Schlauchliner als ganzheitliche Lösung für Abwasserkanäle und Hausanschlüsse

16.05.2008

Bei der Gründung der EntsorgungsBetriebe Solingen (1995) war eine der ersten Arbeitsaufträge das Ziel, innerhalb von 20 Jahren das Kanalisationsnetz der Stadt Solingen (ca. 600 km Mischwasserkanal, 165.000 Einwohner) gegen Ex- und Infiltration zu schützen. Seit diesem Zeitraum wurden mehr als 6,0 Mio. Euro in die Abdichtung des öffentlichen Entwässerungssystems investiert. Bis Mitte 2003 konnte der Zulauf von nicht gewünschtem und gewolltem Fremdwasser merklich reduziert werden. Ab 2004 ist jedoch in den renovierten Einzugsgebieten der Fremdwasseranteil wieder angestiegen. Dieser Sachverhalt führte zu der Entscheidung, für den Bereich der privaten Abwasseranlagen eine vergleichbare Konzeption zu erarbeiten, wie sie schon für die öffentliche Kanalisation in Solingen vorhanden war.

In NRW ist ein Kanalnetzbetreiber per Gesetz verpflichtet, sein Entwässerungsnetz regelmäßig zu untersuchen. Bei der Feststellung von Schäden müssen diese in einem festgelegten Zeitraum saniert werden. Parallel hierzu ist der private Grundstückseigentümer lediglich aufgefordert, bis zum Jahr 2015 auf Nachfrage die Dichtheit seiner privaten Entwässerungsanlagen nachzuweisen. Diese Situation würde für die EntsorgungsBetriebe Solingen bedeuten, bis zu diesem Zeitpunkt ca. 15 Mio. Euro investiert zu haben, um dann feststellen zu müssen, dass das Fremdwasser über undichte private Leitungen durch eine dichte öffentliche Kanalisation zur Kläranlage abgeleitet würde. Ein solches Ergebnis macht volkswirtschaftlich keinen Sinn.
Vor diesem Hintergrund bestand die Vorgabe, eine Strategie zu entwickeln, bei der die gesetzlichen Vorgaben eingehalten, die wasserwirtschaftliche Notwendigkeit berücksichtigt und die monetären Zwänge und Probleme der Grundstückseigentümer mit einfließen.
Seit 1997 wurde in 10 Entwässerungsgebieten die Sanierungsstrategie der EntsorgungsBetriebe Solingen angewendet (ca. 330 km).
Die Kanalisation wurde befahren, der bauliche Zustand der Kanalhaltungen bewertet und die festgestellten Schäden klassifiziert. Zeigleich wurde die hydraulische Auslastung des Entwässerungsgebietes auf der Grundlage der GIS-Daten berechnet. Nach Überlagerung von baulichem und hydraulischem Zustand wurde entschieden, wo eine Reparatur bzw. Querschnittsvergrößerung in offener Bauweise oder eine Kanalrenovation erfolgen sollte.
In Solingen wurden bisher ca. 27 km Kanalisation renoviert. Zum Einsatz kamen wärmehärtende Wasser- und Dampfrenovationsverfahren.
Kosten /Wirtschaftlichkeit
Investitionen im Bereich der Kanalrenovation betragen bisher insgesamt ca. 5,7 Mio. €. Dies ergibt bei Division der Investition durch die Renovationslänge spezifische Kosten von 187,-- €/lm. Als nächstes gilt es, die Wirtschaftlichkeit der gewählten Sanierungsstrategie zu belegen. Dies ist nur im Kostenvergleich mit der konventionellen offenen Bauweise möglich. Hierzu wurden die spezifischen Kostensätze für alle renovierten Querschnitte ermittelt und in den Vergleich zur offenen Bauweise gestellt. Bei einem solchen Vergleich sind die unterschiedlichen Abschreibungszeiträume zwingend zu berücksichtigen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Steinzeugrohren wird vom Hersteller mit 70 - 100 Jahren unter idealtypischen Bedingungen angegeben. Die Nutzungsdauer des bislang ältesten Inliners beträgt 35 Jahre. Somit wäre es falsch, einfach die spezifischen Kostensätze zwischen geschlossener und offener Bauweise zu vergleichen. Bei der Hochrechnung der Renovationskosten auf eine "Lebensdauer" von 90 Jahren Nutzdauer wird deutlich, dass die Kosten der grabenlosen Sanierung unter denen der konventionellen offenen Bauweise liegen. Dies bedeutet, dass eine erneute Renovation in 30 und in 60 Jahren immer noch wirtschaftlicher wäre als eine Reparatur in der herkömmlichen offenen Bauweise.
Abschreibung / Nutzungsdauer
Ein weiterer Aspekt, der bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht außerhalb der Betrachtung bleiben darf, ist die Voraussetzung unter der z. B. ein Steinzeugrohr mit 80 - 100 Jahre Nutzungsdauer angenommen werden kann. Die Rohrhersteller setzen bei der Angabe der Abschreibungszeiträume die Einhaltung der fachgerechten Verlegung der Kanalrohre (DIN EN 1610) voraus. In diesen Normvorschriften wird dezidiert vorgegeben, welche Bettungsschichtstärken für welche Korngrößen, welche Mindestabstände und -grabenbreiten und sogar welche Verdichtungsgeräte einzusetzen sind.
Die Stadt Solingen hat ein Entwässerungsnetz von ca. 600 km Länge. 97 % der öffentlichen Kanalisation wird im Mischwasserverfahren betrieben, zu über 70 % besteht das Kanalisationsnetz aus Steinzeugrohren. Über die Hälfte der vorhandenen Kanalisation wurde nach dem zweiten Weltkrieg zwischen 1950 und 1980 erstellt. Bei den Zustandsuntersuchungen wurde festgestellt, dass eine Vielzahl der Schäden im Bereich der Schadensklassen SK 0 und SK 1 aus den Baujahren 1960 - 1980 stammen. Wir gehen davon aus, dass diese Feststellung nicht nur in Solingen gemacht wurde. Im Zeitraum des Wiederaufbaues nach dem 2. Weltkrieg war die Nachfrage größer als die damaligen Produktionskapazitäten und die Bauarbeiten waren geprägt durch die zeitlichen Terminvorgaben der städtebaulichen Entwicklung. Aus diesem Grund kann nicht mehr von einem idealtypisch verlegten Kanalrohr gesprochen werden.
