Optimierung von Absetzbecken zur Regenwasserbehandlung

04.06.2008

In Messungen wurde nachgewiesen, dass bei starker hydraulischer Belastung aus Abscheideanlagen nach den "Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten" (RiStWag) zuvor sedimentierte Stoffe schlagartig ausgetragen werden können. Durch die bislang übliche Zulaufkonstruktion werden die Zuflüsse oberhalb des Dauerwasserspiegels in das Becken geleitet, was zu vertikalen Strömungen Richtung Beckensohle mit der Gefahr der Remobilisierung dort abgelagerter Sedimente führt. Das Sedimentdepot beträgt nach einer Erhebungsuntersuchung von etlichen Beckenanlagen im Mittel rund 14 m³/ha abflusswirksame Fläche. Mit Hilfe von dreidimensionalen Simulationsrechnungen der Strömungs- und Sedimentationsprozesse wurde eine optimierte Zulaufkonstruktion erarbeitet.

Einleitung
Zur Regen- und Mischwasserbehandlung sind in den vergangenen Dekaden etliche Becken gebaut worden, die die Gewässer vor übermäßigem Schmutzeintrag schützen sollen. Diese Becken wirken vorwiegend durch Sedimentation partikulärer Stoffe und halten, mit Tauchwänden ausgerüstet, auch aufschwimmbare Stoffe – insbesondere Leichtflüssigkeiten wie Kraftstoffe und Öle – zurück. Für die Straßenentwässerung werden in Wasserschutzgebieten häufig Abscheider für Leichtflüssigkeiten eingesetzt. Die meisten bestehenden Anlagen sind nach den „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten“ RiStWag [1, 2] geplant und bebaut worden (Abbildung 1) und werden im Dauerstau betrieben.
Im Gegensatz zu den Regenklärbecken nach ATV-A 166, die in der Regel über einen vorgeschalteten Beckenüberlauf verfügen, sind diese Becken nicht vorentlastet, das heißt, die gesamte anfallende Wassermenge wird durch das Becken geleitet. Das kann bei starken Regenereignissen dazu führen, dass zuvor im Becken abgelagertes Sediment remobilisiert und schlagartig ausgetragen wird. Dieses Phänomen wurde bei kontinuierlichen Messungen an einem Becken messtechnisch nachgewiesen [3].
Im Folgenden wird beschrieben, wie durch einfache bautechnische Änderungen diese Remobilisierungseffekte vermieden und die Sedimentationsleistung verbessert werden können.
Wirkung von Regenbecken
Niederschlagsabflüsse von stark frequentierten Verkehrsflächen sind mit verkehrsspezifischen Schadstoffen und Schadstoffen aus dem Umfeld der Flächen belastet. Zusammenfassende Angaben zu Stoffkonzentrationen im Straßenabfluss können zum Beispiel [4] entnommen werden. Im Niederschlagsabfluss von Straßen liegen viele dieser Stoffe zu großen Teilen an Feinstpartikel gebunden vor. In Autobahnabflüssen wurden für Blei und polycyclische aromatische Kohlenwasser gemäß der Liste des US-amerikanischen Environmental Protection Agency (PAK-US EPA) partikuläre Anteile von über 90 Prozent und für die Schwermetalle Zink und Kupfer Anteile von über 70 Prozent gemessen [3]. Dieser partikuläre Teil der Stofffracht im Straßenabfluss unterliegt Sedimentationsprozessen und kann somit prinzipiell in Sedimentationsanlagen zurückgehalten werden.
Sowohl die Sedimentation als auch der Rückhalt von Leichtflüssigkeiten setzt eine ausreichend langsame und gleichmäßige Strömung voraus. Für die Beckenbemessung wird daher in den Regelwerken [2, 5] die horizontale Fließgeschwindigkeit beim Bemessungszufluss auf vH ≤ 0,5 m/s und die Oberflächenbeschickung auf qA = 9 m/h bzw. qA = 10 m/h begrenzt.
