Durch ovale Bohrlochräumungen (in Abhängigkeit der Geologie und Anzahl erforderlicher Aufweitungsbohrungen), durch unterschiedlich lange Einwirkzeit der Spüldüsen auf den Baugrund (z.B. bei Hinderniszerstörung) oder auch durch nicht stützfähige Bodenformationen oberhalb des Bohrkanals (z.B. Kieslinsen), kann es unter Umständen zu einer sich unkontrolliert entwickelnden Ausbildung von Hohlräumen kommen. Deren Folgen treten in Form von Setzungen auf, die mitunter weitere Folgeschäden an darüber liegenden Verkehrswegen oder Gebäuden mit sich führen können.
Sehr häufig werden diese Setzungen erst lange nach Abschluss der Baumaßnahme sichtbar, insbesondere dann, wenn unter befestigten Flächen gebohrt wurde. Hier ist auch die mit solchen Setzungen einhergehende Gefährdung Dritter am Größten.
Ferner besteht bei Durchbohrungen wasserführender Bodenschichten oder Bohrungen unterhalb von Gewässern über Geländeniveau die Gefahr der Drainagebildung, durch die es zu Ausspülungen des Bohrloches und somit zur Bildung von Sickerwasserlinien kommen kann. Die Folgen sind dabei vielfältig.
Beispielsweise bei Bohrungen in Küstengebieten unterhalb von Deichen durch die Sickerung von Meerwasser hin zur Landseite oder dem Ausfließen eines im Dammbereich liegenden Schifffahrtskanals. Um diese Gefährdungspotentiale zu minimieren, bedient man sich der Verdämmung der nach dem Einbau der Produktenrohre verbleibenden Hohlräume im Bohrloch.
Unter Verdämmen ist hier der Austausch der im Bohrloch befindlichen Bohrspülung gegen eine Selbstverfestigende/aushärtende Suspension zu verstehen. Dies kann zu verschiedenen Zeitpunkten im Ablauf einer Bohrung erfolgen und auch auf verschiedene Art und Weise. Hierbei kam es allerdings in der Vergangenheit schon oftmals zu Behinderungen und Schwierigkeiten bis hin zum Scheitern des Rohreinzuges. Die Art und Weise der Ringraumverdämmung kann zur Schadensminimierung und -vermeidung in verschiedenen Varianten ausgeführt werden. Diese sollen im Folgenden näher erläutert werden.
Schönewörde Baustellendaten: Länge Bohrung: 220 Meter
Durchmesser Bohrkanal: 500 mm
Produktleitung: 323,9 mm Gasleitung aus L 290 NB Stahl
Verfüllprodukt: Drill Mix 160
Geologie: Schluff, Ton, Schiebelehm, Sand
Bei dieser Bohrung unter dem Elbe-Seitenkanal wurden drei gestaffelt angebrachte 50 mm HDPE Rohre mit dem Produktrohr in den Bohrkanal eingezogen, damit an drei Stationen (180 m, 100 m und 50 m) im Bohrkanal verdämmt werden konnte. Theorie war, die Rohre mittels Schlauch-Kupplung direkt an die Hochdruckpumpe der Bohranlage zu koppeln und mit dem verpumpen aus dem Bohrkanal zu ziehen. Da sich beim Einzug das 180 m lange Dämmrohr um das Produktenrohr gewickelt hatte, war ein Dämmereintrag und Ziehen des HDPE-Rohres jedoch nicht möglich. Der Versuch der Ringraumverdämmung über das 100 Meter lange Rohr war erfolgreicher. Es wurde solange gepumpt, bis eine deutliche Farbänderung in der Bentonitgrube am Austrittspunkt festgestellt wurde. Erst dann wurde dieses Rohr aus dem Bohrkanal herausgezogen. Beim Ziehen wurde alle 20 Meter angehalten um den Ringraum zu verfüllen.
