PowerTubes – die Energieübertragung der Zukunft liegt unter der Straße
26.04.2012
Der notwendige und schnelle Ausbau der Höchstspannungsleitungen in Deutschland ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Es kann als sicher angenommen werden, dass mit konventionellen Konzepten, die allein auf Freileitungen basieren, diese Energiewende zeitnah nicht realisierbar sein wird. Grund hierfür sind unter anderem Bürgerinteressen, die Genehmigungsprozesse erheblich verzögern. Auch die vielfach diskutierte Erdverlegung bei Zwischenverkabelungen weist erhebliche Nachteile auf, um im Interessenskonflikt zwischen Bund, Netzbetreiber und Bürgern beim Ausbau des Höchstspannungsnetzes als Ideallösung gelten zu können. Dieser Beitrag stellt einen Lösungsansatz für diese Problematik auf Basis eines so genannten "PowerTubes"-Leitungsgangs unterhalb des "öffentlichen Straßenraumes" vor. Dabei liegt der Schwerpunkt auf aktuellen technischen Entwicklungen, die einen kostengünstigen und sicheren Bau dieser Anlagen ermöglichen.
1 Einleitung
Mindestens 3.600 km Höchstspannungsleitungen müssen nach Aussagen der Deutschen Energie Agentur (dena) bis 2020 gebaut werden, um die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien realisieren zu können. Dabei ist die Frage des wie, d.h. ob diese ausschließlich als Freileitungen oder abschnittsweise auch per Erdkabel realisiert werden, nicht nur in Hinblick auf die Kosten, sondern auch in Bezug auf die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und die Vermeidung von Bürgerbeschwerden relevant. Aktuell warnt bereits die Bundesnetzagentur vor weiteren Verzögerungen beim Netzausbau für Ökostrom. Selbst bei den Hochspannungsleitungen für den Anschluss der neuen Windparks käme man nur langsam voran, obwohl diese von der Bundesregierung vorrangig unterstützt würden [Netzagentur warnt vor schleppendem Netzausbau].
Das Energieleitungsausbaugesetz – EnLAG [EnLAG] (Kernstück des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze) vom 26.08.2009 unterstützt daher explizit den Einsatz von Erdkabeln in Pilotmaßnahmen. Die erheblichen Mehrkosten einer Erdverlegung, aber auch die höheren Reparaturkosten von Erdkabeln im Vergleich zu Freileitungen (durchschnittliche Reparaturzeiten: Freileitung 3,34 Stunden – Erdkabel 600 Stunden) [International Council on Large Electric Systems (CIGRE 2009)] [CIGRE] machen deutlich, dass der beim Bürger erzielbare Akzeptanzgewinn teuer erkauft werden muss. Die Kosten hierfür werden komplett auf den Strompreis umgelegt. In der Diskussion Freileitung vs. Erdkabel bzw. Teilverkabelung wird jedoch eine wichtige Alternative völlig ausgeblendet:
Die Verlegung von Höchstspannungskabeln im Leitungsgang (nachfolgend als PowerTubes-Leitungsgang bezeichnet). Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Möglichkeiten und die zugehörige Verfahrenstechnik zum Bau derartiger Bauwerke den Entscheidungsträgern nicht ausreichend bekannt sind. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen einen Lösungsansatz für den Interessenskonflikt zwischen Bund, Netzbetreibern und Bürgern beim Ausbau des Höchstspannungsnetzes auf Basis des begehbaren PowerTubes-Leitungsganges unter Würdigung seiner Vor- und Nachteile im Vergleich zu den konventionellen Methoden der Erdverlegung auf. Dabei erweist sich der PowerTubes-Leitungsgang als eine Alternative, die zur Wahrung der Interessen der Bürger (auch in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung der Strompreise) zu einem wirtschaftlichen Bau/Betrieb und zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren beitragen kann.
2 Stand der Technik
Stand der Technik bei der Installation von Höchstspannungsleitungen sind derzeit sowohl die Verlegung als Freileitungen (s. Bild 1) als auch die Verlegung in offener Bauweise als Erdkabel (Bild 2).
Die Regelanwendung in deutschen Stromnetzen für Höchstspannungstrassen ist die Freileitung, gegen die jedoch an vielen Orten Bürgerinitiativen und Gemeinden Widerspruch erheben. Bisher sieht man hier die einzige Alternative in der Erdverlegung, die durch das neue Energieleitungsausbaugesetz [EnLAG] zur Beschleunigung des Ausbaus der Hochspannungsnetze nunmehr planfestgestellt und dadurch wesentlich schneller realisiert werden kann. Allerdings weist auch die Erdverlegung aufgrund der erheblichen Flächeninanspruchnahme (s. Bild 2) und der Notwendigkeit, die Zugänglichkeit zu diesen Flächen permanent gewährleisten zu müssen, erhebliche Nachteile auf, um als Ideallösung gelten zu können.