Der Bemessungszufluss für die Abscheidebecken nach den RiStWag wird aus dem r15,1 (in der Größenordnung von 100 l/s/ ha) und der angeschlossenen Fläche berechnet. Der Bemessungszufluss zu den vorentlasteten Regenbecken nach ATVA166 wird in der Regel auf einen rkrit (meist 15 l/s/ha) begrenzt. Daraus resultiert das mit zum Teil über 100 m³/ha deutliche höhere nutzbare spezifische Stauvolumen der Abscheideanlagen nach den RiStWag. Da diese jedoch – entsprechend ihrer Hauptaufgabe, auch im Fall eines Unfalls mit wassergefährdenden Stoffen diese zurückzuhalten – nicht vorentlastet sind, können im Becken bei starken Regenereignissen trotzdem höhere Fließgeschwindigkeiten und Oberflächenbeschickungen auftreten als bei den Becken nach ATV-A 166.
Um möglichst kurz nach dem Einlaufbereich eine gleichförmige, richtungsstabile Strömung zu erzielen, sind bestimmte Verhältnisse von Länge, Breite und Beckentiefe günstig. Hierzu hat [6] an hydraulischen Modellen für konstante Beckenzu- und -abflüsse umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse direkt in ATV-A 166 eingegangen sind (Länge zu Höhe: 10 < L : H < 15; Länge zu Breite: 3 < 4,5; Breite zu Höhe: 2 < B : H < 4). Weiterhin kommt der Zulaufgestaltung gerade bei Becken im Dauerstau besondere Bedeutung zu, wie später gezeigt wird.
Bezüglich einer möglichen Remobilisierung von Sedimenten sind Becken mit und ohne Dauerstau zu unterscheiden. Die RiStWag-Abscheideanlagen werden im Dauerstau betrieben, und eine Beckenreinigung mit Entnahme der Sedimente erfolgt in größeren Zeitintervallen. Hier steigt bei entsprechend guter Sedimentationswirkung zwischen zwei Reinigungsintervallen das Feststoffdepot im Becken an und kann bei starker hydraulischer Belastung eventuell schlagartig ausgetragen werden. Bei Bauweisen von Regenklärbecken im Trennsystem, die nach jedem Regenereignis in der Regel automatisiert (Wirbeljets, Spülkippen) gereinigt werden, besteht dieses Problem nicht; es muss jedoch ein Anschluss an den Schmutzwasserkanal bestehen. Eine Zusammenstellung der in verschiedenen Becken zur Straßenentwässerung erzielten Wirkungsgrade ist in Tabelle 1 aufgeführt.
 Erdbecken Betonbecken
Untersuchungs-
gebiet
A 59
Maarhäuser Weg
B 33/34
Singen(7)
A 4
Westhover Weg
A 81
Pleidelsheim(8)
A 6
Obereisesheim(8)
A 8/B 10
Ulm West(9)
A 8/B 10
Ulm West, Regenrück-
haltebecken mit Dauerstau(9)
Hauptfunktion Absatzbecken Leichtflüssigkeitsabscheider
  spezifisches Dauerstauvolumen [m3/ha Au]
202 41 41 149 10,2 9 9
Wirkungsgrad [%], bezogen auf
Fracht Konzentration
AFS 82 27 13 85 50 45 54
CSB 72 36 37 63 26 18 39
NH4-N -37 - -48 36 16 10 (-72)
Blei 67 42,7 29 79 39 33 52
Cadmium (>33) 42,3 (11) 63 28 14 60
Kupfer 77 53,2 7 73 26 (-13) 17
Zink 84 58,2 23 50 37 24 29
Tabelle 1: Vergleich der Wirkungsgrade verschiedener Becken (zusammengestellt aus [3])
Parameter Maximum 75-%-Quantil Median 25-%-Quantil Minimum Westhover Weg
Länge je Becken: L (zwischen Tauchwänden) [m] 45 29 26 21 16 22,9
Breite je Becken: B [m] 8,0 6,8 6,0 5,7 5,0 8,0
Mittlere Einstautiefe Sedimentationskammer, H [m] 2,6 2,2 1,9 1,6 1,4 1,54
Verhältnis L/H 32,6 14,3 12,6 11,2 6,8 14,9
Verhältnis L/B 6,0 4,9 3,9 3,2 2,9 2,9
Verhältnis B/H 5,4 3,6 3,4 2,9 2,4 5,2
Abstand Sohle Zulaufkanal über Ablaufhöhe [m] 0,76 0,17 0,07 0,00 -1,05 0,10
