Sanierungstechnik zum Anfassen - 17. Deutscher Schlauchlinertag und 8. Deutscher Reparaturtag in Troisdorf

18.02.2019

Sanierungstechnik zum Anfassen – so könnte das Motto des 17. Deutschen Schlauchlinertages und des 8. Deutschen Reparaturtages lauten. Die beiden Veranstaltungen, die inhaltlich ineinandergreifen, sollen mehr noch als in den Vorjahren die Praxis am 2. und 3. April 2019 in der Stadthalle in Troisdorf in den Vordergrund stellen.

Anwender und kommunale Netzbetreiber berichten von Ihren Erfahrungen, Unternehmen stellen Neuerungen vor und auch den forumsbegleitenden Fachausstellungen und den moderierten Außenvorführungen wird an beiden Veranstaltungstagen wieder ausreichend Platz eingeräumt.

Das schafft viel Raum für den Austausch untereinander: „Gerade die kritische Auseinandersetzung sorgt für Impulse, welche die Branche zu Weiterentwicklungen von Verfahren und Technik anregt – davon sind Organisator Dr.-Ing. Dipl.-Math. Igor Borovsky, 1. Vorsitzender der Technischen Akademie Hannover e. V. (TAH) und Geschäftsführer des Verbandes Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. (VSB), Dipl.-Ing. Franz Hoppe, lange Jahre in verantwortlicher Position bei der Hamburger Stadtentwässerung tätig, und Dipl.-Ing. Michael Hippe, Vorstandsvorsitzender des VSB, überzeugt.

Einer Meinung sind die Macher der Doppelveranstaltung auch darin, dass Schlauchlinertag und Reparaturtag zusammengehören, da nahezu bei jeder Schlauchlinersanierung Reparaturtechniken benötigt werden und zum Einsatz kommen. Renovierungs- und Reparaturarbeiten an der Kanalisation verfügen über einen hohen Standard und haben sich als Alternative zur Erneuerung längst etabliert – das haben die vorangegangenen Veranstaltungen gezeigt.

Mit Blick auf weitere Anwendungsmöglichkeiten, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit feilen Hersteller und Anwender an der Weiterentwicklung ihrer Produkte – ein Beleg dafür, dass in puncto Leistungsfähigkeit von Technik und Verfahren die Grenzen noch nicht erreicht worden sind.

Der Schlauch ist „in“

Das zeigt auch die Entwicklung beim Schlauchliner: Was ist der Status quo mit Blick auf Verkaufszahlen, Anwendungsbereiche oder bei Normung und Regelwerk?

„Zwar ist bereits vieles im wahrsten Sinne des Wortes nahezu durchdekliniert, doch Weiterentwicklungen und zunehmende Erfahrung im Umgang mit der Technik erfordern eben auch immer wieder Anpassungen im Regelwerk“, ist Dr. Igor Borovsky überzeugt. Schlauchlining ist angesagt.

Grund hierfür ist sicher die zunehmende Standardisierung. „Die Vorfertigung im Werk ermöglicht eine wirtschaftliche Anwendung und das gute Kosten-Nutzen-Verhältnis hat die Netzbetreiber überzeugt, sodass die Verkaufszahlen jahrelang stetig nach oben gingen“, so Dr. Borovsky weiter.

Neue Einsatzgebiete

Insbesondere das öffentliche Kanalnetz ist ein Hauptanwendungsbereich für den Schlauch. Das gilt für den nicht begehbaren Bereich in klassischen Nennweiten von DN 200 bis 800 und für den begehbaren Bereich in Nennweiten darüber.

Grundsätzlich gilt, dass die realisierbaren Nennweiten immer größer werden. Mit Nadelfilzlinern wurden bereits Haltungen von DN 2400 renoviert. Die UV-lichthärtenden Schlauchliner ziehen nach: Mit der Verbesserung von Aushärteintensität und -geschwindigkeit sind Nennweiten bis 1500 mm möglich, und bei den Wandstärken hat die Grenze des Machbaren die 20 mm überschritten.

Hinzu kommt: Mit zunehmender Bogengängigkeit eröffnet sich der Schlauch neue Einsatzgebiete – etwa innerhalb von Gebäuden – ein Bereich, der besonderen technischen Anforderungen und strengen bautechnischen Regeln unterliegt, hier zum Beispiel in Bezug auf hohe, wechselnde Temperaturen oder den Brandschutz.

