Von der Datenvielfalt zum Datenmanagement

08.07.2008

Alle Entscheide basieren auf Daten, Informationen und Wissen. Will man fachlich fundiert und zukunftsorientiert Entscheide fällen, ist man auf ein durchdachtes konzeptionelles Datenmanagement angewiesen. In der Schweiz wurde in den Jahren 1992 - 2006 die Generelle Entwässerungsplanung erarbeitet. Während dieser Zeit wurde die Bedeutung der langfristigen Datenpflege (und Investitionsschutz) erstmals vertieft thematisiert. Die während der Erarbeitungsphase des GEP erhobene Vielzahl geographischer Daten sowie zugehöriger Sachdaten sind die Grundlage, respektive Arbeitsbasis, für die kontinuierliche Erfüllung der Gewässerschutzaufgabe.

1) Einleitung
Der Titel des Artikels weist auf einen Zustand hin und man stellt fest, dass die technische Entwicklung bei der „Sammlung“ von Informationen zu unübersichtlichen Ergebnissen geführt hat. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit gerade auch im Bereich der Geoinformatik hat auch Auswirkung auf die Datenverwaltung. Wenn eine Vielzahl von Informationen von verschiedenen Personen im Feld (Vermessung, Zustandserfassung) erhoben, von Dritten bezogen, genutzt und verwaltet wird, muss Ordnung und Struktur geschaffen werden.
2) Datenerfassung und Bearbeitung früher/ heute
2.1 am Beispiel Vermessung
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Nachführung eines Planwerkes-/ Leitungskatasters und deren Grunddaten sind in der Regel gesetzliche Vorschriften oder die unbestrittene Akzeptanz und Notwendigkeit eines Planwerkes. Diesbezüglich gilt der Grundbuchkataster aus dem Bereich der amtlichen Vermessung geradezu als ein Musterbeispiel. Gesetzliche Vorgaben und genau normierte Datenmodelle und Planausprägungen garantieren schon bei der Ersterfassung, bzw. bei der Umsetzung der von Hand gezeichneten Pläne in die numerische Form ideale Grundvoraussetzungen für ein einheitliches Planwerk. Die Datenpflege und Nachführung ist ebenso exakt reglementiert und funktioniert somit bestens.
Das Bild des Landvermessers der mit einfachen Messinstrumenten, mit manueller Datenerfassung seine Plangrundlagen erarbeitet hat, gehört in unserer „zivilisierten“ Welt wohl der Vergangenheit an. Wer hat heute den noch Zeit mit der Logarithmentabelle einen Polygonzug zu berechnen oder mit dem Messtisch einen Höhenkurvenplan zu zeichnen?
Heute geht alles ja viel bequemer mit GPS und teilweiser direkter Datenübertragung ins Büro zur Aufarbeitung der Daten.
2.2 am Beispiel Entwicklung der Rechners/Computers (früher bis heute)
Das früheste Gerät, das in rudimentären Ansätzen mit einem heutigen Computer vergleichbar ist, ist der Abakus, eine mechanische Rechenhilfe, die vermutlich um 1100 v. Chr. im indochinesischen Kulturraum erfunden wurde. Einem ähnlichen Zweck diente auch das Rechenbrett des Pythagoras.
Mit dem Untergang der Antike kam der technische Fortschritt zum Stillstand und in Zeiten der Völkerwanderung ging viel Wissen verloren. Das Mittelalter schliesslich hemmte den technischen Fortschritt. Doch ab der Neuzeit begann sich der Motor des technischen Fortschritts wieder langsam zu drehen und beschleunigte fortan in einer immer schneller werdenden Kadenz- und dies tut er heute noch.
Die rasante Entwicklung nach dem Ende des zweiten Weltkriegs führte dazu, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts Computer sowohl in beruflichen wie privaten Bereichen allgegenwärtig sind und aus unserer Gesellschaft wohl kaum mehr wegzudenken sind. Die Entwicklung führte aber auch dazu, dass Datenmengen unterschiedlicher Art viel schneller und in grossen Mengen anfallen, die es gilt in geeigneter Form zu speichern, sichern und zu verwalten.