Abstand Unterkante Abflusstauch-
wand unter Ablaufhöhe [m]
1,90 0,50 0,41 0,35 0,26 0,30
Tabelle 2: Statistik ausgewählter Daten zur Beckengeometrie (bei Becken mit mehreren Beckenkammern sind die Maße auf eine Teilkammer bezogen)
Ein direkter Vergleich der Becken ist unter anderem wegen der unterschiedlichen Art der Berechnung des Wirkungsgrades (fracht- oder konzentrationsbezogen) problematisch; die Größenordnung der Wirkungsgrade wird aber deutlich. Bezogen auf den Parameter AFS werden Wirkungsgrade zwischen 13 Prozent und 85 Prozent erreicht. Wesentlichen Einfluss auf die Strömungsverhältnisse und die Aufenthaltszeit in den Becken und damit auf die potentielle Sedimentationsleistung hat natürlich das Beckenvolumen, wie man der Tabelle entnehmen kann. Die höchsten AFS-Wirkungsgrade werden bei den beiden Becken mit 149 bzw. 202 m²/(ha Au ) Dauerstauvolumen erzielt.
Wie die hydraulische Belastung die Sedimentationswirkung beeinflusst, wird aus der Gegenüberstellung von AFS-Ablaufkonzentration und maximaler Oberflächenbeschickung am Beispiel des Beckens Westhover Weg deutlich (Abbildung 2). An diesem Becken wurden über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren die Zu- und Ablauffrachten gemessen [3].
Für den Großteil aller erfassten Ereignisse liegt bei Oberflächenbeschickungen von unter 4 m/h die AFS-Ablaufkonzentration unter 100 mg/l (Median 43 mg/l). Für zwei Ereignisse wurden jedoch wesentlich höhere Ablaufkonzentrationen, die zum Teil deutlich über den Zulaufkonzentrationen lagen, gemessen. Hier betrug die maximale Oberflächenbeschickung zwischen 8 und 10 m/h. Bei diesen beiden Ereignissen im Mai 1999 fand durch Re-Suspension ein Austrag von zuvor sedimentierten Stoffen statt, obgleich die Oberflächenbeschickung nur knapp unter bzw. knapp über der Bemessungsoberflächenbeschickung für RiStWag-Abscheider von 9 m/h lag. Der frachtbezogene Wirkungsgrad, bezogen auf den gesamten Messzeitraum, betrug daher für dieses Becken (Zulauffracht – Ablauffracht)/Zulauffracht) lediglich 13 Prozent. Ohne Berücksichtigung dieser beiden Ereignisse wäre ein frachtbezogener Wirkungsgrad von über 40 Prozent berechnet worden. Die Notwendigkeit, eine Remobilisierung von Sedimenten zu unterbinden, ist offenkundig.
Parameter Maximum 75-%-Quantil Median 25-%-Quantil Minimum Westhover Weg
spezifisches Dauerstauvolumen
[m³/ha Au]
231 125 108 71 54 42
Regenspende (KOSTRA)
r15,1 [l/s/ha Au]
119 114 108 104 97 113
Steiggeschwindigkeit bei Oberflächenbeschickung [m/h] 9,3 8,8 7,6 5,8 2,4 13,4
Tabelle 3: Statistik ausgewählter Daten zur hydraulischen Bemessung
Eigenschaften gebauter RiStWag-Abscheideanlagen
Im Rahmen eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) geförderten Forschungsvorhabens [10] erfolgte eine Bestandserhebung zu bereits gebauten Abscheideanlagen nach den RiStWag. Aus unterschiedlichen Bundesländern wurden für 70 Anlagen Planunterlagen zugeschickt, von denen 49 Anlagen die typischen Eigenschaften einer Abscheideanlage aufwiesen. Von diesen Anlagen wurden wiederum charakteristische zehn Betonbecken mit senkrechten Wänden ausgewählt und detaillierter untersucht. Statistische Daten zur Beckengeometrie sind in Tabelle 2 und zur hydraulischen Belastung in Tabelle 3 aufgelistet und den Daten des Beckens Westhover Weg gegenübergestellt.