Norderney Baustellendaten: Länge Bohrung: 400 Meter
Durchmesser Bohrkanal: 700 mm
Produktleitung: 500 mm HDPE, SDR 11
Verfüllprodukt: Drill Mix 160 Mod. 1/B
Geologie: Silt, Torf, Feinsand, Salzwasser Einbrüche
Bei dieser Bohrung lag der Austrittpunkt im Wattenmeer, wodurch eine offene Verbindung mit Meereswasser entstand. Bei Tidehochwasser vermischte sich die Bohrspülung mit Salzwasser. Von der Startseite aus sollte im Bereich des Hochwasserschutzdeiches der Ringraum zur Sicherung gegen Längsläufigkeit und Setzungen verdämmt werden. Mit dem Produktenrohr wurde ein 2-7/8“ Bohrgestänge eingezogen und im Bereich des vorgesehenen Beginns der Ringraumdichtung eine hochviskose Spülung im Bohrkanal verpumpt. Dadurch wurde eine Plombe Richtung Meerwasser gesetzt und eine Vermischung von Drill Mix mit Salzwasser verhindert. Nach dem Einzug wurde mittels Hochdruckpumpe über das gleichzeitig ziehende Gestänge der Dämmer in den Bohrkanal gepumpt. Erst nach erkennbarer Bentonitverfärbung in der Startgrube wurde mit dem herausziehen des Gestänges begonnen. Dieser Vorgang wurde nach zuvor berechneter Ziehgeschwindigkeit durchgeführt, so dass eine nachweisliche Ringraumverdämmung vorlag.
3 Anforderungen, Grundlagen An die eingesetzten Verdämmmittel bei HDD-Bohrungen wird eine Reihe von Forderungen gestellt. Sie sollen bezwecken, dass Setzungen oder Drainagewirkungen des Bohrkanals auf Dauer verhindert werden können. Im Einzelnen sind das folgende Aspekte:
- Das Material muss wasser- und umweltverträglich sein,
- es muss zum Zeitpunkt der Verarbeitung pumpbar sein,
- die rheologischen Eigenschaften müssen an die örtlichen Randbedingungen anpassbar sein,
- es darf sich auch bei längeren Pumpstrecken nicht mit der zu verdrängenden Flüssigkeit im Bohrloch vermischen,
- es muss mit der verwendeten Bentonitgrundlage der Bohrspülung kompatibel sein,
- es darf auf Dauer keine erheblichen Änderungen des Volumens aufweisen,
- in einem festgelegten Zeitraum muss es eine definierte Druckfestigkeit/Scherfestigkeit erreichen (in Anlehnung an DIN 196),
- es darf keine Korrosionsfördernde Wirkung aufweisen,
- es sollte sich farblich von der Bohrspülung unterscheiden (um den Verdrängungserfolg erkennen zu können),
- der Dichteunterschied zur Bohrspülung sollte gering sein,
- im verfestigten Zustand sollten die Eigenschaften denen des umliegenden Erdreichs gleichen (Wasserdurchlässigkeit, Scherfestigkeit, Dichte, Druckfestigkeit),
- es muss im Erdreich auch unterhalb des Grundwasserspiegels erhärten und
- es sollte eine Verbindung (Verklammerung) mit dem Erdreich eingehen.
Das errechnete, theoretische Ringraumvolumen sollte mit der tatsächlichen Pumprate bei entsprechender Zeit-Wege-Berechnung (Ziehgeschwindigkeit) während des Verdämmens abgeglichen bzw. kontrolliert werden. Gleiches gilt für den Mengenabgleich zwischen dem eingebrachten Dämmer + Rohrvolumen und der zu den Austrittspunkten verdrängten Bentonitspülung.
Neben diesen Anforderungen müssen je nach der Art der Einbringung weitere Aspekte beach-tet werden. Verläuft die Bohrung beispielsweise im Bereich von Salzwasser oder Torfschichten, müssen die Suspensionen auf die veränderten Bedingungen (pH-Werte, elektr. Leitfähigkeit, Abbindeverhalten) angepasst werden. Die Suspensionseigenschaften laut Datenblatt sollten im Vorfeld unbedingt mit denen verglichen werden, die mit dem zur Verfügung stehenden Anmachwasser erreicht werden. Grundsätzlich ist vor dem Einsatz des Dämmers zu erproben, wie dieser mit sich mit der Bentonitgrundlage der verwendeten Bohrspülung einschließlich der eingesetzten Additive verträgt. Auch eine Vermengung mit dem Baugrund (Cuttings) oder dem Grundwasser kann Einfluss auf das Verhalten der Dämmersuspension haben und sollte deshalb ebenfalls im Vorfeld simuliert werden.