Völlig anders verhält es sich bei dem Renovationsverfahren. Die Technik der grabenlosen Sanierung (Renovation) wurde vor ca. 40 Jahren erstmals im öffentlichen Entwässerungsnetz eingesetzt.
Vor 37 Jahren, 1971, wurde in London ein Mischwassersammler mit dem Schlauchreliningverfahren saniert. Dieser Inliner ist noch heute der Maßstab für die Nutzungsdauer einer Renovation. Im Jahr 1997 wurden aus diesem "Urliner" Proben entnommen, um 26 Jahre nach Einbau und Kontakt mit kommunalem Abwasser die heutigen Materialeigenschaften zu ermitteln. Die Überprüfung der Inlinerproben (Biegeversuch nach DIN EN 63, Wasserdichtheit nach DIN EN 1610) ergab, dass der Inliner immer noch dem Standard für vollständig ausgehärtete Schlauchliner entspricht. Vor dem Hintergrund, dass die Schlauchliner-Technologie und Materialkunde in den letzten 37 Jahren ständig weiterentwickelt und verbessert wurde, kann unter bestimmten Bedingungen eine größere Lebensdauer als 30 Jahre für einen Schlauchliner angesetzt werden. Bei Einhaltung der maßgebenden Qualitätsnachweise
  • E-Modul
  • Biegezugfestigkeit
  • Wanddicke
  • Wasserdichtheit
können 50 Jahre Abschreibungszeitraum eine absolut seriöse Zeitspanne darstellen. Dieses setzt jedoch eine entsprechende Vorgabe von Soll-Materialkennwerten voraus. Des Weiteren muss durch eine qualifizierte Bauleitung und Begleitung der Renovationsmaßnahmen sichergestellt werden, dass die Arbeiten entsprechend dem Stand der Technik durchgeführt werden. Durch Probeentnahmen und deren Überprüfung in einem anerkannten Labor sind die IST-Werte zu bestimmen und mit den vorgegebenen Materialkennwerten zu vergleichen.
In den vergangenen 10 Jahren wurden im Rahmen der Qualitätskontrolle bei Renovationsmaßnahmen in Solingen ca. 200 Proben entnommen und auf ihre Qualität untersucht. Bei nur 4 Proben war die Qualität so, dass die Renovation erneuert werden musste. Bei 21 Proben ergab die statische Berechnung, dass trotz einer Unterschreitung der Vergabewerte keine Bedenken bestehen. Bei 171 Proben lag das Ergebnis weit über den geforderten Mindestwerten zur Qualitätssicherung der Schlauchliner. Vor diesem Hintergrund haben sich die Qualitätsvorgaben, die bis heute nicht verändert oder angepasst wurden bewährt.
Qualitätsvorgaben der EntsorgungsBetriebe Solingen
Die erste flächendeckende Renovationsmaßnahme wurde von den EntsorgungsBetrieben Solingen 1997 ausgeschrieben. Von Anfang an wurde ein großer Wert auf die Qualitätssicherung gelegt. Schon bei der ersten Ausschreibung wurde ein Anforderungsprofil für das anzubietende Schlauchreliningverfahren beigefügt. Im Laufe der folgenden Jahre wurde dieses Profil ständig um den Stand der Technik ergänzt und erweitert. Der Auftragnehmer muss im Rahmen seines Angebots folgende Dinge berücksichtigen, belegen oder nachweisen:
  • verwendete Materialien
  • Einbau und Aushärtung
  • Eigenüberwachung gem. DIN 18200
  • Fremdüberwachung gem. DIN ISO 9002/EN 24002
  • Standsicherheitsnachweise
Aufgrund der Vielzahl der Anbieter, die ihre Leistungen auf dem Sanierungsmarkt anbieten, sind die Preise stark gesunken. Bei den zurzeit vorherrschenden Niedrigpreisen können viele Bieter eine Wirtschaftlichkeit nur über Qualitätsreduzierung erreichen. Zur Sicherstellung des oben genannten Qualitätsanspruches haben die EntsorgungsBetriebe Solingen vier Mitarbeiter zu qualifizierten Sanierungsfachleuten ausbilden lassen. Im Rahmen dieses Lehrganges wurden alle rechtlichen, technischen und verfahrensrelevanten Bereiche, die im Zusammenhang mit einer Kanalsanierung stehen, vorgetragen und mit Fachleuten diskutiert. Abschluss der sechswöchigen Ausbildung ist eine Prüfung, die mit einer Zertifizierung als Kanalinspekteur und Sanierungsberater endet. Durch weitere regelmäßige Fortbildung wird sichergestellt, dass ständig eine fachlich kompetente Planung und Bauleitung vorgehalten wird.
Firmenauswahl
Die im zunehmenden Maße neu auf den Markt drängenden Kanalsanierungsfirmen arbeiten häufig unter hohem Zeit- und Kostendruck. Die EntsorgungsBetriebe Solingen haben sich vor diesem Hintergrund eine Übersicht über die marktüblichen Renovationsverfahren und die Leistungsstärke der anbietenden Sanierungsfirmen verschafft. Als Ergebnis dieser Untersuchung zeigte sich deutlich, dass der Einsatz von billigen Exoten genauso nicht empfehlenswert schien, wie die Zusammenarbeit mit ständig wechselnden Firmennamen unter scheinbar guter Arbeitsqualität. Deshalb wurde entschieden, mit einer beschränkten Ausschreibung einen Bieterkreis anzusprechen, von dem eine langjährige kontinuierliche und qualitativ hochwertige Arbeit bekannt ist.
Qualitätssicherung
Die bei einer Kanalrenovierung verwendeten Schlauchliner erhalten erst auf der Baustelle ihrer tatsächlichen Material- und Geometrieeigenschaften. Hierdurch ist das Qualitätsrisiko durch Einbaufehler enorm hoch. Dieses Risiko kann durch drei Faktoren maßgeblich beeinflusst werden.
- Qualitätsvorgaben, durch die Festlegung von Sollwerten:
 
  • E-Modul
  • Biegezugfestigkeit
  • Wandstärke
  • Wasserdichtigkeit
-
 
Qualifizierung der Mitarbeiter, die die Planung, Ausschreibung und Bauleitung der Renovationsprojekte vorbereiten und umsetzen.
- Qualitätsprüfung durch anerkannte externe Ingenieurbüros.