Einige Jahreszahlen
17. Jahrhundert:
1623 Wilhelm Schickard: Erste Rechenmaschine für Addition und Subtraktion
1642 Blaise Pascal: Rechenmaschine zur Unterstützung von Steuerberechnungen
1673 Gottfried Wilhelm Leibnitz: Erste Rechenmaschine für alle 4 Grundrechenarten
1679 Gottfried Wilhelm Leibnitz: Entwicklung eines auf 0 und 1 basierenden binären Zahlensystems
20. Jahrhundert:
1945 J. Presper Eckert und John W. Mauchly: Erster digitaler Universalrechner – ENIAC
1951 J. Presper Eckert und John W. Mauchly: Erster verkaufter UNIVAC, nutzte erstmalsMagnetband als externer Speicher (hier HP mit Magnetspeicher)
1958/1959
Der integrierte Schaltkreis wird unabhängig voneinander von Robert Noyce (Intel- Mitbegründer) und Jack Kilby entwickelt
→ weitere Miniaturisierung der Computer, Geschwindigkeitssteigerung der Rechenleistung, zuverlässiger als Transistoren
PDP-8 ist erster auf integrierenden Schaltkreisen beruhender Computer
Moore’sches Gesetz: Die Komplexität der integrierenden Schaltkreise wird sich alle 18-24 Monate verdoppeln.
1965 Bau des ersten Minicomputers (PDP-1), der von einer Person bedient werden konnte
1971 Intel baut den ersten Mikroprozessor der Welt – 4004
1974 folgt der 20mal schnellere 8080
Mikrocomputer → Homecomputer → Personal Computer (PC)
1976 Apple 1: Steven Wozniak und Steve Jobs
1980 Apple: der erste PC
1981 erster tragbarer Computer kommt auf den Markt: Osbourne 1 (12kg!!)
1983 Apple LISA 1984 Apple Macintosh
Nach 1985 ungebremstes Wachstum und Weiterentwicklung
Heute Rechner mit Intel Quad Core Prozessoren (4 x 2.4 GHz)
2.3 am Beispiel der Entwicklung von Kanalfernsehkameras
Die Anfang der 50er Jahre entwickelten Kanalfernsehkameras konnten nur schwarz/weiss Bilder wiedergeben und waren relativ gross und unhandlich. Erst durch die Anwendung der Halbleiter-Technik Anfang der 60er Jahre konnten kleine kompakte Geräte hergestellt werden. Ca. 10- 12 Jahre später entstanden die ersten Farbfernsehanlagen und wiederum ca. 10 Jahre später kamen die so genannten CCD- Kameras. Wurden später Schwenkkopfkameras und Satellitenkameras entwickelt, kommen seit rund 5 Jahren auch 3D - Kugelscanner- Kameras zum Einsatz.
Parallel zur Kameraentwicklung hat sich natürlich auch die Datenerfassung verändert. Waren es 1964/68 noch mit Schreibmaschine geschriebene Protokolle gibt es heute verschiedene Erfassungssoftware die sich nach der neuen EN-13508-2 richten. Die Erfassungs- und Zustandsbeurteilungsdaten müssen in geeigneter Form bearbeitet und abgelegt werden. Es gilt also auch diese Datenflut zu bewältigen.
3) Datenmanagement
3.1 Bedürfnisse heute / mit Information geht alles besser
Mit dem Ruf und Bedürfnis nach einer immer schnelleren Erfassung und Bearbeitung von Daten (gleich welcher Art) stellt sich unweigerlich die Frage: Ist schneller automatisch besser?
Da es innerhalb dieses Artikels nicht möglich ist, das ganze Spektrum der anfallenden Daten und deren Verwaltung im Bereich der Siedlungsentwässerung zu erläutern, beschränken wir uns auf denn Bereich des betrieblichen und baulichen Unterhalts, der Werterhaltungsstrategie und Planung.