Eine vergleichende Betrachtung der der beiden Verlegemethoden in Bezug auf deren Kosten und Auswirkungen auf Natur und Umwelt ermöglichen im Folgenden die Tabelle 1 und Tabelle 2:
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Freileitung 380 KV Erdkabel 380 KV Investitionskosten Circa 1,2 bis 1,5 Mio. €/km für eine Freileitung mit 2300 MVA gesichert 6 bis 8 Mio. € /km für ein Erdkabel mit 2300 MVA gesichert Betriebskosten 3.000 €/km und Jahr Circa 1.000 € /km und Jahr Kosten Stromverluste Bis zu 153.000 €/km und Jahr (abhängig von der tatsächlichen Übertragungsleistung) Bis zu 68.000 €/km und Jahr (abhängig von der tatsächlichen Übertragungsleistung) Gesamtkosten Neuere Studien zeigen, dass Erdkabel gegenüber Freileitungen über die gesamte Lebenszeit zwei- bis fünfmal teurer sind als Freileitungen. Bei Zwischenverkabelungen liegt der Kostenfaktor weitaus geringer.Bei Leitungen von 220 kV, 110 kV oder weniger ist der Kostenfaktor wesentlich geringer und kann auch unter Eins liegen. -
Freileitung 380 KV Erdkabel 380 KV Magnetisches Feld 40 Meter von der Trassenmitte entfernt übersteigt das magnetische Feld den Wert von 1 Mikro-Tesla (µT)* nicht mehr. Einen Meter über dem Boden gibt es ein höheres magnetisches Feld als direkt unter einer entsprechenden Freileitung. Es schwächt sich aber zur Seite hin schnell ab; schon wenige Meter von der Trassenachse entfernt beträgt es weniger als 1 µT. * Die Einheit Tesla (T) beschreibt die Größe der magnetischen Flussdichte. Diese wird auch als magnetische Induktion bezeichnet, umgangssprachlich und unpräzise manchmal auch als Magnetfeld. Sie bezeichnet die Flächendichte des magnetischen Flusses, der durch ein bestimmtes Flächenelement hindurch tritt. Der gesetzlich zugelassene Grenzwert liegt bei 100 µT (26. BImSchV). Flächenbelastung 50 Meter hohe Gittermaste mit einer Breite von 31 Metern bei der Übertragung von 2.300 MVA; Die gesamte Trasse hat eine Breite von 70 Metern. Für die gesicherte Übertragung von 2300 MVA ist ein Kabelgraben von 8 m bis 10 m Breite erforderlich. Die gesamte Trasse ist etwa 10 Meter breit. Nach den Bauarbeiten kann der Streifen überwuchern und auch landwirtschaftlich genutzt werden, muss aber von Bäumen freigehalten werden. Der Baustellenbereich muss 20 Meter breit sein und einen Arbeitsbereich mit tragfähigem Untergrund (Fahrstraße) haben. Grund: Die eingesetzten Kabeltrommeln wiegen circa 40 Tonnen. Ökologische Auswirkungen Die Leitungen können eine tödliche Unfallgefahr für Vögel vor allem in Brut-, Rast- und Zuggebieten darstellen. Durch die Wärmeabgabe der Kabel kann der Boden in unmittelbarer Kabelnähe (cm-Bereich) austrocknen. Die Erdoberfläche über dem Kabelgraben kann sich im Pflanzbereich um bis zu 2º C erwärmen. Die Verlegung stellt einen Eingriff in die Natur dar. Landschaftsbild Das Landschaftsbild wird weithin sichtbar durch Masten und Überlandleitungen geprägt. Die Erdkabel müssen zugänglich und frei von tief wurzelndem Bewuchs bleiben. Deshalb sind Erdkabel-Trassen in Waldgebieten als Schneise sichtbar. In Feldern, Wiesen und offenen Landschaften ist der Verlauf spätestens ein Jahr nach Ende der Kabelverlegung nicht mehr zu erkennen.
Basierend auf den Ergebnissen der vergleichenden Betrachtung in den Tabellen 1 und 2 erweist es sich als notwendig, nach einer neuen Lösung zu suchen, die den Interessen des Bundes in Bezug auf Versorgungssicherheit und Zukunftsfähigkeit, den Interessen der Netzbetreiber nach betriebswirtschaftlich günstigen und sicheren und den Interessen der Bürger hinsichtlich Reduzierung der Auswirkungen auf Natur und Umwelt maximal gerecht wird.
Eine derartige Lösung sollte nicht nur an den Investitionskosten, sondern auch an den Gesamtkosten, resultierend aus Planungs- und Genehmigungskosten, Baukosten, Betrieb- und Unterhaltskosten, und an den volkswirtschaftlichen Folgekosten (soziale Kosten) gemessen werden. Aus Sicht der Autoren empfehlen sich hier Zwischenverkabelungen mit dem Konzept „PowerTubes“.
3 PowerTubes
Im Folgenden wird das innovative Kabel- und Installations-System „PowerTubes“ [Brakelmann/Stein, 2011] vorgestellt, das auch bei Zwischenverkabelungen höchsten Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit zur Erhöhung des Übertragungsvermögens sowie an die Zuverlässigkeit zur Minderung der Ausfallraten der Kabelsysteme gerecht wird. Es basiert zum einen in der Regel auf der Mehrfachverlegung, d. h. der gemeinsamen Verlegung von zwei oder mehr Kabelsystemen in einer gemeinsamen baulichen Hülle, die auch die unterirdische Verlegung mit Verfahren des grabenlosen Leitungsbaus (auch „geschlossene Bauweise“ genannt) erlauben, und zum anderen auf einer speziellen elektrotechnischen Auslegung der Kabel unter Berücksichtigung hoher Redundanzen durch [Brakelmann/Waschk, 2011], [Brakelmann/Stein/Waschk, 2011]:
- Kapselung der Kabel zwecks Koaxialbetrieb, Beseitigung betrieblicher Probleme in der baulichen Hülle (Explosions- und Brandgefahr, Magnetfelder, mechanische Kräfte) und Vermeidung von Cross-Bonding-Problemen, z. B. beim Einsatz der Reserveadern,
- Einsatz von Reserveadern, die beliebig angeordnet sein können sowie
- Umschaltmöglichkeiten der Reserveadern in den Übergangsfeldern.
3.1 Konstruktive Lösungsansätze
PowerTubes können, je nach örtlichen Anforderungen, in verschiedenen Varianten ausgeführt werden – jeweils mit und ohne Kühlung sowie mit und ohne zusätzliche magnetische Schirmung.