Die EntsorgungsBetriebe Solingen geben bei der Ausschreibung von Schlauchlinern folgende Sollwerte vor, deren erreichen nachgewiesen werden müssen:
E-Modul =   2.800 N/mm²
Biegezugfestigkeit =   36 N/mm²
Endwandstärke = DN 250 = 4,9 mm
  = DN 300 = 5,8 mm
  = DN 400 = 7,8 mm
  = DN 500 = 9,9 mm
  = DN 600 = 11,8 mm
  = DN 700 = 13,8 mm
  = DN 800 = 15,8 mm
Dichtheit (DIN EN 1610) = einseitig aufgebrachtem Unterdruck von -0,5 bar und einer Testlösung aus destilliertem Wasser und Spülmittel

Der Nachweis dieser Werte erfolgt durch Prüfung von Inlinerproben, die aus dem renovierten Kanal entnommen werden.
Prüfergebnisse
Der größte Teil der notwendigen Sanierungsarbeiten liegt im öffentlichen Straßenraum. Dort wirken neben dem Erddruck auch besonders die durch den Straßenverkehr entstehenden Lasten auf den Schlauchliner ein. Haupt- und Transportsammler wurden in Solingen fast ausschließlich entlang von Gewässern, die zur Entlastung der Mischwasserkanalisation genutzt wurden, verlegt. Diese Haltungen stehen in der Regel unter erhöhtem Wasserdruck. Auf Grund der eben genannten Lastfälle werden die Schlauchliner spezielle auf ihre Tragfähigkeit und Dichtheit untersucht.
Grundsätzlich gilt es, den vorgegebenen Soll-Wert nicht zu unterschreiten. Die zentralen Kennwerte für die Tragfähigkeit eines Liners sind der E-Modul, die Biegezugfestigkeit und die zu erreichende Wandstärke nach der Aushärtung. Eine Dichtheitsprüfung soll den Nachweis erbringen, dass der Schlauchliner nicht nur gegen Erd- und Verkehrsbelastungen ausgelegt ist, sondern auch einem hydrostatischen Wasserdruck standhält und dicht bleibt. Die Prüfungen werden durch anerkannte Prüfinstitute, nach den branchenüblichen Prüfverfahren durchgeführt. Somit ist gewährleistet, dass auch hier eine hohe Kompetenz und Qualität gegeben ist. Die Auswertung und die daraus zu ziehenden Schlüsse erfolgen nach einer von den EntsorgungsBetrieben Solingen festgelegten Staffelung der nachfolgend beschriebenen Stufen:
  1. Schlauchliner, deren Prüfergebnisse größer 95 % des Sollwertes liegen, werden ob der geringen Abweichung nicht weiter betrachtet.
  2. Bei Unterschreitungen des Sollwertes im Bereich 85 % bis 95 % wird vom Auftragnehmer ein Standsicherheitsnachweis gemäß DWS-Arbeitsblatt M 127 Teil 2 gefordert. Bei diesem Nachweis darf der geforderte Sicherheitsbeiwert erf γІ = 2,50 nicht unterschritten werden. Ist dies der Fall, rutscht die Materialprobe in die Stufe 3.
  3. Materialproben mit Prüfergebnissen im Bereich zwischen 75 % bis 85 % erfordern eine zweite Untersuchung. Diese zweite Probeentnahme erfolgt an einer anderen Stelle der renovierten Haltung. Werden bei der zweiten Probeentnahme keine anderen, besseren Werte festgestellt, rutscht die Probe in die Stufe 4.
  4. Alle Materialproben, deren Prüfergebnisse unter 75 % des Soll-Wertes liegen oder die geforderte Dichtheit nicht nachweisen, müssen vom Auftragnehmer entfernt und neu hergestellt werden.
E-ModulBiegezug; σ bzWandstärke; Dw
Anz. N/mm² % Anz. N/mm² % Anz. mm %
4 1901,5 67,9% 2 24,4 67,6% 2 - 68,3%
8 2291,4 81,8% 10 30,5 84,7% 2 - 82,9%
13 2510,2 89,7% 22 33,0 91,7% 5 - 93,4%
171 3234,3 115,5% 162 52,6 146,1% 187 - 124,8%
196 3107,0 111,0% 196 38,2 106,0% 196 - 123,0%
Tabelle 1: Prüfdaten
Im Zeitraum zwischen 1998 und 2007 wurden insgesamt 196 Materialproben von den EntsorgungsBetrieben Solingen aus einem eingebauten Schlauchliner entnommen und in einem Institut für Materialprüfung untersucht. Während diesem Zeitraum wurden folgende Ergebnisse festgestellt: Siehe Grafik 4 und 5 sowie Tabelle 1.
Wandstärke
Die geforderten Wandstärken der Schlauchliner stehen in Abhängigkeit zum Querschnitt des zu renovierenden Profils. Bei allen Untersuchungen ergab sich keine Beanstandung. Im Durchschnitt lagen die Prüfergebnisse bei allen Proben bei einer Überschreitung von 123 %.
Dichtigkeit
Die EntsorgungsBetriebe Solingen haben bis zum Jahr 2000 darauf verzichtet, gezielte Dichtheitsproben an den inversierten Schlauchlinern durchzuführen. Ab der Jahrtausendwende wird eine Prüfung der Wasserdichtheit gemäß der DIN EN 1610 mit einem einseitig aufgebrachten Unterdruck von -0,5 bar (entsprechend 5 m WS) durchgeführt. Seit diesem Zeitpunkt wurden insgesamt 134 Dichtheitsprüfungen durchgeführt. Bei zwei Proben konnte die Dichtheit nicht nachgewiesen werden. Auch bei einer zweiten Probeentnahme war der geforderte Nachweis nicht möglich. Aus diesem Grund werden die beiden undichten Schlauchliner durch den Auftragnehmer entfernt und erneuert.
Bei 134 Dichtheitsprüfungen und zwei fehlerhaften Proben bedeutet dies im Umkehrschluss, dass 98,5 % aller Proben den Nachweis der Dichtheit erbracht haben.
Seit dem Beginn der Sanierungsstrategie im Hauptkanal wurden bislang in 7 Entwässerungsgebieten die Kanalisationsnetze im Bereich der Schadensklassen SK 0 - 1 renoviert. Bislang wurden ca. 5,7 Mio. € investiert, um ca. 27 km Hauptkanal zu sanieren. Dies ergibt einen spezifischen Gesamtpreis von ca. 211 €/m Renovation.
Fremdwasserproblematik