Grundlagen zur Speicherung der Daten sind Datenmodelle, verschiedene Datenbanksysteme in unterschiedlichen Grössen und auf der Grundlage verschiedener Modelle. Für eine Datenbank werden meistens viele Informationen aus verschiedenen Bereichen benötigt, damit sie vollständig wird. Vielfach bearbeiten mehrere Personen ein Projekt, liefern Daten in der unterschiedlichsten Form, was die Datenredundanz und Fehleranfälligkeit mit zunehmendem Umfang eines Projektes vergrössert. Ohne präzise Vorgaben zum Beispiel in Form eines relationalen Datenbankmodells mit Beschreibung für das Datenmanagement ist das Datenchaos vorprogrammiert.
Heutige Technologie: Zugriff auf GIS Daten über das Internet mittels Web Entwicklungen
GIS heute: Wir unterscheiden heute unter den verschiedensten Informationssysteme im Bereich von:
  • Landesinformationssystemen (LIS)
  • Kommunale Informationssysteme (KIS)
  • Umweltinformationssysteme (UIS)
  • Bodeninformationssysteme (BIS)
  • Netzinformationssysteme (NIS)
  • Fachinformationssysteme (FIS)
  • u.a.
3.2 Datenquelle Zustandserfassung
Die mit Abstand bekannteste Methode für die Erfassung des baulichen Zustands ist die optische Inneninspektion. Sie ist ein wichtiger Bestandteil für die Bearbeitung des Zustandsberichts Kanalisation, des Zustandsberichts Fremdwasser bei der Erarbeitung des Generellen Entwässerungsplans - GEP. Die Vorgehensweise ist im Detail durch Normen und Richtlinien geregelt. (VSA Richtlinie „Zustandserfassung von Entwässerungsanlagen“) Die Verfahren werden in die drei Hauptgruppen „bauliche“, umweltrelevante“ und „hydraulische Untersuchungen“ eingeteilt.
Daten bei der Zustandserfassung werden generiert:
  • für Bau und Garantieabnahmenfür die Überprüfung des baulichen Zustandes
  • für Abnahme von sanierten Anlagen
  • für die systematische Erfassung ganzer Netze
  • für die Integration der Daten in den Werkleitungskataster oder in ein EDV Informationssystem.
Sämtliche Aufzeichnungen, Originaldaten, Protokolle, Pläne, Videobänder / DVD’s, Fotonegative sind vom Auftraggeber in geeigneter Form zu archivieren und zu verwalten.
3.3 Datenquelle Ingenieurbüro
Mit den Resultaten aus der Zustandserfassung liegt noch keine Beurteilung über den Zustand der Entwässerungsanlagen und keine Aussage über die notwendigen Massnahmen vor.
Die Auswertung der Protokolle der Zustandserfassung und die Beurteilung der Filmaufnahmen liegen im Verantwortungsbereich des Fachingenieurs. Er ist auch verantwortlich für die Art und Weise der EDV_Bearbeitung der Festlegung des Datenmodells, der Datenverwaltung und der Festlegung geeigneter Schnittstellen. Ein Datenmodell garantiert jedoch noch nicht, dass alle Daten eine genügende Datenqualität aufweisen. Auch mit einem Datenmodell sind Fachkenntnisse bei der Datenerfassung notwendig!
Das Erfassen und Auswerten der Kanalzustandsdaten ist ein sehr wichtiger Bestandteil für die Erarbeitung von gesamtheitlichen Maßnahmekonzepten.
Um die fachliche Richtigkeit weiter zu kontrollieren, braucht es detaillierte Kenntnisse der Abwasserbauwerke und ihrer Funktionsweise. Nur mit diesen Kenntnissen kann beurteilt werden, ob die Abbildung im Modell der Realität entspricht.
3.3.1 Planerische Darstellung
Vielfach wird die geografische Darstellung der Zustands- und Sachdaten in einem Plandokument verlangt. Die Daten müssen so aufgewertet werden, damit die Verknüpfung zu einem grafischen System gewährleistet ist (z.B. mit GIS - Plan hinterlegt und verknüpft, Achtung Schnittstelle!) Nun können verschiedene Rohrinformationen auf Plänen dargestellt werden (Durchmesserverteilung, Dringlichkeit der Sanierungsmassnahmen, Alter der Rohre, etc.).
3.3.2 Datenmodelle