Die Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass es sehr große Unterschiede in der Konsistenz und im Verhalten des Mischproduktes aus Dämmer und im Bohrloch befindlicher Bohrspülung gibt. Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf die unterschiedlichen Bentonitrohstoffe verschiedener Hersteller – damit unterschiedliche pH-Werte und unterschiedliche Einsatzkonzentrationen (25 bis >100 kg/m³) und die unterschiedlichen Arten und prozentualen Anteile der verwendeten Polymeradditive.
Wesentlich für das Verhalten der „Mischzone“ ist auch der Feststoffanteil der zu verdrängenden Bohrspülung. Die im Labor mit dem Dämmermaterial erstellten, untersuchten und ausgewerteten Proben entsprechen in einer Vielzahl der Fälle nicht den tatsächlich auf der Baustelle vorgefundenen Bedingungen. Unterschiedliche Wasserqualität und die in der Praxis immer auftretende Vermischung des Dämmers mit der Bohrspülung und den darin enthaltene Feststoffen (Bentonit + Cuttings) führen sehr häufig zu veränderten Suspensionseigenschaften (Rheologie + Abbindeverhalten). Wird nach dem Verdrängungsprinzip verdämmt, muss immer davon ausgegangen werden, dass nicht 100 % der im Bohrkanal befindlichen Bohrspülung verdrängt werden kann.
4 Möglichkeiten der Verdämmung Eine Möglichkeit der Hohlraumverfüllung stellt die Injektion, ausgehend von der Geländeoberfläche, dar. Diese Variante, bei der die Hohlräume durch vertikale Bohrungen erschlossen und verfüllt werden, steht jedoch stark in Abhängigkeit zu den örtlichen, topographischen Verhältnissen und ist beispielsweise im Bereich von Gewässerkreuzenden Bohrungen nicht anwendbar. Da sie zudem aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit als sehr unsicher anzusehen ist und dadurch mitunter sehr kostspielig werden kann, soll sie bei der weiteren Betrachtung außer Acht gelassen werden.
Die zweite, wesentlich einfacher zu realisierende Möglichkeit der Verdämmung, ist die Verfüllung der Hohlräume ausgehend von den Start- und Zielpunkten der Bohrung. Auch hier besteht für den Planer die Möglichkeit zwischen mehreren Ausführungsvarianten wählen zu können. Zu beachten ist hierbei die nachweislich gesicherte hohlraumfreie Verdämmung und die Berücksichtigung der Verarbeitungszeit/Abbindezeit des Dämmaterials, damit während des Einziehvorganges keine erhöhten Reibungswiderstände auftreten oder gar das Produktenrohr im Bohrkanal festgezogen wird. Generell ist auch zu empfehlen, dass sich AG, Planern bzw. Genehmigungsbehörden genau darüber im Klaren sind, welche Festigkeit durch das Dämmmaterial nach welcher Zeit erzielt werden soll bzw. was den Randbedingungen entsprechend überhaupt notwendig ist. Häufig werden von Ausschreibung zu Ausschreibung aus veralteten Regelwerken stammende Werte für die notwendige Festigkeit übernommen, die einem Beton B5 nahe kommen und damit weit entfernt von den natürlichen Bedingungen in der Umgebung des Rohres sind. Je größer die geforderte Festigkeit ist, je höher muss der Bindemittelanteil sein und je mehr muss zwangsläufig die Dämmersuspension von der Rheologie und Konsistenz einer „norma-len“ Bohrspülung abweichen. Dadurch erhöhen sich wiederum die Probleme hinsichtlich Ver-träglichkeit und Verarbeitbarkeit.