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Verlegung im Mantelrohr (z. B. Stahlrohr-Kabelsystem)
Hierbei sorgt ein äußeres Stahlrohr in Wechselwirkung mit Kompensationsleitern für eine nahezu ideale magnetische Schirmung (Bild 3). Mit einer Nennweite bis z. B. 1.200 mm übernimmt das Stahlrohr die Funktion des Mantelrohres, d. h. die der baulichen Hülle. Es dient zur Aufnahme des Kabelsystems und der Belastungen im Bau- und Betriebszustand. Der vom Mantelrohr aufzunehmende Teil einer Kabelanlage besteht beispielsweise aus zwei in je einem Schutzrohr aus Kunststoff geführten Kabeln, einer elektromagnetischen Abschirmung (Kompensationsleiter), einer inneren thermischen Stabilisierung und optionalem Kühlrohr. Für den Einbau des Kabelsystems in das Mantelrohr bieten sich sowohl die Bündel- als auch die Blockverlegung an. Die verbleibenden Zwischenräume werden mit einem hochleitfähigen Verfüllmaterial [Brakelmann u.a., 2011] geschlossen.
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Verlegung im Leitungskanal
Leitungskanäle sind unterirdische Anlagen zur geordneten Verlegung von Kabelsystemen und anderen zugehörigen Rohrleitungen unter Einbeziehung der baulichen Hülle zur Kabel-/Leitungsbefestigung und -unterstützung. Um die Möglichkeit eines späteren Zugriffs auf die Kabel zu erhalten, werden die verbleibenden Zwischenräume nicht verfüllt [Stein, 2003].
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Verlegung im begehbaren Leitungsgang
Beim begehbaren Leitungsgang handelt es sich um eine geschlossene, langgestreckte, begehbare bauliche Anlage zur zugänglichen Verlegung von Ver- und/oder Entsorgungsleitungen sowie von Kabeln [Stein u.a., 2002].
Der PowerTubes-Leitungsgang dient ausschließlich der zugänglichen Aufnahme von Kabeln bzw. Kabelsystemen, wobei die erforderlichen lichten Bauwerksabmessungen von folgenden Faktoren bestimmt werden:
- Begehbarkeit,
- Anzahl und Abmessungen der unterzubringenden Kabel (einschließlich der Forderung nach Reserveräumen entsprechend der erwarteten Bedarfsentwicklung),
- sicherheits- und betriebsbedingte Abstände der Kabel sowie
- bau- und montagetechnisch notwendige Abstände der Kabel.
Zur Gewährleistung der Begehbarkeit müssen Leitungsgänge eine lichte Durchgangshöhe von ≥ 1.800 mm und eine lichte Breite von ungefähr 800 mm besitzen [Stein u.a., 2002]. Vorschläge für einen Powertubes-Leitungsgang mit zwei und vier Kabelsystemen enthält Bild 4.
Der kreisförmige Einkammerquerschnitt des PowerTubes-Leitungsgangs mit vier Kabelsystemen besitzt einen lichten Durchmesser von nur rund 3.000 mm. Möglich wird dies durch die eingangs aufgezeigten innovativen anlagentechnischen Maßnahmen und hier insbesondere durch die Kapselung in beidseitig miteinander kurzgeschlossenen Aluminiumrohren. In diesem Kontext werden auch die technischen Komplikationen eliminiert, die bis dato typischerweise bei der Kabelverlegung in Leitungsgängen aufgetreten sind. Diese zentralen Probleme lauteten bisher:
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Das mechanische Haltesystem muss für sehr große Kurzschlusskräfte ausgelegt werden.
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Die Kurzschlusskräfte zwischen den Kabeln nehmen umgekehrt proportional zu ihrem Abstand zu, so dass üblicherweise Abstände von 0,5 m und mehr zwischen den Kabeladern eingehalten werden müssen.
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Im Leitungsgang herrschen aufgrund der Nähe zu den Kabeln große Magnetfeldstärken. Dies ist im Hinblick auf die gegebenen Grenzwerte bei Arbeiten im Leitungsgang zu beachten.
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Wegen dieser hohen Magnetfelder werden in parallel geführte metallene Leiter, z. B. Beleuchtungssysteme, Längsspannungen induziert. Aus diesem Grund wird beispielsweise in einem Tunnel bei einer Muffenreparatur während der Schweißarbeiten am Leiter das benachbarte System abgeschaltet.
- Im Fall eines Kabeldurchschlags besteht die Gefahr, dass sich im Leitungsgang eine Druckwelle ausbreitet. Zudem kann das Magnetfeld des Kurzschlussstroms extreme, stoßartige Kräfte auf benachbarte Metallteile (z. B. Schraubenschlüssel) ausüben, so dass Personengefährdung besteht. Wird das Arbeiten im Leitungsgang nicht zugelassen, während Kabelsysteme dort unter Spannung stehen, so bedeutet dies für jedes nach dem (n-1)-Prinzip ausgelegte Kabel-Doppel- oder Vierfachsystem, dass mindestens ein Zweikammer-Leitungsgang oder zwei Einkammer-Leitungsgänge erforderlich werden.
Doch diese Aspekte verlieren beim PowerTubes-Konzept deutlich an Brisanz: Die zur Kapselung der Kabel im Leitungsgang dienenden Aluminiumrohre werden in bestimmten Abständen miteinander elektrisch verbunden und geerdet. Damit bilden sie ein Rückleitersystem, in das hinein die Leiterströme der Kabel Gegenströme induzieren, die eine erhebliche Schwächung des magnetischen Feldes herbeiführen (ähnlich wie bei gasisolierten Leitungen). Durch diese Kapselung werden die obengenannten Aspekte der Sicherheit, der Magnetfelder und Kurzschlusskräfte sowie der induzierten Spannungen im Leitungsgang gelöst.