Bis zum Jahr 2005 waren die EntsorgungsBetriebe Solingen überzeugt, mit ihrer Strategie einen guten und wirtschaftlichen Weg eingeschlagen zu haben. Man konnte davon ausgehen, dass bis zum Jahr 2015 das Kanalisationsnetz der Stadt Solingen dem Stand der Technik entsprechen würde. Die Fremdwassermessungen im Bereich der Kläranlage Solingen-Gräfrath haben dieses Bild jedoch völlig ins Wanken gebracht. Der Kläranlagenbetreiber Bergisch Rheinischer Wasserverband (BRW) und die EntsorgungsBetriebe Solingen haben im Jahr 1999 beschlossen, das vorhandene Klärwerk und das zugehörige Kanalisationsnetz gegen Fremdwasserinfiltration zu schützen. In den Jahren 2001 bis 2002 wurden entsprechende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Das Fremdwasser konnte bis 2003 um 50 % reduziert werden. Ab 2003 ist das Fremdwasser jedoch wieder gekommen und hatte 2006 fast den alten Höchstwert wieder erreicht.
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen wurde deutlich, dass eine Sanierungsstrategie nur für den Hauptkanal überhaupt keinen Sinn macht. Eine einfache Hochrechnung auf der Grundlage seriöser Literaturdaten zeigte, dass im privaten Kanalbereich eine noch größere Herausforderung zur Sanierung von undichten Kanälen auf uns wartete.
Als erstes war zu klären, wie man jemanden bewegen kann, etwas zu veranlassen, was sein Geld kostet, formal erst im Jahr 2015 notwendig ist und unter Umständen gar nicht abgefragt wird. Hierzu wurde von den EntsorgungsBetrieben Solingen entschieden, den gleichen Weg einzuschlagen, wie er 1995 bei der Sanierungsstrategie für den Hauptkanal gewählt wurde. Im Mittelpunkt sollten sowohl die Produktqualität, die Qualifikation als auch die Kompetenz der handelnden Personen sowie eine hohe Kundenorientierung stehen, um letztlich ein technisch und wirtschaftlich optimales Ergebnis zu erreichen.
Grundlagen
Auf Grund der Vorhaltung aller notwendigen Gerätschaften (Stand der Technik) zur Befahrung des Hauptkanals und der Grundstücksanschlussleitung ist es möglich, die noch fehlende Untersuchung der Hausanschlussleitung so zu organisieren, dass diese dem Grundstückseigentümer für eine geringe Entschädigung angeboten werden kann. Dies wurde realisierbar, da die EBS durch eine effiziente arbeitsweise den Nachweis erbringen konnten den Hauptkanal ohne Qualitätsverlust immer kurzfristiger befahren zu können. Dieses gewonnene Zeitfenster wird zur gebührenfreien Zustandsuntersuchung der privaten Grundstücksanschlussleitung im öffentlichen Straßenraum genutzt. Der Grundstückseigentümer kann entscheiden, ob die Kamera an der Grundstücksgrenze stoppen soll, oder gegen eine Aufwandsentschädigung weiter fahren soll.
Systemdichtheit
Im Rahmen der Vorbereitung zur Sanierungsstrategie für private Abwasserleitungen wurde festgestellt, dass Untersuchungen und Analysen von Forschungsvorhaben zur Dichtheit von Kanalrohrverbindungen eindeutig zeigen, dass ab einem bestimmten Alter von Abwasserkanälen von einer Undichtigkeit ausgegangen werden muss. Alle Kanalrohre, die vor 1970 verlegt wurden, haben meistens Dichtungen aus einem teergetränkten Hanfstrick erhalten. Die Auswertung der Forschungsergebnisse sowie eigene Untersuchungen bei Grundstücksleitungen aus dem Zeitraum 1950 - 60 haben diese These bestätigt. Hierzu wurden in einer Siedlung im Stadtteil Solingen Wald die Hausanschluss- und Gebäudegrundleitungen auf ihre Dichtheit überprüft.
Die Wohnhäuser in der Rubensstraße im Stadtbezirk Solingen-Wald wurden 1939 errichtet. Es handelt sich um einen typischen Siedlungsbau für diese Zeit. Die einzelnen Häuser wurden entwässerungstechnisch mit einander verbunden und das Abwasser wurde an einer zentralen Stelle zum Hauptkanal abgeleitet.
Zur Überprüfung der Rohrdichtheit wurde das vorhandene Grundleitungssystem unter der Kellersohle und zwischen den Gebäuden freigelegt. Ein Teilstrang der Grundleitung wurde dann durch die Anordnung von Abdichtungsblasen trocken gelegt und auf ihre Dichtheit überprüft. Die Anordnung der Probestrecke wurde so gewählt, dass der Abwasserrückstau in der Verbindungsleitung zwischen den Gebäuden stattfinden würde. Zum Setzen der Abdichtungsblase wurde in einer Baugrube vor dem Gebäude und unter der Kellersohle das Abwasserrohr aufgeschnitten.
Innerhalb des Kellergeschosses wurde das Rohr so freigelegt, dass eine Rohrverbindung aufgenommen und ihre Abdichtung betrachtet werden konnte. Außerhalb des Gebäudes wurde eine Rohrverbindung freigelegt, um ihre Dichtheit bei aufstauendem Wasser im Rohr überprüfen zu können.
Das Ergebnis dieser Dichtheitsüberprüfung deckte sich mit den Auswertungen von Veröffentlichungen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Überprüfung der Rohrdichtheit wurde mit Luftdruck gemäß der DIN EN 1610 LD durchgeführt. Der Prüfdruck betrug 200 mbar, das geprüfte Abwasserrohr hatte einen Durchmesser von 200 mm und eine Länge von 10,5 m und bestand aus gebranntem Ton (Steinzeug). Der Druck im Rohr überschritt zu keinem Zeitpunkt 50 mbar.
Dies bedeutet, dass nicht einmal 25 % des geforderten Mindestdruckes erreicht wurde. Nach der Druckprobe wurde das geprüfte Abwasserrohr im Bereich einer Rohrverbindung aufgeschnitten und auseinander gebaut. Die Überprüfung der Rohrverbindung zeigte, dass es keine Rohrdichtung mehr gab. Vereinzelt wurden Fragmente von einem damals verwendeten, in Teer getränkten Hanfband gefunden.
