterer Meilenstein: Der dringend erforderliche Neubau der sanierungsbedürftigen, zentralen Kläranlage in Darkhan wurde mit deutschen Partnern gestartet. Darüber hinaus ist in der Mongolei der Bau von 25 dezentralen Kläranlagen geplant.
Automatisierte Wasserkioske
Die Jurtensiedlungen rund um Darkhan beziehen ihr Frischwasser über drei Wasserkioske, die jedoch nur stundenweise geöffnet sind. Ein Angestellter öffnet und schließt den Hahn und versorgt die Einkäufer – meist sind es Kinder, die mit ihren Wasserkanistern kommen – mit sauberem Trinkwasser. »Da das sehr unpraktisch ist, haben wir die Kioske automatisiert: Jetzt kann man rund um die Uhr per Knopfdruck ›tanken‹. Bezahlt wird mit aufgeladenen Prepaid-Karten«, sagt Scharaw.
Die eigentliche Herkulesaufgabe steht dem Mongolen jedoch noch bevor: Die Phase III des MoMo-Projekts endet am 31. Dezember 2018, dann ziehen sich die Projektpartner aus dem Steppenstaat zurück. Sämtliche Anlagen müssen durch lokale Mitarbeiter betrieben werden.
»Die sind natürlich fachlich nicht ausgebildet. Das Training und die Schulung der Mitarbeiter muss noch erfolgen, um eine nachhaltige Trinkwasser- und Abwasserversorgung auch für die Zukunft zu gewährleisten. Das ist eine enorm sportliche Aufgabe, die in der Hand von Fraunhofer liegt«, so Scharaw. Im nächsten Schritt möchte der Ingenieur die Forschungsergebnisse auf vergleichbare benachbarte Regionen übertragen und damit einen Zugang zum zentralasiatischen Markt im Bereich des Umwelt- und Wassersektors schaffen.
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