Da sich jedes Kabelader-/Rohr-System nach außen näherungsweise über die Stromsumme Null auswirkt, bleibt der Raum außerhalb der Al-Rohre nahezu feldfrei. Die Kurzschlusskräfte werden vernachlässigbar klein, so dass der Aufwand für die Befestigungssysteme gering bleiben kann und die Kabeladern bzw. die Rohre verhältnismäßig eng angeordnet werden dürfen. Dadurch wird es möglich, mehr Kabelsysteme als bisher in einem Leitungsgang unterzubringen und in der Regel mit nur einem Einkammerquerschnitt auszukommen. Durch ein geeignetes, gut wärmeleitendes Füllmaterial kann für eine gute Abfuhr der Kabelverluste an die strömende Luft im Leitungsgang gesorgt werden. Hierfür kommt beispielsweise das Material CableCem [Brakelmann u.a., 2011] infrage [Brakelmann/Stein/Waschk, 2011].
Selbst der zunächst auftretende Nachteil, dass auch im Normalbetrieb näherungsweise die Leiterströme (gegensinnig) auch in den Al-Rohren fließen und Zusatzverluste verursachen, lässt sich sehr gut kompensieren, indem man AI-Rohre mit größerer Wanddicke verwendet.
Allerdings können durch eine entsprechend große Wanddicke der Al-Rohre die Zusatzverluste stark begrenzt werden. Da diese Verluste direkt im Grenzbereich zur im Leitungsgang strömenden Umgebungsluft auftreten, verursachen sie nur eine verhältnismäßig geringe Minderung der Strombelastbarkeit. Bei stationärer Betrachtung führen die induzierten Gegenströme in den beidseitig kurzgeschlossenen Aluminiumrohren dazu, dass die drei Phasen eines Kabelsystems keine wesentlichen Kräfte aufeinander ausüben, da der Raum außerhalb der Al-Rohre nahezu feldfrei bleibt.
Die Frage nach dem Zeitverhalten der Kompensationsströme bei Stoßstrombeanspruchung wurde in [Brakelmann/Waschk, 2011] diskutiert. Im dort betrachteten Beispiel werden durch die als Rückleiter wirkenden Aluminiumrohre die nach außen wirksamen transienten Ströme auf etwa 25 % und die aus diesen Strömen resultierenden Kräfte auf die Aluminiumrohre auf nur 6 % der ursprünglichen Größe verringert. Entsprechend einfacher kann das Befestigungssystem ausgeführt werden [Brakelmann/Stein/Waschk, 2011].
Von allen infrage kommenden Installationsarten bietet daher die Anordnung der Kabelsysteme in einem PowerTubes-Leitungsgang die meisten Vorteile, wobei besonders der ideale mechanische Schutz, die leichte Überwachung, Nachrüstbarkeit sowie schnelle Fehlersuche und Reparatur der Kabel hervorzuheben sind (siehe Tabelle 3). So führt nach der Cigré-Ausfallstatistik [CIGRE] allein die Vermeidung äußerer mechanischer Einwirkungen auf die Kabel (durch Bagger, Erdbohrer o.ä.) nahezu zu einer Halbierung der Ausfallraten [Brakelmann/Stein/Waschk, 2011].
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+ hohe Lebensdauer des Leitungsgangs (100 bis 200 Jahre) + Idealer mechanischer Schutz der Kabel (= hohe Verfügbarkeit) + Einfache, problemlose Verlegung + Nachrüstbarkeit der Kabelanlage, z. B. spätere Verlegung oder Austauschen (Retrofitting) von Kabelsystemen, auch spätere Ertüchtigung von Kabeln durch Nachrüsten mit Kühlsystem u. a. möglich + Schnelle Fehlersuche und Reparatur der Kabel (= hohe Verfügbarkeit) + Reparaturen und Wartungen ohne Erdarbeiten, Flurschäden etc. + Mehrfach-Nutzung durch unterschiedliche Systeme (Strom, Kommunikation, Wasser etc.) + Zusatzleiter zur magnetischen Schirmung sind leicht mitzuführen + Einfaches Temperatur-Monitoring + Kühlung der Kabel leicht zu realisieren durch natürliche Konvektion, durch Zwangsbelüftung oder durch (ggf. später eingebaute) Wasserkühlung + Abschnittsweise Kühlung leicht zu realisieren (z. B. von Muffen) + Wärmerückgewinnung möglich + Verlustsenkung bzw. Wirkungsgradsteigerung durch Kühlung + Höhere Leistungsreserven/Überlastbarkeiten durch Kühlung + Keine wesentliche thermische Bodenbelastung + Humanisierung des Arbeitsplatzes (bequemer Zutritt) sowie Unabhängigkeit der Wartungsarbeiten an den Systemen von Witterungsbedingungen und/oder Vegetationsperioden
Die Möglichkeit der Übertragung des PowerTubes-Leitungsgangs mit den in Tabelle 3 aufgeführten Vorteilen auf den Bau neuer Höchstspannungstrassen wurde bisher nicht beachtet, insbesondere aufgrund befürchteter erheblicher technischer, verwaltungstechnischer und rechtlicher Schwierigkeiten. Ferner herrscht offenbar die Auffassung, dass ein Leitungsgang niemals die erheblichen finanziellen Mehraufwendungen „erwirtschaften" kann, welche die Errichtung einer zusätzlichen baulichen Hülle mit sich bringt. Doch diese strikte Einstellung ist unbegründet, wie eine Greenpeace-Studie [Leprich, 2008] gezeigt hat: Bereits die mit der Zwischenverkabelung einher gehende Verfahrensbeschleunigung ist bereits in der Lage, die Mehrkosten des PowerTubes-Konzepts zu kompensieren.