Nach Abschluss der Dichtheitsuntersuchungen (ca. 60 min.) hatte sich die Baugrube zwischen den Gebäuden 8 und 6 mit Abwasser gefüllt. Somit war auch hier der Beweis geführt, dass bei einem schon geringen Wasserdruck einer Ex- bzw. Infiltration kein Widerstand entgegen stand. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse halten die EntsorgungsBetriebe Solingen es für nicht verantwortbar, eine obligate Dichtheitsprüfung im Bereich privater Abwasserleitungen zu verlangen, ohne dass das Herstellungsjahr der Abwasserleitung berücksichtigt wird. Die heute geforderte hohe Verlegequalität und -sicherheit mit Dichtungssystemen auf der Basis von Elastomeren (vulkanisierter Gummi) gibt es erst seit ca. 30 Jahren. Es ist aus diesem Grund nicht richtig, für Entwässerungsleitungen, die vor diesem Zeitpunkt erstellt wurden, das gleiche Dichtheitsprozedere wie für die neuzeitliche Verlegetechniken zu verlangen.  
Die EntsorgungsBetriebe Solingen gehen sogar noch weiter, es ist dem Bürger nicht vermittelbar, eine Abwasserleitung erst zu reinigen, dann optisch zu inspizieren, um danach bei einer Dichtheitsprobe die Undichtigkeit festzustellen. Jedem Fachunternehmer müsste bei der Überprüfung des Baujahres der Rohrleitungen die Unsinnigkeit dieses Ablaufes klar sein. Aus diesem Grund plädieren die EntsorgungsBetriebe Solingen dafür, bei der Überführung des § 45 BauO NRW in das Landeswassergesetz NRW hier eine dringend notwendige Veränderung vorzunehmen. Eine solche Anpassung würde zugleich auch einen weiteren Vorteil mit sich bringen. Ein Grundstückseigentümer mit einem Gebäude, das vor 1970 errichtet wurde, muss dann kein Geld ausgeben, um etwas festzustellen, was ihm bei einer seriösen, qualifizierten Beratung vorher hätte mitgeteilt werden können. Eine solche Vorgehensweise verschafft dem Betroffenen einen monetären Vorteil, den er mit Sicherheit bei einer erforderlichen Renovation seiner undichten Abwasserleitung sehr gerne in Anspruch nehmen würde. Von den 29.000 abwassergebührenpflichtigen Grundstücken in Solingen haben ca. 50 % Abwasserleitungen, die vor 1970 verlegt wurden. Dies bedeutet ein freiwerdendes Investitionspotential zur Abdichtung von undichten Kanalhaltungen von 14,5 Mio. €, nur für Solingen. Dieser Sachverhalt verdeutlicht, warum hier der öffentliche Kanalnetzbetreiber als Dienstleister für seine Zwangskunden, den Abwassergebührenzahler, gefordert ist.
Strategie der EntsorgungsBetriebe Solingen
Vor diesem Hintergrund haben die EntsorgungsBetriebe Solingen eine Strategie entwickelt, die dem betroffenen Grundstückseigentümer die Sicherheit geben, nur die Schäden zu betrachten, die zwingend zu sanieren sind. Bei einer erforderlichen Sanierung Firmen angesprochen, die eine benötigte Qualifikation haben, um eine Sanierungsqualität zu erarbeiten, die einer Qualitätskontrolle Stand hält.
Kompetenz- und Qualitätsnetzwerke
Durch eine über 10jährige Aktivität in der Hauptkanalsanierung halten die EntsorgungsBetriebe Solingen eine Erfahrung vor, die eine optimale Voraussetzung für eine Ausweitung der Sanierungsstrategie auf private Abwasserleitungen darstellte. Vor dem Hintergrund von 29.000 gebührenpflichtigen privaten Grundstücken in Solingen, war jedoch von Anfang an klar, dass die EntsorgungsBetriebe Solingen diese Arbeit nicht alleine bewältigen können. Aus diesem Grund wurde mit zwei beratenden Ingenieurbüros aus der Region ein Kompetenz- und Qualitätsnetzwerk gegründet. Beide Ingenieurbüros haben sich verpflichtet, sowohl die Qualitätsvorgaben und -normen der EntsorgungsBetriebe Solingen als auch die Sanierungsphilosophie zu berücksichtigen und zu übernehmen. In diesem Zusammenhang haben die EntsorgungsBetriebe Solingen beschlossen, das Netzwerk weiter auszubauen.
Qualifikation der ausführenden Firmen
Als nächster Schritt musste sicher gestellt werden, dass der Grundstückseigentümer bei der Entscheidung für eine Renovation seiner Abwasserleitungen nicht nur ein hochwertiges Produkt sondern auch eine sehr gute Arbeitsqualität erhält. Im Rahmen eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbes konnten Fachfirmen aus dem Bereich Hausanschlusssanierung ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. Es wurden zur Sicherstellung der anerkannten Regeln der Technik Qualitätskriterien festgelegt, die von dem Sanierungsfachbetrieb zu erfüllen waren, um für den ausgelobten Teilnahmewettbewerb zugelassen zu werden. Die Auswertung dieser Vorprüfung zeigt, dass viele Firmen weder zertifiziert oder nach den Vorgaben des WHG § 19 oder dem Güteschutz Kanalbau geschult bzw. organisiert waren. Alle Firmen verwendeten jedoch Materialien bzw. Systeme, die durch DIBt für den Einbau auf privatem Grund zugelassen sind. Auf dem Betriebsgelände der EntsorgungsBetriebe Solingen wurden zwei Testbereiche erstellt. Zum einen sollte eine defekte und undichte Hausanschlussleitung saniert werden. Zum anderen wurde ein Grundleitungssystem simuliert, in dem alte z. T. gebrochene Rohre ohne Dichtungen verlegt wurden.
Allen Firmen, die an der Testbaustelle teilnahmen wurde vorher mitgeteilt, dass die Qualität ihrer Arbeit in einem Materialprüfungslabor geprüft und bewertet würde. Die Prüfungen deckten die Bereiche Biegefestigkeit (sB), Elastizitätsmodul (E), Wanddicke (Wd), Kriechneigung (KN) und Ringsteifigkeit (SR) ab, die prozentual gewertet wurden. Zur Vergleichbarkeit mit den DIBt-Zulassungen wurden die Probeergebnisse zu den hinterlegten Anforderungen in ein Verhältnis gesetzt.
Prüfungmin.i.M.max.
σB 75 % 131 % 174%
E 84 % 96 % 107 %
SR 29 % 48 % 397 % )1
KN 24 h - 726 % - 384 % - 152 %
Wd 66 % 88 % 141 %
)1Einzelwert
Tabelle 2: Ergebnisse der Hausanschlussliner aus der 1. Testserie in Solingen