4.1 Verdämmung im Zuge des Einziehvorgangs Bei der Verdämmung im Zuge des Einziehvorgangs wird der verbleibende Hohlraum zwischen Produktenrohr und ausgebildeter Bohrlochwandung parallel zum Einzug verdämmt. Hierzu wird das im – bereits auf den Enddurchmesser aufgeweitete – Bohrloch befindliche Bentonit durch das Verdämmmittel verdrängt. Es sei bei dieser Form des Verdämmens besonders darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht, der sich im Bohrloch befindlichen, bentonithaltigen Spülung handelsüblichen Zement beizumischen, um so eine Erhärtung der Mischung im Bohrloch zu bezwecken. Bei den meisten Bentonitspülungen wird genau das Gegenteil erreicht, denn durch die Vermengung des Bentonits mit hydraulischem Bindemittel kommt es zu einer drastischen Reduzierung der Quellfähigkeit und somit zu einer Destabilisierung der Mischung, wodurch sich u.U. bis zu 20 Vol -% freiwerdendes Wasser im Bohrkanal absetzen kann. Dadurch entstehen praktisch „hindernisfreie“ Fließwege für Längsdrainagen oder Setzungsfördernde Hohlräume nach eventuellem Abwandern des Wassers.
Ist im Verlauf der Bohrung eine geologische Veränderung ersichtlich (z.B. Kieslinse mit hoher Durchlässigkeit), wäre es erforderlich, den kontinuierlichen Rohreinzug in diesem Bereich zu verlangsamen, damit geologische Hohlräume entsprechend verdämmt werden. Die Verdämmung während des Einzugs der Produktenrohre hat einen weiteren entscheidenden, nicht zu vernachlässigenden Nachteil. Das eingebrachte Verdämmmittel ist häufig nur für einen relativ kurzen Zeitraum verarbeitbar, d.h. in seinen rheologischen Eigenschaften (Marshzeit, Yield-Point, plastische Viskosität und 10 Sekunden- bzw. 10 Minuten-Gelstärke) in etwa denen einer Bohrspülung gleichkommend. Kommt es im Laufe des Einzugs zu Unterbrechungen jeglicher Art (Stillstand), müssen diese innerhalb der kurzen Zeitspanne bis zum Einsetzen des Abbindprozesses behoben werden oder es besteht die Gefahr des „Einzementierens“ des Bohrstranges und/oder des Produktenrohres. Da jedoch z.B. Schäden an der Bohranlage oder der Mischeinrichtungen oder auch Isolationsdefekte am Rohrstrang nur in den seltensten Fällen sofort behoben werden können, müssen die Bohrungen oftmals abgebrochen und aufgegeben werden, was aufgrund des weit fortgeschrittenen Stadiums der Baumaßnahme zu einem erheblichen wirtschaftlichen Verlust führt.
Eine Möglichkeit zur Risikominimierung ist die Verwendung selbsterhärtender Bohrspülung, einer Kombination von Spülung und Verdämmmittel. Die selbsterhärtende Bohrspülung besteht aus einem Bindemittel- und einem Bentonitanteil. Das Bindemittel ist dabei speziell auf die verlängerten Verarbeitungszeiten abgestimmt, so dass eine Erhärtung / Ansteifung nach etwa 48 Stunden, unter Umständen sogar erst bis nach ca. 14 Tagen (durch den Zusatz von Additiven variierbar) einsetzt. Bei dem eingesetzten Bentonit handelt es sich um ein spezielles, zementstabiles Natriumbentonit. Es hat gegenüber dem bei herkömmlichen Bohrspülungen standardmäßig eingesetzten Bentonit den Vorteil, dass die im Rahmen der Zementhydratation freigesetzten und in die Zwischenschichten der Montmorillonitkristalle eindringenden Calciumionen eine vergleichsweise geringe Reduzierung der Quellfähigkeit und somit auch eine geringere Destabilisierung der Spülung bewirken.