Die bauliche Hülle des PowerTubes-Leitungsgangs kann in offener, halboffener und in geschlossener Bauweise hergestellt werden. Den größten Spielraum bezüglich der Trassenwahl insbesondere in Gebieten mit vorhandener Bebauung und vorhandenen Leitungen bietet die geschlossene Bauweise. Sie ermöglicht es, in bebauten Gebieten die Linienführung am Verlauf von Verkehrswegen wie Straßen, Geh- und Radwege u.s.w., zu orientieren [Stein u.a., 2002]. Für den vorliegenden Anwendungsfall (d. h. für PowerTubes-Leitungsgänge mit kreisförmigem Querschnitt, Nennweiten bis 3,5 m und Überdeckungen ≥ 3,0 m) bietet sich insbesondere der umweltschonende gesteuerte Rohrvortrieb an, der schon seit geraumer Zeit weltweit beim Bau von Abwasserkanälen erfolgreich eingesetzt wird. Durch den Einsatz des gesteuerten Rohrvortriebs und durch den relativ geringen Durchmesser kann der PowerTubes-Leitungsgang im öffentlichen Straßenraum problemlos neben oder unter bestehenden Infrastruktureinrichtungen verlegt werden.
Technische Probleme beim Bau und Betrieb begehbarer Leitungsgänge können nach [Stein u.a., 2002], [Stein u.a., 1997], [Klemmer/Köhler, 1997], [Girnau, 1968], [GSTT] als ausgeräumt betrachtet werden. Eine Vielzahl von Anlagen wird seit Jahrzehnten privatwirtschaftlich betrieben, ohne dass gravierende Mängel aufgetreten sind; bedeutende Schadensfälle sind nicht bekannt. Die Forderung nach möglichst kleinen Leitungsgangquerschnitten zur Reduzierung der Baukosten wird durch das erläuterte innovative PowerTubes-Konzept erfüllt. Bauverfahrenstechnisch bedeutet dies die Abkehr von klassischen Großtunneltechniken, wie z. B. dem Schildvortrieb mit Tübbingausbau [Stein, 2003], hin zum gesteuerten Rohrvortrieb.
3.2 Gesteuerter Rohrvortrieb
Beim Rohrvortrieb werden von einem Startschacht aus Vortriebsrohre mithilfe einer Pressstation durch den Untergrund bis in den Zielschacht vorgetrieben (Bild 6). Der anstehende Boden wird an der Ortsbrust mechanisch abgebaut und durch den Rohrstrang nach über Tage transportiert. Das Rohrvortriebsverfahren entspricht im Leitungsbau dem Stand der Technik. Eine Computersteuerung erlaubt den zentimetergenauen Vortrieb von Rohrsträngen auf einer Distanz von bis zu zwei Kilometern und mehr (abhängig von der Rohrnennweite). Die Vorteile des Rohrvortriebs sind:
- Geringer Oberflächenbedarf, zeitlich begrenzt auf die Start- und Zielschächte
- Geringe Störung der Anwohner sowie des ruhenden und fließenden Verkehrs
- Vermeidung von Schäden an angrenzenden Bauwerken, Bewuchs und Leitungen
- Kurvenfahrten und Langstreckenvortriebe sind möglich
- Hohe Zielgenauigkeit durch präzise, computergestützte Steuerungssysteme
- In nahezu jeder Tiefenlage, Geologie und Hydrogeologie einsetzbar
- Keine Grundwasserabsenkung während der Bauzeit erforderlich
- Kostengünstig mit hoher Vortriebsgeschwindigkeit (15 bis 20 m/Tag)
3.3 Runter, unter die Straße
Die Anwendung von PowerTubes-Leitungsgängen in bebauten Gebieten unterhalb von Straßen kann nicht nur den Genehmigungsprozess erheblich abkürzen, sondern auch die Gesamtkosten durch den Wegfall von Ausgleichsmaßnahmen und -zahlungen stark reduzieren. Bei diesen Vorteilen stellt sich die Frage, warum eine Nutzung dieses Bauraumes nicht favorisiert wird? Hierzu ist zu beachten, dass Straßen nicht immer schnurgerade sind, sondern aus den Trassierungselementen Gerade, Kreis und Übergangsbogen bestehen. Das Auffahren von Kurven, S-Kurven bis hin zu Raumkurven stellt den konventionellen Rohrvortrieb vor Grenzen.
Grund hierfür sind die starken Beanspruchungen der Vortriebsrohre bei Kurvenvortrieben. „Die Kette reißt am schwächsten Glied“ – angewendet auf den Rohrstrang als „Gelenkkette“ identifiziert dieser bekannte Satz die Rohrverbindung als das schwächste Glied. Die zentrale statische Problematik beim Rohrvortrieb ist die Übertragung der Vortriebskräfte von Rohr zu Rohr. Insbesondere bei Stahlbetonrohren krümmt sich bei Kurvenfahrten und Steuerbewegungen der Rohrstrang nicht kontinuierlich, sondern das „steife“ Rohr bleibt weitgehend gerade, und in den Rohrverbindungen entstehen Abwinkelungen, die an unterschiedlichen Fugenspaltbreiten über den Umfang der Rohrverbindung erkennbar sind. Ist die Abwinkelung groß genug, bildet sich eine klaffende Fuge (Bild 7), wodurch sich die Druckübertragungsfläche verkleinert und die Kontakt-Druckspannungen zwangsläufig ansteigen.
Der Druckübertragungsring (DÜR) mildert diesen Effekt (s. Bild 7). Er wirkt spannungsreduzierend, da er sich aufgrund der geringeren Steifigkeit des Holzes oder Holzproduktes verformen kann und damit die zur Kraftübertragung verfügbare Kontaktfläche an den Rohrspiegeln vergrößert [Beckmann u.a., 2005], [Vogler, 2002], [Buchhardt, 2002], [Beckmann, 2006]. Je größer die Kräfte sowie die Anzahl und das Maß der Steuerbewegungen, desto stärker wird der Druckübertragungsring weit über seine Elastizitätsgrenze hinaus beansprucht. Es entstehen plastische Stauchungen, die nicht reversibel sind und somit auch nach einer Entlastung bestehen bleiben (Bild 8). Im Laufe einer Vortriebsmaßnahme wird jeder Druckübertragungsring vielfach be- und entlastet, wobei sich zudem ständig die Abwinkelung ändert. Er verändert dadurch seine Geometrie und verliert zunehmend seine lastverteilende Wirkung; er „verhärtet“.