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wurden die betroffenen Linerhersteller zu einem Fachgespräch eingeladen, bei dem die Ursachen für die schlechten Ergebnisse diskutiert und analysiert wurden. Im Rahmen dieses Treffens (Dezember 2005) sollte den Herstellern deutlich gemacht werden, dass sich ein gutes Produkt bei falscher Verwendung zu einem schlechten Produkt wandelt. Ein betroffener Grundstückseigentümer würde bei einer mangelhaften Renovation mit Sicherheit keinen Unterschied zwischen Systemhersteller und Einbaufirma machen. Nach eingehender Diskussion mit den Herstellern wurde ein erneuter Test beschlossen. Die Linerhersteller konnten Firmen benennen, die nach ihrer Überzeugung eine hohe Kompetenz und Qualifikation besitzen. In Abstimmung mit den Herstellern wurden auch die Zulassungsbedingungen modifiziert.
  • DIBt-Zulassung
  60 %
  • Schulung der Hersteller
  15 % )2
  • Gütezeichen RAL GZ961 Gruppe S 29.
  20 %
  • DIN EN ISO 9001
  5 %
)2 Schulungszertifikat muss vorgelegt werden, die geschulten Personen müssen auf der Baustelle tätig sein und Geräte des Systemherstellers (oder gleichwertig) müssen verwendet werden.
Unter den vorgenannten Rahmenbedingungen wurden von den Linerherstellern 6 Firmen benannt, die unter gleichen Bedingungen und Voraussetzungen an einer zweiten Testreihe teilnahmen. Die Auswertung der Materialprüfungen zeigten nun deutliche Verbesserungen, waren aber immer noch nicht befriedigend.
Prüfungmin.i. M.max.
σB 93 % 130 % 232 %
E 101 % 128 % 172 %
SR 32 % 125 % 225 %
KN 24 h - 555 % )3 - 23 % 102 %
Wd 75 % 111 % 146 %
)3 Einzelwert
Tabelle 3: Ergebnisse der Hausanschlussliner aus der 2. Testserie mit den von den Systemherstellern empfohlenen Sanierungsfirmen
Die Ergebnisse beider Testreihen wurden analysiert, um die Gründe zu finden, die zu den unbefriedigenden Ergebnissen führte. Bei der ersten Testserie lag ein wesentlicher Anteil der Fehler in der Bauausführung. Die zum Teil nicht vom Hersteller geschulten Firmen haben durch unzureichende Vermischung der Harze und Härter den Grundstein für alle Folgefehler gelegt. Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass durch unkalkulierbaren Harzverlust in Risse und undichten Muffen die Mindestwandstärken unterschritten wurden. Diese Probleme sind bei der zweiten Testreihe nicht mehr in dieser Form aufgetreten.
Beim zweiten Teilnahmewettbewerb wurden die Renovationen ausschließlich von geschultem Personal durchgeführt, trotzdem konnten nicht in allen Bereichen gute Ergebnisse erzielt werden. Vor Beginn der zweiten Serie nahmen die Mitarbeiter der EntsorgungsBetriebe Solingen gezielt an Produktschulungen der Hersteller teil, um das Vorgehen und die Arbeitsabläufe der Teilnehmer beurteilen zu können. Auf Grund dieser zusätzlichen Qualifizierung konnte ein wesentlicher Mangel erkannt werden, der nicht im Handwerklichen oder am eingesetzten Material seinen Ursprung hatte.
Die Untersuchungen ergaben, dass schon bei der Planung zur Probeentnahme eine hohe Sorgfalt und Umsicht notwendig ist. Grundsätzlich muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob in den beengten Verhältnissen auf den privaten Grundstücken die entnommene Probe repräsentativ für die Haltung ist oder Fehler bei der Probeentnahme die Ergebnisse beeinflussen können.
So wurde festgestellt, dass auf Grund der örtlichen Verhältnisse bei der Probeentnahme der Schlauch stark verformt wurde und somit nicht mehr als repräsentativer Probenausschnitt angesehen werden kann. Des Weiteren wurde erkannt, dass das Harz über die Verdichtung aus dem Schlauch/Probestück gequetscht wird und dadurch ein Harzmangel am Probestück entstand, obwohl das Laminat in der Haltung einwandfrei war. Ebenso gab es einen Fall, wo die mechanischen Eigenschaften auf Grund der hohen Verdichtung gut waren, aber die vorausberechneten Wandstärken nicht erreicht wurden. Einige Schläuche waren auch zu kurz konfektioniert. Dies hatte zur Folge, dass der Schlauch im Proberohr (Reststück) nicht mehr hinreichend mit Harz getränkt war und dadurch für die Qualitätsprüfung des Gesamtliners nicht mehr geeignet war. In fast allen Fällen konnte der Prüfer der Probe nicht ansehen, dass sie durch solche vermeidbaren Fehler für die durchzuführenden Prüfungen ungeeignet ist und letztlich durchfallen wird. Ist das Ergebnis negativ, wird eine Zweitprobe notwendig. Dies führt zwangsläufig zu Unverständnis und Ärger bei der betroffenen Sanierungsfirma, zur Verunsicherung beim Hauseigentümer/Auftraggeber und verursacht zusätzliche Kosten. In mehreren Fällen wurde bei der nachträglichen zweiten Probe ein Schlauchteil aus dem renovierten Rohr entnommen, also nicht durch ein Proberohr am Ende der sanierten Leitung. Alle nachträglichen Untersuchungen ergaben befriedigende Ergebnisse, so dass die Vermutung, die Untersuchungsmethodik ist mit einer hohen Fehlerquote behaftet, bestätigt wurde.
Qualität des erstellten Produktes
Vor diesem Hintergrund wurde eine Arbeitsgruppe (EntsorgungsBetriebe Solingen / Ing.-Büro Siebert + Knipschild) gebildet, die als Zielsetzung die Aufgabe hatte, ein alternatives Prüfverfahren zur Qualitätsbeurteilung von Schlauchlinern im Querschnittbereich kleiner DN 200 zu finden. Dieses alternative Verfahren sollte einen adäquaten Ersatz sowohl für die kostenintensiven mechanischen Prüfverfahren, mit den problematischen Probeentnahmeverfahren, darstellen, als auch der Feststellung Rechnung tragen, dass der Liner erst Wochen nach dem Einbau seine Endfestigkeit und -werte erreicht. Im Rahmen der Problemdiskussion kam ein Verfahren ins Gespräch, das seit langer Zeit in der Kunststofferzeugenden und -verarbeitenden Industrie etabliert ist. Die Dynamische - Differenz – Kalorimetrie (DDK), engl. Differential Scanning Calometry (DSC), ist eine Methode aus dem Bereich der thermischen Analyse. Für die Qualitätssicherung ist über die Bestimmung der Glasübergangstemperatur bereits die aussagekräftige Charakterisierung von Materialien möglich.