Heutzutage wird häufig mit Datenmodellen gearbeitet. Aber auch ein gutes Datenmodell garantiert nicht, dass die Daten einen entsprechenden Nutzen bringen. Wichtig für den gewünschten Nutzen ist eine bedarfsgerechte Datenqualität (Qualität bezüglich Genauigkeit, Umfang und Detaillierung).
Nach der Ersterfassung der Daten ist deren Nachführung entscheidend. Natürlich bleiben die Anforderungen an die Datenqualität auch während der Nachführung gleich -> Kontrolle der Datenqualität!! Die Datenkontrolle ist ein wichtiger Schritt beim Ablauf der Datennachführung, gestaltet sich aber oft sehr mühsam, weil die Daten unvollständig oder falsch abgegeben werden.
Neben der Technik und der verfügbaren Daten ist die Organisation innerhalb eines Projektes von zentraler Bedeutung. Dabei sollte jeder Beteiligte nur das machen, wofür er zuständig ist, aber so, dass es die anderen auch verwenden können.
3.4 Verwaltung der Sachdaten
Bei der Verwaltung von Sachdaten stellt sich die Frage: Wo und für wen verwalten und vor allem wie verwalten. Für grosse Datenmengen kommen nur zentrale langlebige Archivierungssysteme in Frage. Die Haltbarkeit von gespeicherten Daten - sprich Datenträgern - ist ein gebiet das immer noch grosses Forschungspotential hat. Es gibt wenig fundierte Aussagen über die Haltbarkeit, sprich Lebensdauer, von den verschiedenen Datenträgern.
4 ) Datensicherheit
Die Stiftsbibliothek St.Gallen ist die Bibliothek des ehemaligen Benediktinerstifts. Sie ist die älteste der Schweiz und eine der grössten und ältesten Klosterbibliotheken der Welt.
Was hat eine Bibliothek mit Datensicherheit zu tun? Das St.Galler UNESCO Weltkulturerbe beherbergt über 2000 Handschriften, 1650 Inkunabeln (Druckwerke bis 1500 und Frühdrucke um 1501- 1520 sowie 160'000 Bücher. All die Werke sind heute noch sehr gut unterhalten und vor allem und das ist erstaunlich, noch lesbar!
Der Schutz unserer Daten vor Zugriff, Zerstörung und Veränderung erfolgt mit Hilfe von:
  • Firewall oder IDS Systemen
  • LAN- und Virenscannern
  • Passwortschutz u. Zertifikaten
  • Verschlüsselungen
  • Zugriffsberechtigungen
  • Datensicherungen etc.
Technologien dieser Art werden monatlich optimiert, angepasst und verbessert und versetzen uns in die Lage, optimalen Schutz unserer Datenmanagementsysteme zu gewährleisten.
4.1 Problem Altdaten
Was passiert, respektive wie gehen wir mit den vor Jahren nicht nach EN 13508- 2 aufgenommenen Daten beziehungsweise den GIS Daten um? Welche Probleme treten auf?
Die aufgezeigte Vorgehensweise ist eine Möglichkeit und wird nur anhand der zwei nachfolgenden Folien dargestellt.
5 ) Datenchaos vermeiden
Um die Qualität der Daten für die Zukunft zu erhöhen, den Datenaustausch und -abgleich zu vereinfachen, sowie Kosten zu sparen, muss es für alle Datenbanken einen Grundsatz geben:

Abwasserbauwerke müssen einmalig eine eindeutige unveränderbare ID erhalten (Vergabe der eindeutigen ID`s vom GIS Anbieter sinnvoll). Diese muss dann in allen Datenbanken geführt werden. Attribute innerhalb der verschiedenen Datenbanken müssen gleich benannt werden.
Für die Bereinigung der Datenbanken bedarf es einmalig eines erhöhten Initialaufwandes der sich aber bezahlt macht.


Literaturverzeichnis:
  • Verschiedene Auszüge aus VSA Dokumentation „vom Datenchaos zum Datenmanagement“
  • Info Stiftsbibliothek
  • Unterlagen DATAVER®

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SBU Büro für sanierungstechnische Planung und Beratung AG

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