Um über Streckenlängen von bis zu 2.000 m der Trasse von Straßen problemlos folgen zu können, wurden in den letzten Jahren neue Konzepte und Lösungen sowohl für ein Qualitätsmonitoring als auch für eine möglichst vollflächige Kraftübertragung von Rohr zu Rohr entwickelt.
3.3.1 Monitoring von Rohrvortriebsmaßnahmen
Um eine hohe Lebensdauer von 100 und mehr Jahren für einen PowerTubes-Leitungsgang zu erreichen, müssen währen der Bauphase Schäden an den Rohren und insbesondere an der nicht sichtbaren Rohraußenseite ausgeschlossen werden. Eine klassische Bauüberwachung, die sich auf die Auswertung von Steuerprotokollen des Maschinenführers und auf die Inaugenscheinnahme des Bauwerkes beschränkt, reicht nicht aus, um die Forderung einer langen Lebensdauer gewährleisten zu können. Hier bedarf es des Einsatzes von Monitoringsystemen, wie dem von der S & P Consult GmbH (Bochum) entwickelten statischen Monitoringsystem CoJack. Mit diesem System [Beckmann u.a., 2005], [Beckmann, 2006] steht ein praxisgerechtes und leistungsfähiges Instrument zur Erhöhung der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von Rohrvortrieben zur Verfügung.
Es berücksichtigt alle relevanten Eingangsparameter, die einen hohen Einfluss auf die Rohrbeanspruchung haben und in den bisherigen Berechnungsverfahren vernachlässigt werden. Mit diesem Programm war es erstmalig im Jahr 2004 möglich, die ständig wechselnden Beanspruchungen von Rohren während des Vortriebes über eine statische Simulation zu ermitteln und darzustellen. Mit dem Monitoringsystem werden die Beanspruchungen der Vortriebsrohre aus GFK und Stahlbeton an den Stirnflächen zu jedem Zeitpunkt des Vortriebes in Abhängigkeit von der Belastungsgeschichte des Druckübertragungsringes bestimmt, und es wird eine stets aktualisierte Prognose für die Rohrbeanspruchungen auf dem noch anstehenden Vortriebsteilabschnitt (Reststrecke) errechnet. Berücksichtigt werden dabei alle wesentlichen Eingangsparameter und speziell das nichtlineare Steifigkeitsverhalten des Druckübertragungsringes aus Holz oder Holzwerkstoff, das sich bekanntlich unter der ständig wechselnden Belastung im Laufe des Vortriebes (Belastungshistorie) stark zur unsicheren Seite hin verändert [Beckmann, 2006]. Auf dieser Basis ermöglicht CoJack insbesondere:
- die Ermittlung der Beanspruchung der Rohre infolge von Einwirkungen in Richtung der Rohrachse
- für jedes Rohr und zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Vortriebes,
- die sichere Nutzung erhöhter Vortriebskräfte im Bedarfsfall,
- die sichere Fortsetzung des Vortriebes nach Steuerfehlern und nach Überschreitungen der Vortriebskraft,
- Betrachtung und Bewertung von Szenarien bezüglich der Entwicklung der Vortriebskraft und der Steuerung auf der noch aufzufahrenden Vortriebsstrecke (Reststrecke),
- eine lückenlose, vollständige und insbesondere nachvollziehbare Dokumentation des Vortriebes sowie
- ständige und ortsunabhängige Beobachtung der Vortriebsdaten in grafisch aufbereiteter Form im Internet (mit Zugangsberechtigung).
Das große Interesse an einer Erhöhung der Kontrollierbarkeit (und folglich auch an der Sicherheit) von anspruchsvollen Vortriebsmaßnahmen insbesondere seitens der Bauherren, aber auch seitens der Baufirmen, führte zu einer steigenden Nachfrage an dieser Dienstleistung im In- und Ausland. Dadurch konnten wichtige Praxiserfahrungen gewonnen werden, die ihrerseits eine praxisgerechte Weiterentwicklung und Optimierung von CoJack ermöglichten. Inzwischen erstreckt sich der Einsatz von CoJack auf alle drei wichtigen Phasen von Vortriebsmaßnahmen: Planung, Überwachung und Abnahme. Im Rahmen der Überwachung von laufenden Rohrvortriebsprojekten ist CoJack auf präzise und aktuelle Messwerte von der Baustelle angewiesen.
Hierfür wurden spezielle Messsysteme entwickelt, deren Sensorik kontinuierlich und automatisch die Vortriebsparameter aufnimmt, archiviert und an einen mit dem Internet verbundenen Server überträgt (Bild 9). Dort werden die Daten vom statischen Kontrollprogramm CoJack abgerufen, und es erfolgt eine Visualisierung der Messdaten sowie der Berechnungsergebnisse. Damit ist gewährleistet, dass die Informationen zeitnah in aufbereiteter Form zur Verfügung stehen, und es wird sogar möglich, den Vortrieb online in Echtzeit zu verfolgen und auf Veränderungen frühzeitig zu reagieren.
Die integrierte Aufzeichnung der aktuell anliegenden Pressenkräfte an Haupt- und Dehnerstationen ermöglicht die lückenlose und übersichtliche Dokumentation der online ermittelten Kräfte in Bezug auf einen bestimmten Zeitpunkt und/oder eine bestimmte Vortriebsstation.