Die DSC-Analyse erlaubt es, mit sehr kleinen Probestücken eindeutige Aussagen zur Glasübergangstemperatur (einer Kenngröße für Kunststoffe), die in guter Korrelation zu den mechanischen Eigenschaften steht, zu treffen.
Für die Bestimmung des Aushärtungsgrades eines Hausanschlussliners ist die DSC-Methode hervorragend geeignet, in dem die Glasübergangstemperatur einer Probe ermittelt werden kann. Allein über die Glasübergangstemperatur lässt sich eine eindeutige Aussage zum Härtungsgrad des Schlauchliners treffen. Des Weiteren sind die Kennwerte Elastizitätsmodul und Glasübergangstemperatur bei Kunstharzen vom Vernetzungsgrad der Matrix abhängig. Da eine nachweisliche Korrelation zwischen dem E-Modul und dem Aushärtungsgrad besteht, kann dieser als Ersatzkenngröße angewendet werden. Durch diese Vorgehensweise lässt sich das Erreichen der in der DIBt-Zulassung oder der Eignungsprüfung des Herstellers angegebenen Anforderungen ausreichend und angemessen überprüfen. Der Vernetzungsgrad der Matrix steht auch in guter Korrelation zur chemischen Beständigkeit des verwendeten Harzes.
Die geringe erforderliche Probengröße macht es möglich, die Proben direkt aus der Haltung zu entnehmen, d. h. die entnommene Probe ist in jedem Fall repräsentativ für die untersuchte renovierte Haltung. Von den EntsorgungsBetrieben Solingen wurden verschiedene Methoden zur Entnahme von Probestücken aus einer sanierten Haltung untersucht. Als eine für die DSC-Analyse völlig ausreichende Methodik ist die Entnahme mittels einer Akkubohrmaschine mit einer ca. 25 mm großen Hartmetallbohrkrone. Auf diese Weise kann bei sanierten Kanalrohren ab DN 150 gefahrlos von der Revisionsöffnung ein Probestück nach der Aushärtung des Schlauchliners entnommen werden. Die entwickelte Vorgehensweise wird seit Anfang 2006 obligat von den EntsorgungsBetrieben Solingen angewendet.
Auf Grund der bislang festgestellten Ergebnisse der DSC-Messungen haben die EntsorgungsBetriebe Solingen im September 2006 sowohl zwei Schlauchlinerhersteller, das begleitende Materialprüflabor als auch das Fachmagazin UmweltBau "bi" zu einem Fachgespräch eingeladen. Veranlasst durch die Diskussion im Rahmen des Fachgespräches in Solingen haben die Firmen KOB-Brawoliner und EPROS entschieden, an ihren Produkten die Untersuchungen um die Korrelation der klassischen linearen Bruchmechanik mit dem Verfahren der thermischen Analyse (DSC) zu prüfen.
Gegenstand dieser Untersuchungen ist auch die Änderung der Kriechneigung über einen Zeitraum von mehreren Wochen nach der Renovation. Diese ist von besonderem Interesse, da die Prüfung der Baustellenproben zeigten, dass einige der untersuchten Systeme die Anforderungen in Bezug auf ihre Kurzzeiteigenschaften bereits erfüllt hatten, die Kriechneigung jedoch eine große Diskrepanz zu den Vorgabewerten zeigte. Da eine zeitnahe Probeentnahme ebenso wünschenswert wie notwendig ist, sind nachweisbare Erkenntnisse aus der Beziehung zwischen den Kurzzeitwerten und dem Langzeitverhalten bei Schlauchlinern von großer Bedeutung. Sollten sich die Erwartungen bezüglich des geringen Aufwandes der Probenahme und einer eindeutigen Aussage zur Qualität des Liners bestätigen, haben beide Systemanbieter die Absicht, das Prüfverfahren der thermischen Analyse mittels DSC in ihre DIBt-Zulassung mit aufnehmen zu lassen. Des Weiteren sollen die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, inwieweit die in den jeweiligen Erstzulassungen ermittelten Kennwerte der 24 h Kriechneigung praxisgerecht sind. Auch hier bestehen Überlegungen in Abhängigkeit von den Untersuchungsergebnissen Anpassungen an den bestehenden DIBt-Zulassungen vorzunehmen.
Nach diesem Fachgespräch mit der BI-Umweltbau und den Firmen KOB und EPROS, haben die EntsorgungsBetriebe Solingen den Kontakt zu den anderen Herstellern und den in der Region tätigen Sanierungsfirmen aufgenommen. Im November 2006 wurde eine Informationsveranstaltung in Solingen durchgeführt, bei der den Anwesenden der Hintergrund und die Vorteile einer DSC-Analyse erläutert wurden. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde den Firmen, die im Stadtgebiet Solingen Renovationsleistungen im privaten Entwässerungsbereich anbieten, erläutert, unter welchen Bedingungen die Firmen eine Zulassung für Solingen erhalten.
Zulassung