Kritische Auseinandersetzung

Der Schlauchliner hat längst den Status eines Hightech-Produktes erreicht. Dementsprechend schwieriger wird die Gratwanderung hin zu dünner, größer, schneller.

Jeder Hersteller versucht, im Rahmen der Normung sein Produkt stetig zu verbessern und vorhandene Produkteigenschaften weiter auszureizen – das ist legitim, birgt aber auch Risiken. „Dieser Problematik werden wir uns bewusst stellen“, so Franz Hoppe.

Gleichwohl ist er davon überzeugt, dass nur auf diesem Weg eine weitere technische Entwicklung möglich sein wird. Und beim Einsatz kommt es dann auf alle Baupartner an. Entscheidend ist schon die Planung: Das Altrohr muss genau erfasst werden, um zielgerichtet zu planen und die richtige Lösung zu finden.

Hier setzt der Schlauchlinertag in zweierlei Hinsicht Akzente: Wie gehe ich planerisch vor und wo muss das Regelwerk – insbesondere mit Blick auf die europäische Normung – gegebenenfalls angepasst werden?

Qualität im Fokus

Vorträge unter dem Oberbegriff Qualitätssicherung beschäftigen sich mit Anforderungen an die Probeentnahme, den Materialkennwerten und ihrer Bedeutung für Statik und Ausschreibung sowie der Bedeutung von Linerfalten.

Wo, wer, wie, was – die Probeentnahme ist ein zentraler Punkt beim Einsatz eines Schlauchliners, immerhin geht es um die Bestätigung der geforderten Kennwerte. Dementsprechend wird die Qualität durch eine Prüfung im Labor abgesichert.

Doch wie sind die Ergebnisse zu bewerten? Sind hohe E-Moduln ein Garant für Linerqualität? Wie gehe ich mit dem Eingang der Materialkennwerte in die statischen Berechnung um? Und was muss der Auftraggeber liefern, was muss er prüfen? Der Umgang mit diesen Parametern ist nicht ganz einfach. Laut Anforderung muss heute der Auftraggeber die Statik liefern. Regelstatiken decken Normalbereiche ab, bewegt man sich darüber hinaus, muss gerechnet werden.

Auf die Sichtweise kommt es an

Unwägbarkeiten gibt es nach wie vor bei der Bewertung der Bauleistung. Welche Bedeutung haben Falten bei der Abnahme der sanierten Haltung. Dass der Liner überhaupt keine Falten zeigt, ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal.

Liegt der Liner überhaupt an der alten Rohrwandung an oder ist vielleicht der zulässige Ringspalt überschritten und die statischen Eingangswerte stimmen nicht? Oft kommt es auf die Betrachtungsweise an.

Haben vorhandene Falten Auswirkungen auf Statik und Hydraulik – ist die Funktionstüchtigkeit beeinflusst? Das vorhandene Regelwerk macht hier eindeutige Angaben. Unwägbarkeiten gibt es nach wie vor bei der Bewertung der Bauleistung. Welche Bedeutung haben Falten bei der Abnahme der sanierten Haltung. Dass der Liner überhaupt keine Falten zeigt, ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal.

Liegt der Liner überhaupt an der alten Rohrwandung an oder ist vielleicht der zulässige Ringspalt überschritten und die statischen Eingangswerte stimmen nicht? Oft kommt es auf die Betrachtungsweise an. Haben vorhandene Falten Auswirkungen auf Statik und Hydraulik – ist die Funktionstüchtigkeit beeinflusst? Das vorhandene Regelwerk macht hier eindeutige Angaben.

Parallel zu den Vorträgen findet das Einsteigerforum statt, das mit Grundlagen, Einsatzgrenzen und Erfahrungen bei Hauptkanälen und den Möglichkeiten des Schlauchlinings auf Grundstücken und bei Hausanschlussleitungen eine hervorragende Basis für die fachliche Auseinandersetzung mit dem Verfahren schafft. Daneben kommen traditionell die Sponsoren zu Wort.

In Kurzvorträgen werden Hersteller und Anwender detailliert über technische Weiterentwicklungen in den Unternehmen berichten. Das schafft ebenso wie die begleitende Fachausstellung eine ideale Plattform, um mit den Besuchern des Schlauchlinertages ins Gespräch zu kommen. Zudem laden die moderierten Außenvorführungen die Teilnehmer zum intensiven Austausch mit Herstellern ein.