Die Messsysteme arbeiten vollkommen autark (d. h. unabhängig vom installierten Steuerleitsystem) und können somit auf jeder Vortriebsbaustelle unmittelbar nach Vortriebsbeginn installiert werden. Dazu wird lediglich ein Zeitfenster von circa fünf Stunden benötigt, in dem nicht vorgetrieben werden kann, wobei die Installation natürlich in die Vortriebspausen in der Nacht oder am Wochenende gelegt werden kann, so dass die eigentlichen Vortriebsarbeiten gar nicht erst beeinflusst werden.
Die Sensorik besteht in der Regel aus den folgenden Komponenten:
- Wegsensoren zur Messung ausgewählter Rohrfugen (s. Bild 10 und Bild 11)
- Wegsensoren zur Messung der Rohrverkrümmung (nur bei GFK-Rohren, s. Bild 11)
- Drucksensoren zur Messung der Drücke an den Pressstationen (s. Bild 13)
- Wegsensoren zur Messung der Ausfahrung der Pressstationen (s. Bild 13)
- Messrad zu Bestimmung der zurückgelegten Vortriebsstrecke (s. Bild 12)
In die Hydraulikleitungen an der Hauptpressstation und den Dehnerstationen (Zwischenpressstationen) werden Drucksensoren eingebunden (s. Bild 13). Diese erfassen die tatsächlich aufgebrachten Drücke, woraus das Fugenmesssystem die daraus resultierenden Kräfte der jeweiligen Pressen berechnet.
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Alle Messdaten werden über ein einziges Datenkabel und die Controller Unit an den Systemrechner übertragen und dort angezeigt. Die Abspeicherung erfolgt individuell wählbar zeit- oder stationsabhängig bzw. in Abhängigkeit der Dehner- oder Hauptpressenbewegungen.
3.3.2 Vollflächige Kraftübertragung von Rohr zu Rohr mittels „Hydraulischer Fuge“
Eine entscheidende Entwicklung für den sicheren und wirtschaftlichen Bau von PowerTubes-Leitungsgängen ist der fluidgefüllte, hochdruckfeste Schlauch, nachfolgend als „Hydraulische Fuge“ bezeichnet, welcher seitens der Prof. Dr.-Ing Stein & Partner im Jahre 2003 zum europäischen Patent angemeldet wurde und unter der Patentnr. EP 1 413 708 B1 einsehbar ist.
Die hydraulische Fuge wird anstelle des herkömmlichen Druckübertragungsringes (DÜR) im Fugenspalt zwischen zwei Rohren angeordnet. Sie besteht aus einem druckfesten Schlauch, der durch Einfüllen einer Flüssigkeit expandiert wird, bis es einen kraftschlüssigen Kontakt zwischen den beiden jeweiligen benachbarten Rohrstirnflächen gibt (s .Bild 14). Damit steht im Gegensatz zu den konventionellen Druckübertragungsringen (z. B. aus Holz), die stets als Festkörper mit elastischen und plastischen Werkstoffeigenschaften zu betrachten sind, immer ein Höchstmaß an Kontaktfläche und damit die maximale Vortriebskraft zur Verfügung.
Durch die Entwicklung der hydraulischen Fuge zur gleichmäßigen Kraftübertragung sind Langstreckenvortriebe und das Auffahren von Raumkurven möglich. Ihre Vorteile und ihr erheblicher Einfluss auf die Reduzierung von Baukosten sind der Tabelle 4 zu entnehmen.
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+ Höhere zulässige Vortriebskräfte in engen Kurven Aufgrund der stark nichtlinearen Werkstoffeigenschaften von Holz mit einem hohen plastischen Anteil muss bei Vortrieben mit engen Kurven und insbesondere bei S-Kurven die Vortriebskraft erheblich abgesenkt werden. Bei einem fluidgefüllten Druckübertragungsmittel ändert sich die zulässige Vortriebskraft in Kurven gegenüber der geraden Strecke nur geringfügig, so dass bei en-gen Kurven höhere Vortriebskräfte zugelassen werden können. - Höhere Vortriebsgeschwindigkeit durch weniger häufige Nutzung der Zwischenpressstationen
- Einbau von weniger Zwischenpressstationen erforderlich
- Anforderungen an die Dimensionierung der Rohre sinkt
- Höhere Reserven bei großen Vortriebswiderständen
+ Spätere Aktivierung von Zwischenpressstationen Durch die genaue Kenntnis der Längskraft und der Rohrbeanspruchung an jeder Messfuge und durch die ggf. höhere zulässige Vortriebskraft kann die Aktivierung von Zwischenpressstationen verzögert oder sogar vermieden werden, wodurch die Vortriebsgeschwindigkeit steigt. - Höhere Vortriebsgeschwindigkeit durch weniger häufige Nutzung der Zwischenpressstationen
+ Einsparung von Baugruben Durch die größeren Vortriebskräfte bei Vortrieben mit engen Kurven und insbesondere durch die Möglichkeit, sehr enge Kurven überhaupt zu realisieren, lassen sich unter bestimmten Bedingungen Baugruben einsparen. Insbesondere Baugruben mit der einzigen Funktion einer Richtungsänderung sind vielfach entbehrlich. - Kosteneinsprung durch Wegfall von Bau-gruben
+ Erhöhung der Rohrlängen Durch die größere Abwinkelbarkeit der Rohrfugen bei gleicher Vortriebskraft kann die Rohrlänge vergrößert werden, was insbesondere bei hochwertigen Rohrverbindungen (Edelstahl) Kosten spart und die Anzahl potentieller Schwachstellen (Dichtung) verringert. - Niedrigere Preise für die Rohre pro Meter Rohrstrang