Dadurch, dass das Verdämmmaterial bereits während des Rohreinzugs auf gesamter Länge des Bohrkanals eingebracht und wie eine normale Bohrspülung behandelt werden kann, kann – bei richtiger Abstimmung der verpumpten Menge und der Einziehgeschwindigkeit auf das Bohrlochvolumen und die Rohrverdrängung – eine sehr gute und vollflächige Verdrängung erreicht werden und damit spätere Setzungsprobleme oder das Entstehen von Sickerwegen weitgehend ausgeschlossen werden.
Der theoretische Verdrängungserfolg hängt von einer Vielzahl Faktoren ab, u.a. auch davon, in welche Richtung die Spülung verdrängt wird, also entlang des Produktenrohres zur Zielgrube oder nach vorne am Bohrstrang entlang zur Startgrube. Die beste Verdrängung wird erreicht, wenn die Fließrichtung der Spülung zum Bohrgerät gewechselt hat. In diesem Fall kann durch temporäres Einbringen des Dämmers ohne Fortsetzen des Einzugs ein Puffer aus Dämmmaterial vor dem Ziehkopf geschaffen werden, in den dann beim Fortsetzen des Einzuges hineingezogen wird. Der große Vorteil hierbei ist, dass keine Mischzone entsteht, da das Rohr das Dämmmaterial verdrängt und gleichzeitig über den Räumer Dämmmaterial nachgepumpt wird und somit der Puffer aufrechterhalten wird. Solange der Rückfluss entlang des Produktenrohres erfolgt, also in den meisten Fällen zumindest auf der ersten Hälfte des Rohreinzuges, ist ein vollständige Verdrängung praktisch nicht möglich. Bei jeder Einzuglänge (Bohrstange) entsteht eine neue Mischzone, da das Rohr bzw. der Räumer direkt in die vorhandene Bohrspülung gezogen wird. Wie groß der Anteil Dämmmaterial an der Mischzone tatsächlich ist, hängt vom Durchmesser des Bohrkanals, dem Rohrdurchmesser, der Ziehgeschwindigkeit und der Pumprate ab. Häufig liegt er unter 50%. Zum einen soll die Abbindezeit des Dämmers also möglichst kurz sein, damit bei z.B. über Geländeniveau liegendem Wasserspiegel der hydrostatische Außendruck die Ringraumfüllung nicht verdrängt und zum Grundbruch entlang des Produktenrohres führt, zum Anderen soll eine lange Verarbeitbarkeit des Dämmers den Einziehvorgang des Produktenrohres nicht gefährden und ein Festziehen durch erhöhten Haftungswiderstand vermieden werden.
Durch entsprechende Vorversuche der Dämmereigenschaft im Bohrloch lassen sich die Laborkennwerte verifizieren und die Risiken auf ein abschätzbares Minimum reduzieren. Ebenfalls sind Rückschlüsse auf das erzielbare Verfestigungsergebnis bei unterschiedlichen prozentualen Anteilen Bohrspülung im Dämmmaterial möglich. Hierzu empfiehlt es sich, vor dem Arbeitsgang mehrere Proben des Dämmers mit unterschiedlicher prozentualen Anteilen Bohrspülung (aus dem Rücklauf, d.h. mit Cuttings) anzusetzen. Die Proben sollten dem Rohreinzug / Verdämmvorgang entsprechend in die Phasen „Anfahren in den Bohrkanal“ = ca. 70% konventionelle Spülsuspension und „Durchfahren Bohrkanal“ (teilweise bis annähernd vollständige Bentonitverdrängung = 50% bis 20% original Bohrspülung mit Bohrklein) angesetzt werden. Bei Bohrungen an Küstengewässern muss auch der mögliche Einfluss des Salzwassers berücksichtigt und untersucht werden. Im Folgenden wird je nach Anforderung alle 2 Stunden über ca. 48 Stunden die Marshzeit/ Viskosität/Rheologie der Proben geprüft und dokumentiert. Entsprechend des gewünschten Verfestigungsgrades kann in einzelnen Bohrlochabschnitten auch selbsthärtende Spülung unterschiedlicher Rezeptur bzw. Konzentration eingesetzt werden. Abhängig von der realisierbaren Einzuggeschwindigkeit kann unter Hinzunahme möglicher Behinderungszeiten die Bohrachse in Abschnitte (auch Gestängeweise) unterteilt werden, in welchen sich eine langsam sinkende Abbindezeit und mit zunehmender Einzuglänge ein sinkendes Risiko für das „Einzementieren“ des Rohres/Bohrstranges einstellt. Auf diese Art und Weise ist auch das Setzten von Plomben geringer Länge möglich, die lokal eine sichere Absperrung ermöglichen ohne das Risiko für den Einzug zu sehr zu erhöhen.
