Billig kostet Geld: Qualität und Qualifikation halten die Gebühren niedrig

10.09.2009

In Zeiten der Industrialisierung und des Bevölkerungswachstums war der Bau der ersten Abwasserkanäle eine segensreiche Entwicklung: Im Jahre 1739 war Wien als erste Stadt Europas erstmals vollständig kanalisiert. 1842 wurde in London mit dem Bau der Kanalisation begonnen. Das erste moderne Kanalisationssystem auf dem europäischen Festland entstand ab 1856 in Hamburg.

Was damals als Quantensprung für Abwasserentsorgung und Hygiene galt, ist heute für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit, aber auch ein Kostenfaktor. Die unterirdischen Leitungsnetze von Städten und Gemeinden stellen einen immensen Wert dar, den es zu erhalten und zu pflegen gilt. Wie viele 1.000 m Leitungen unter den deutschen Städten verlaufen, ist den meisten Einwohnern unbekannt.Kommunen wie Köln (2.400 km), Wuppertal (1.480 km), Dresden (1.630 km), München (2.400 km) oder Frankfurt (1.600 km) können hier stellvertretend mit beeindruckenden Zahlen aufwarten. Von Berlin, der flächenmäßig größten deutsche Kommune, ganz zu schweigen: Die Länge der Kanäle, die von den Berliner Wasserbetrieben betreut werden, beträgt rund 9.400 km.Inzwischen ist die Kanalinfrastruktur in vielen Städten in die Jahre gekommen. Folgen sind Kanalbaustellen, die nicht nur für wochenlange Straßensperrungen und andere Unannehmlichkeiten für die Anwohner sorgen, sondern auch auf den Gebührenhaushalt drücken. Die defekten Kanäle müssen saniert oder erneuert werden. Und das kostet Geld. Deshalb versuchen manche Auftraggeber zu sparen, wo es geht. Hauptsache billig lautet die Entscheidung nach dem Blick in die meist leeren Kassen. Doch die Vergabe von Aufträgen zu Dumpingpreisen entpuppt sich immer wieder als Bumerang. Die ausführenden Firmen arbeiten nicht auskömmlich, sie stehen unter Druck. Die Arbeiten müssen möglichst schnell abgeschlossen werden. Fehler und mangelhafte Ausführung sind die Folgen. Der Auftraggeber erhält eine schlechte Leistung. Zeitnahe Nachbesserung und finanzielle Folgekosten lassen nicht lange auf sich warten. Ein Resultat, das die Fachleute nicht überrascht. Eine der Ursachen ist der Umstand, dass aufgrund der niedrigen Preise vor allem die Qualität der Bauausführung auf der Strecke bleibt. Denn Qualitätsmanagement und -kontrolle haben nun einmal ebenso ihren Preis wie qualifiziertes Personal und moderne Technik. Netzbetreiber, die ihre Entscheidungen nur am Preis ausrichten, kaufen billig ein. Wobei sich billig allerdings nicht als kostengünstig versteht, sondern in negativem Sinne den Netzbetreiber mittel- und langfristig teuer zu stehen kommt.

Leistung muss sich lohnen
Abwasserkanäle haben dicht zu sein und sollen über Jahrzehnte halten. Bei Auftragsvergabe sind vielleicht auch einmal unpopuläre Entscheidungen gefragt. Die Branche ist auf die Vorarbeit der Netzbetreiber angewiesen. In punkto Vergabe lässt die VOB ausdrücklich die Berücksichtigung technischer und qualitativer Aspekte zu. Diese durchzusetzen, gegebenenfalls im Konflikt mit dem eigenen Kämmerer, setzt ein ebenso hohes Maß an Sachkunde wie an Durchsetzungsvermögen voraus.Auftraggeber stellen klare Forderungen zur Qualifikation eines Unternehmens: Forderungen an die Qualifikation für die Bereiche offener Kanalbau, unterirdischer Rohrvortrieb, grabenlose Sanierung, Dichtheitsprüfung sowie Inspektion und Reinigung. Der Nachweis der Qualifikation gemäß Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961 gilt bei öffentlichen Auftraggebern als Voraussetzung für fachgerechtes Arbeiten. Anreiz genug für die Gütezeicheninhaber, sich zu engagieren. Wichtig ist: Leistung muss sich lohnen. Nur so können Öffentlichkeit und qualifizierte Firmen vor einer Gefährdung durch unsachgemäße Arbeiten geschützt werden. Zum Ersten bedarf es aussagefähiger Ausschreibungen mit der Forderung, dass Bieter die Anforderungen an die Qualifikation gemäß Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961 erfüllen. Zum Zweiten sind Bieterwertungen unter Berücksichtigung aller vier Wertungsstufen durchzuführen. Dabei gilt: Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend. Der Schlüssel zu erfolgreichem Arbeiten liegt im Einsatz von qualifiziertem Fachpersonal und dem Einsatz von hochwertigen Betriebseinrichtungen und Geräten, der Dokumentation einer Eigenüberwachung sowie einer kontinuierlichen Weiterbildung des Personals. Auftraggeber wissen, dass die Zusammenarbeit mit qualifizieren Firmen die Qualität verbessert und die Lebensdauer der Bauwerke verlängert. Wichtige Voraussetzungen, die dabei helfen, unnötige Geldausgaben zu vermeiden. Nicht zuletzt trägt diese Handlungsweise auch dazu bei, die Abwassergebühren im Sinne der Bürger in überschaubaren Grenzen zu halten.


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