In Solingen ist der Hausanschluss ab dem Stutzen am Hauptkanal im Besitz und der Verantwortung der Grundstückseigentümer. Somit hätte der öffentliche Kanalnetzbetreiber keine Zuständigkeit. Aufgrund ihrer Straßenbaulastträgerschaft lässt die Stadt Solingen nur anerkannte Tiefbauunternehmen zur Neuverlegung bzw. Reparatur von Grundstücksanschlussleitungen im öffentlichen Straßenraum zu. Diesen Sachverhalt machen sich die EntsorgungsBetriebe Solingen zu Nutzen. Ab 2006 dürfen Renovationsarbeiten an Grundstücksanschlussleitungen im öffentlichen Straßenraum nur durch von den EntsorgungsBetrieben Solingen anerkannte Fachunternehmen durchgeführt werden. Den Status für ein solches Fachunternehmen erhält man nach positiver Durchführung einer Testbaustelle bei den EntsorgungsBetrieben Solingen. Im Rahmen dieser Testbaustelle muss die Firma ihre fachliche Qualifikation und Kompetenz unter Beweis stellen. Es werden die Arbeitsorganisation und die -qualität überprüft und eine DSC-Analyse des Testliners durchgeführt. Werden alle Tests bestanden, erhält die Sanierungsfirma eine Zulassung für Solingen. Diese Zulassung bedeutet, dass die Firma für Renovationsausschreibungen der EntsorgungsBetriebe Solingen zugelassen ist. Des Weiteren erhält sie die Freigabe, Sanierungsarbeiten im Rahmen des § 45 BauO NRW durchzuführen. Obligat wird die Qualitätskontrolle nach der DSC-Analyse für den Inliner im öffentlichen Straßenraum eingeführt und gefordert. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass es keine Wettbewerbseinschränkungen gibt und dass nur qualifizierte Fachfirmen tätig sind.
Pilotprojekt
Im Stadtbezirk Solingen-Wald liegt die reine Wohnsiedlung "Altenhof". Es handelt sich um ca. 120 Einfamilienhausgrundstücke aus dem Zeitraum 1955 - 65. In diesem Bereich wurden bei der Zustandsuntersuchung im Hauptkanal Schäden und Fremdwasserinfiltrationen festgestellt. Aus diesem Grund wurde der Bereich "Altenhof" als Pilotprojekt für eine Gesamtsanierungsmaßnahme ausgewählt. Eine gezielte Fremdwassermessung im Juni 2007 (Trockenperiode) ergab eine konstante Fremdwasserinfiltration von 0,68 l/s (ca. 21.500 m³/a).
Im Winter 2006 wurden alle Grundstückseigentümer in der Wohnsiedlung angeschrieben und über den § 45 BauO NRW informiert. In diesem Zusammenhang wurden den Anliegern auf Grund der Pilotprojektsituation die Untersuchungsergebnisse im Bezug auf die Dichtheit von Rohrverbindungen und der zu erwartenden Ergebnisse bei einer möglichen Dichtheitsprobe erläutert. Die EntsorgungsBetriebe Solingen haben den Grundstückseigentümern eine TV-Zustandsuntersuchung der Grundstücksanschluss- und Hausanschlussleitung zu einer geringen Aufwandsentschädigung angeboten, die von ca. 90 % angenommen wurden. Nach der Auswertung der Befahrungsergebnisse wurden die Bewohner der Siedlung im März 2007 zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde den Anliegern die Strategie der EntsorgungsBetriebe Solingen vorgestellt:
  • Bei Baujahren vor 1970 wird empfohlen, von einer Undichtigkeit des Rohrsystems auszugehen.
  • Es wird empfohlen, den gesamten Anschlusskanal mit einem Inliner zu renovieren.
  • Als Kostenschätzung wurden ca. 230 €/m Inliner als Gesamtbruttokosten angegeben.
  • Gegen eine pauschale Aufwandsentschädigung (190,-- €) bieten die EntsorgungsBetriebe Solingen die Planung, Ausschreibung, Bauleitung und Abrechnung aller Leistungen an.
  • Bei Unterzeichnung einer Kostenübernahmeerklärung treten die EntsorgungsBetriebe Solingen in Vorleistung und rechnen nach Abschluss der Arbeiten die Leistungen mit den Grundstückseigentümern ab.
  • Bei Darlegung der Bedürftigkeit ist eine Ratenzahlung möglich.
  • Antrag für den Förderbereich 6.3 - private Kanalsanierung - durch die EntsorgungsBetriebe Solingen bei der Bezirksregierung Düsseldorf.
Bei der Veranstaltung haben 60 Grundstückseigentümer ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit den EntsorgungsBetrieben Solingen bekundet und eine Kostenübernahmeerklärung unterzeichnet. Im Sommer 2007 wurde in Form einer beschränkten Ausschreibung unter allen Sanierungsfirmen, die die Testbaustelle der EntsorgungsBetriebe Solingen absolviert hatten, 750 m Schlauchliner ausgeschrieben. Nach der Überprüfung der Formalitäten durch den Revisionsdienst der Stadt Solingen (die Ausschreibung wurde für die Siedlungsgemeinschaft durch Federführung der EntsorgungsBetriebe Solingen erstellt) wurde im Spätsommer 2007 der Auftrag erteilt und mit den Renovationsarbeiten begonnen.
Im November 2007 haben mittlerweile 90 Grundstückseigentümer eine Kostenübernahmeerklärung unterzeichnet. Bis Ende November 2007 wurden bislang 34 Renovationen durchgeführt. Die mittleren Bruttopreise belaufen sich auf ca. 2.320,-- € je Hausanschlusssanierung. Dies entspricht einem Kostensatz von 161,-- € für den laufenden Meter Renovation incl. aller Nebenleistungen. Des Weiteren wurde im November 2007 von der Bezirksregierung Düsseldorf ein positiver Bescheid für den Förderantrag - 6.3 private Kanalsanierung - erteilt. Dies bedeutet, dass sich die Kosten für die Grundstückseigentümer nochmals bis zu 30 % senken können. Im optimalen Fall müsste dann der Grundstückseigentümer lediglich um die 100,-- € je Meter Renovation aufbringen. Im Rahmen der Renovationsausschreibung wurde obligat ein DSC-Analyse zur Qualitätskontrolle mit ausgeschrieben. Ende November 2007 lagen bislang 15 Qualitätskontrollen vor. Bei dieser Materialprüfung nach der DSC-Analytik wird sowohl die Wandstärke gemessen als auch die mittleren Glasübergangstemperaturen bei der Aufheizung (TG1) und bei der Abkühlung (TG2). Im Mittel liegen alle Werte ca. 25 % über dem Soll-Wert, somit kann der ausführenden Firma bescheinigt werden, dass für eine extrem wirtschaftlich kalkulierte Leistung trotzdem eine sehr gute Arbeitsqualität erreicht wurde.

Kontakt

Dipl.-Ing. Manfred Müller, EntsorgungsBetriebe Solingen

42719 Solingen

Telefon:

0212/290-4311

E-Mail:

m.mueller@solingen.de

Internet:

Zur Webseite