Achtung: Es sollte bei derartigen Maßnahmen nicht außer Acht gelassen werden, dass das eingebrachte Dämmermaterial in den allermeisten Fällen nicht dort verbleibt, wo es eingebracht wurde! Die beschriebene Vorgehensweise wurde bereits mehrfach bei Deichkreuzungen im Küstenbereich und Kanaldükern in Dammlage erfolgreich praktiziert, verlangt jedoch auch eine sehr exakte Vorbereitung der Anmisch- und Einzugtechnologie. Die Problematik der Mischzonen und der nicht vollständigen Verdrängung kann komplett ausgeschaltet werden, wenn bereits beim letzten Aufweitgang die selbsterhärtende Bohrspülung eingesetzt wird. Langsam abbindende Produkttypen lassen dies durchaus zu, wobei jedoch zu prüfen ist, ob die Rheologie dieser selbstaushärtenden Suspensionen den Anforderungen, die der Baugrund an die Bohrspülung stellt, genügt!
4.2 Verdämmung im Anschluss an den Einziehvorgang Um die vorab beschriebenen Gefährdungspotentiale auszuschließen, besteht die Möglichkeit des nachträglichen Verdämmens. Bei dieser Variante wird parallel mit dem Einzug der Produktenrohre ein weiteres, wesentlich kleineres Dämmerrohr (ø ca. 38/44 mm) mit in den Bohrkanal eingezogen, das mittels eines Stahlseils am Zugkopf befestigt wird. Nachträgliches Einschieben und wieder Ziehen von Gestängerohren zur Verdämmung ist nur bei entsprechendem Schutz der Produktenrohrummantelung oder kathodisch ungeschützten Mantelrohren möglich. Das mitführen eines am Produktenrohr befestigten und im Bohrkanal verbleibenden Dämmrohres wird nicht empfohlen, da hierbei nur punktuell (Dämmrohrende) eine Plombe gesetzt werden kann und eventuelle Hohlräume im weiteren Verlauf des Bohrkanals nicht gezielt verfüllt werden können.
Bei längeren Bohrungen wird empfohlen zwei getrennte Rohre für die Verdämmung einzubauen, so dass diese zu beiden Seiten aus dem Bohrkanal herausgezogen werden können. Am Zielpunkt angekommen, womit der Bauabschnitt „Einzug der Produktenrohre“ abgeschlossen ist, wird das Gestänge vom Zugkopf gelöst und mit dem Verdämmvorgang begonnen. Das Dämmerrohr wird nun mit definierter, an das zu verdämmende Volumen angepasster Geschwindigkeit, vom Bohrrig auf der Startseite und/oder von einem separatem Bohrgerät (z.B. Mini-Bohrgerät mit max. Zugkraft 150 kN, max. Drehmoment 10-15 kNm) zum Zielpunkt zurückgezogen. Das Verdämmmittel verdrängt das im Bohrkanal befindliche Bentonit. Dadurch, dass sich während des Einzugs der Produktenrohre nur „nicht erhärtende Spülungsflüssigkeit“ im Bohrloch befindet, stellen unvorhergesehene Behinderungen zwar eine eventuelle zeitliche Verzögerung des Ablaufes, nicht aber ein gravierendes oder unter Umständen sogar Bohrabbruch bewirkendes Problem dar.
Die mögliche Aufgabe der Bohrung, resultierend aus zeitlichen Erschwernissen wie beim Verdämmen im Zuge des Einziehvorgangs beschrieben, kann bei der nachträglichen Verdämmung gänzlich ausgeschlossen werden. Insbesondere bei kritischem Baugrund, problematischer Lokation der Bohrung oder auch bei zeitlich begrenztem Einzugfenster sollte diese Möglichkeit des Verdämmens in Betracht gezogen werden, da keine direkte Risikoerhöhung für den Einziehvorgang besteht.