+ Flexiblere Linienführung Durch die Möglichkeit, beliebige S-Kurven und enge Kurvenradien ohne Reduzierung der zulässigen Vortriebskraft aufzufahren, ergeben sich weniger Zwangspunkte bei der Planung der Vortriebsstrecke. Die Linienführung wird in der Planung flexibler. - Einfachere Planung durch weniger Einschränkungen bei der Wahl der Linienführung
- Längere Vortriebsabschnitte
- Wegfall von Baugruben
+ Sekundäres Dichtsystem Beim Verbleib der Schläuche im Rohrstrang können sie unter Verwendung eines quellfähigen Füllmaterials als sekundäre Dichtung dienen. Das Einstemmen einer Innendichtung wird überflüssig. - Entfall des Einbaus einer Sekundärdichtung
+ Wiederverwendung der Schläuche Die Schläuche können nach dem Vortrieb problemlos entnommen und wieder verwendet werden. - Keine Kosten für neue Schläuche und Armaturen
3.3.3 Minimierung des Baugrundrisikos
Eine weitere, noch laufende Entwicklung zur Ertüchtigung von Langstreckenvortrieben unter Straßen betrifft die Homogenisierung des Baugrundes. Der bekannte Spruch des Bergmannes „Vor der Hacke ist es dunkel!“ steht als Synonym für die Unkenntnis des Planers oder Bauunternehmers in Bezug auf Art und Beschaffenheit des noch nicht abgebauten bzw. noch nicht durchörterten Baugrundes. Auch wenn im Rahmen des Baus eines PowerTubes-Leitungsgangs geotechnische Untersuchungen des Baugrundes zum Zweck „Licht ins Dunkle zu bringen“ notwendig sind, bleibt ein sogenanntes „Baugrundrisiko“. In der DIN 4020 [DIN4020:2010] ist der Begriff wie folgt definiert: „…ein in der Natur der Sache liegendes, unvermeidbares Restrisiko, das bei Inanspruchnahme des Baugrundes zu unvorhersehbaren Wirkungen bzw. Erschwernissen, z. B. Bauschäden oder Bauverzögerungen, führen kann, obwohl derjenige, der den Baugrund zur Verfügung stellt, seiner Verpflichtung zur Untersuchung und Beschreibung der Baugrund- und Grundwasserverhältnisse nach den Regeln der Technik zuvor vollständig nachgekommen ist, und obwohl der Bauausführende seiner eigenen Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist.“
Inhomogenitäten im Baugrund können insbesondere für die Schmier- und Stützflüssigkeit (z. B. Bentonitsuspension), die sich im Ringspalt zwischen Vortriebsrohr und dem umgebenen Boden befindet, kritisch sein, da es hierdurch zu einem Abfluss dieser Flüssigkeit kommen kann. Die Konsequenzen sind ein Anstieg der Reibungskräfte und damit die Notwendigkeit, höhere Vortriebskräfte zu applizieren, wodurch die Gefahr der Rohrbeschädigung wächst. Zur Reduzierung dieses Risikos wurde eine Entwicklung initiiert, die eine Prüfung der Durchlässigkeit des Baugrundes direkt an der Vortriebsmaschine zum Zweck der bedarfsorientierten Injektion des Baugrundes ermöglicht:
Die Speisung der Schmier-/Stützflüssigkeit wird dauerhaft überwacht und bei ungewöhnlichem Druckverlust wechselt man auf einen zweiten Flüssigkeitskreislauf, der mit einem speziellen Injektionsgemisch gespeist wird. So wird der kritische Baugrund homogenisiert und der Druckverlust nähert sich umgehend wieder dem Normalwert. Anschließend wechselt das System wieder auf den herkömmlichen Schmier-/Stützflüssigkeitskreislauf und der Vortrieb kann fortgesetzt werden. Infolge dessen kann die für den Rohrvortrieb notwendige Schmierung des Rohrstranges auch in inhomogenem Baugrund schnell und einfach sichergestellt werden. Es liegt auf der Hand, dass insbesondere für Langstrecken- und Kurvenvortriebe sowie für Vortriebe im Festgestein durch dieses Verfahren ein erheblicher Sicherheitsgewinn erzielt wird – und das mit allenfalls minimalem zeitlichem Mehraufwand.
4 Zusammenfassung
Der Bau von PowerTubes-Leitungsgängen unterhalb öffentlicher Straßen stellt eine anspruchsvolle Ingenieursaufgabe dar. Noch vor wenigen Jahren war die Rohrvortriebstechnik nicht weit genug entwickelt, um Langstreckenvortriebe mit mehreren Raumkurven sicher auffahren zu können. Doch durch die im vorliegenden Beitrag vorgestellten Entwicklungen sind diese Anwendungsbeschränkungen eliminiert geworden. Damit steht dem Bund und den Netzbetreibern die planerische Freiheit zur Verfügung, den öffentlichen Untergrund (unterhalb von Straßen, Radwegen etc.) auch für den Bau von Höchstspannungskabeln zu nutzen. Mithilfe solcher Zwischenverkabelungen, die im Genehmigungsverfahren als unkritisch anzusehen sind, würde ein Ausbau der notwendigen Hochspannungsinfrastruktur gelingen, der in Einklang mit den Bürgerinteressen steht. Neben den verkürzten und damit günstigeren Planungsprozessen würden sich durch den Einsatz des PowerTubes-Leitungsgangs noch viele weitere Vorteile erschließen (siehe Tabelle 3) und das Konzept so bei einer Gesamtkostenbetrachtung im Einzelfall zur günstigsten Alternative machen.
Autoren
Dr.-Ing. Robert Stein
S & P Consult GmbH
Prof. Dr.-Ing. Heinrich Brakelmann
Universität Duisburg-Essen, Fachbereich IW/ETS
Prof. Dr.-Ing. Dietrich Stein
S & P Consult GmbH
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