Dann stehen noch einmal Technik und Praxis im Mittelpunkt. Die Kalibrierung von Altrohren ist eine Voraussetzung für fehlerfreie Liner. Insbesondere bei geringen Wanddicken sind detaillierte Kenntnisse über das Altrohr notwendig. „Eine gute Vorarbeit sorgt an dieser Stelle für ein gutes Sanierungsergebnis“, erklärt Hoppe. „Deshalb sollte der Blick der ganzen Haltung gelten und nicht nur dem Anfang und dem Ende.“

Mit einem Blick auf die Entwicklung bei der Sanierung von Schächten im Schlauchliningverfahren – hier werden Lösungsmöglichkeiten einschließlich der Gerinneauskleidung vorgestellt – und dem Dauerbrenner „Anbindungstechniken für den Schlauchliner“ geht der erste Veranstaltungstag zu Ende.

Reparaturen gehen online

Mit neuem Einstieg präsentiert sich der 8. Deutsche Reparaturtag. Unter dem Titel „Anforderungen heute und morgen“ wird kurz auf den Stand der Dinge bei der Normenarbeit eingegangen und Klassifizierungen von Techniken und Materialien sowie aktuelle Entwürfe nationaler und internationaler Normarbeit vorgestellt.

Danach steht die digitale Reparaturbaustelle „Wasserwirtschaft 4.0“ im Fokus. Vergabeplattformen, XRechnungen, BIM-Ansätze und Cloudlösungen bilden inhaltliche Schwerpunkte. „Wir müssen die Voraussetzungen für eine intelligente Vernetzung von Bestandssystemen schaffen“, erläutert Michael Hippe.

Im Einzelnen geht es um die Frage, wie bestehende Systeme mit Hilfe der Digitalisierung, Modellierung und Visualisierung in Mehrwert umgesetzt werden können. Und hier gibt es nach Meinung von Hippe durchaus Informationsbedarf. „Die E-Vergabe ist mittlerweile den meisten geläufig“, so Hippe weiter.

„Die Kenntnisse über Anforderungen an digitale Rechnungen – sie werden jetzt auch auf europäischer Ebene zunehmend eingeführt –sind bei vielen dagegen nicht vorhanden. Aber das Thema wird auf uns alle zukommen.“ In Nordrhein-Westfalen hat der Landtag eine entsprechende Grundlage geschaffen. Ab April 2020 können Unternehmen Rechnungen elektronisch bei öffentlichen Auftraggebern einreichen.

Schächte im Fokus

Auch der Reparaturtag räumt dem durchaus sensiblen Thema Schachtsanierung ausreichend Platz ein. „Schächte – die besonderen Sanierungsobjekte“ ist ein Vortragsblock vielsagend überschrieben.

Lassen sich Abwasserschächte überhaupt dauerhaft dicht sanieren? Mörtelbeschichtung, Kunststoffbeschichtung, Auskleidung – wo liegen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren, welche Qualität ist zu erwarten und was gilt es zu beachten? Fachleute weisen jedenfalls mit Nachdruck darauf hin, dass Positionen wie eine fachgerechte Vorabdichtung oder Untergrundvorbereitung erheblichen Einfluss auf das Sanierungsergebnis haben.

Gleichermaßen beleuchtet werden neue Sohlen für den Schacht. Auftraggeber haben auch hier die Qual der Wahl: Klinker und Mörtel oder doch lieber Kunststoffsysteme – Einbauanforderungen werden vorgestellt.

Kurzliner

Im Anschluss daran berichten kommunale Netzbetreiber über ihre Erfahrungen mit Reparaturverfahren in der Praxis.

So zum Beispiel über den Einbau von Kurzlinern: Immer mal wieder gibt es bei diesem etablierten Sanierungsverfahren unbefriedigende Ergebnisse, doch bei ausreichender Sicherstellung der Qualität lassen sich gute Ergebnisse erzielen – so der Tenor. Klar scheint zu sein, dass die Ausführungsrisiken vor allem im Bereich der vorbreitenden Arbeiten liegen. Hinzu kommen Risiken in der Vorbereitung des Technikeinsatzes und beim Technikeinsatz selbst.