Eine nachträgliche Ringraumverdämmung über ein oder mehrere fest mit dem Produktenrohr verbundene – und somit im Ringraum verbleibende – Dämmerrohre ist nicht zweckmäßig. Hierbei wird der Ringraum nur punktuell mit Dämmerplomben versehen, eine vollflächige Verdrängung kann nicht gewährleistet werden. Bedingt durch die ausbleibende Erhärtung der Bentonitspülung in großen Teilbereichen der Bohrung kann es zu Instabilitäten kommen, so dass Setzungen auf Dauer nicht vollkommen ausgeschlossen werden können.
Bei nachträglich eingebrachtem Verdämmmittel entfällt das Risiko des zu schnellen Aushärtens. Die Abbindezeit kann bei Bedarf (Sturmflutgefahr, hoher hydrostatischer Außendruck) unter Berücksichtigung des Beuldruckes und Temperaturentwicklung auf ein Minimum (etwa 30 min.) reduziert werden. Auch hierbei findet eine Verdrängung der Bohrspülung statt, die an der Kontaktfläche (Mischzone) der beiden Mittel zu Vermischungen führt. Auch hier ist es durchaus zweckmäßig, Vorversuche durchzuführen, die durch Herstellung verschiedener Mischungsverhältnisse den Einbringvorgang simulieren um dadurch sicherzustellen, dass keine Unverträglichkeiten (Ausflockungen, sofortige Ansteifungen) zwischen den beiden Mitteln bestehen. Zudem können durch Vorversuche im Labor die erforderlichen Kennwerte (Fließei-genschaften) ermittelt und auf die Baumaßnahme übertragen werden.
5 Erläuterung zu Kennwerten Marshzeit: Die Zeit, die 1 Liter Suspension benötigt, um aus dem Marshtrichter auszulaufen. Diese Bestimmung ist ein einfaches Verfahren, das auch unter Baustellenbedingungen zur Abschät-zung der (Suspensions-) Viskosität eingesetzt werden kann.
Yield-Point: Ein Maß für das Austragungsvermögen einer Bohrspülung. Je höher der Yield-Point, desto besser ist der Austrag des Bohrgutes aus dem Bohrloch.
Plastische Viskosität: Das ist die niedrigste Viskosität, die die Suspension haben kann, tritt auf z.B. in den Düsen und Pumpen, kann deshalb als Anhaltspunkt für die Verpumpbarkeit herangezogen werden.
10-Sekunden- / 10-Minuten-Gelstärke: Geben an, wie schnell die Spülung thixotropiert, wenn die Bohrung zum Stillstand kommt. Optimal ist eine möglichst hohe Gelstärke, weil dadurch ein Absedimentieren des Bohrgutes verhindert wird.
Grundsätzlich sollte beachtet werden, dass im Bereich einer tiefer liegenden Ein- oder Austrittsgrube Dämmer mit kurzer Abbindezeit eingebracht wird und dieser bis zur Abbindung des Bohrlochdämmers in der Grube verbleibt. Zur Risikobewertung der unter Punkt 3 beschriebenen Verfahrensarten wurde eine Ausführungs- und Gefährdungsanalyse nach Kepner-Tregoe durchgeführt: Die Auswertung zeigt eindeutig das geringste Risiko zur Ausführung und nachfolgender Standsicherheit beim Verdämmen mit zu ziehenden Dämmerrohren. Beim Verdämmen während des Einziehvorgangs liegt das größte Risiko in der Bauausführung, kann jedoch durch entsprechende Vorbeprobung und Beachtung von möglichen Pufferzeiten (Aushärtung) minimiert werden. Die Wahrscheinlichkeit von verbleibenden Hohlräumen entlang des Bohrkanals bei punktueller Verdämmung des Ringraums kann zu späteren Folgeschäden führen. Daraus resultiert die hohe Risikowertung für das Verdämmen über festgelegte Dämmrohre.