„Die Aufstellung und Analyse von Risiken ermöglicht eine gewisse Verfahrensbewertung im Vorfeld“, so Hippe. „Mit der Einforderung von Nachweisen und einer konsequenten Bauüberwachung – beides Positionen, die schon im Vorfeld berücksichtigt werden müssen – kann man allerdings gute Sanierungsergebnisse erzielen.“

Roboter, Manschetten, Flutungsverfahren

Das gilt genauso für die anderen Klassiker aus der Gruppe der Reparaturverfahren. Bei den Spachtel- und Verpressverfahren handelt es sich um eine Domäne der Roboter. Sie sind universell für verschiedenste Arbeitsschritte einsetzbar, stoßen allerdings bei Schadensbildern wie Scherbenbildung auch an ihre Anwendungsgrenzen. Genauso erfolgreich lassen sich Innenmanschetten bei punktuellen Schäden im Kanal einsetzen.

„Die etablierte Technik stellt nicht unbedingt die günstigste Variante dar, ist allerdings relativ robust hinsichtlich Ausführungsfehlern“, so Hippe weiter. Mit dem Flutungsverfahren wird auch ein im öffentlichen Bereich weniger verbreitetes Verfahren behandelt, welches im Grundstücksbereich allerdings abschnittsweise eingesetzt wird: Wo macht ein Einsatz Sinn, welche Anforderungen sind zu beachten?

Das Verfahren ist in der Regel nicht so langlebig wie andere Sanierungsverfahren, bietet aber oft die letzte Chance in unzugänglichen Bereichen.

Neuland betreten

Neuland betritt der Reparaturtag mit dem Thema „die Sanierung der Sanierung“ – ein Sachverhalt, „der in den nächsten Jahren zunehmend auf Netzbetreiber und Planer zukommen wird“, ist Hippe überzeugt. Die meisten Verfahren wurden für klassische Rohrwerkstoffe wie Steinzeug oder Beton entwickelt.

Die Sanierung von bereits sanierten Haltungen erfordert spezielle Kenntnisse: Fachleute stellen typische Fälle vor und berichten von ihren Erfahrungen.

Danach steht den Besuchern ausreichend Zeit zur Verfügung, um sich im Rahmen der begleitenden Fachausstellung über die aktuellen Entwicklungen der Branche zu informieren, bevor es dann bei den darauffolgenden Außenvorführungen Anwendungen moderner Reparaturverfahren zum Anfassen gibt.

Tücken der Sanierungspraxis

Mit den „Tücken der Sanierungspraxis“ geht der 8. Reparaturtag dann thematisch zu Ende.

Was ist bei Planung, Ausschreibung, Überwachung und Einforderung der Qualität zu berücksichtigen – etwa mit Blick auf das heikle Thema Abwasserfreiheit in der Kanalreparatur? Entsprechend der bestehenden Anforderungen muss der Bereich der Reparatur abwasserfrei sein. Handelt es sich hier um gängige Praxis oder um Wunschdenken? Laut Einschätzung von Fachleuten wird Abwasserfreiheit nur in 50% der Fälle hergestellt.

Das ist ein starker Widerspruch, dem man sich stellen muss. Sind die Anforderung zu weit gefasst oder handelt es sich einfach um Schluderei? Hierüber soll in Troisdorf ebenso diskutiert werden, wie über die richtige und fachgerechte Ausschreibung.

Immerhin handelt es sich hier um die Grundlage für ein qualitativ hochwertiges Sanierungsergebnis. „Was in den Unterlagen mindestens enthalten sein muss, ist definiert und mit Regelwerken, Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTVen) und Musterleistungsverzeichnissen sind gute Vorlagen vorhanden“, erklärt Hippe.

Mit Themen wie der Sanierungsüberwachung und Ausführungsfehlern greift der Reparaturtag abschließend noch zwei heiße Eisen auf. Veranstalter und Organisator Dr. Borovsky ist sicher, mit dem breitgefächerten Programm, den ausgewählten Themenbereichen und manchen interessanten Neuigkeiten aus der Branche den Grundstein für zwei informative Veranstaltungstage und die Basis für einen intensiven fachlichen Austausch gelegt zu haben.

Detaillierte Informationen zum Tagungsprogramm sowie alles Wichtige rund um die Veranstaltung finden sich unter www.schlauchliner.de und www.reparaturtag.de

 

Kontakt

Technische Akademie Hannover e. V.

Dr.-Ing. Dipl.-Math. Igor Borovsky

Wöhlerstr. 42

30163 Hannover

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+49 511 39433-40

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