Bei der Beckengeometrie liegt die Breite und die Tiefe des Beckens Westhover Weg außerhalb des 25- und 75-%-Quantils. Das Becken ist mit 8 m breiter und das Längen/Breiten-Verhältnis kleiner als nach den RiStWag [1, 2] vorgegeben. Bezogen auf die Zulaufgestaltung, die – wie später gezeigt wird – maßgeblich für die Verteilung des Beckenzuflusses über die Beckenbreite ist, ist das Becken Westhover Weg jedoch als repräsentativ anzusehen. Der gegenüber dem Dauerwasserstand höher gelegene Zulauf und die nachfolgende Tauchwand bewirken eine Vertikalkomponente der Strömung im Becken (Abbildung 5), die als ungünstig bezüglich der Re-Suspension von abgelagerten Sedimenten an der Beckensohle zu beurteilen ist.
Ein Blick auf Tabelle 3 zeigt, dass das Becken Westhover Weg knapper als die anderen Abscheideanlagen dimensioniert ist. Das spezifische Dauerstauvolumen beträgt 42 m³/ha Au, während der Median der zehn anderen Becken bei 108 m³/ha Au liegt. Bei vergleichbaren Bemessungsregenspenden führt das beim Westhover Weg zu einer Oberflächenbeschickung von über 13 m/h, die den Bemessungswert von 9 m/h der RiStWag übersteigt. Das Becken ist also im Vergleich zu den anderen deutlich höher belastet.
In allen Becken sind Sedimentpeilungen vorgenommen worden; und die Sedimente wurden beprobt. Überschlägig wurden bei Medianwerten der Sedimentmächtigkeit von 0,63 m/0,12 m/0,06 m (Zulauf-/Mittel-/Ablaufbereich der Becken) rund 14 m³ Sedimentvolumen je ha Au ermittelt. Bei einem angenommenen Wassergehalt des Sedimentes von 80 Prozent und einer angenommenen Sedimentrohdichte von 2 000 kg Ts/m³ entspricht das einer Sedimentmenge von rund 3 100 kg Ts/ha Au. Die AFS-Jahresfracht von stark befahrenen Straßen (A 81, Pleidelsheim; A 59, Köln; A 4, Köln) beträgt nach Messungen von [8, 3] zwischen 600 bis 900 kg/ha Au. In den untersuchten Anlagen hat sich also ein Sedimentdepot gebildet, was der AFSFracht eines mehrjährigen Zeitraumes entspricht.
Die Korngrößenverteilungen der Sedimente werden in Abbildung 3 mit dem Median der Werte d20 bzw. d80 beschrieben. Das sind die Korndurchmesser, die bei 20 bzw. 80 Prozent der Gesamtmenge der Probe unterschritten werden.
Im zulaufnahen Bereich setzen sich wie erwartet die größeren Kornfraktionen (vorwiegend der Feinsand und Mittelsand, wenig Schluff) ab. Im mittleren Beckenbereich und im Bereich des Ablaufs werden deutlich feinere Kornfraktionen gefunden, die hauptsächlich dem Schluffbereich (Mittel- und Grobschluff, Ø 0,006–0,06 mm) und vereinzelt auch dem Tonbereich (Ø < 0,002 mm) zuzuordnen sind.
[7] geben für eine Sinkgeschwindigkeit von 0,0025 m/s (9 m/h), die bei Abscheideanlagen nach RiStWag [2]) einzuhalten ist, einen Trennkorndurchmesser von 0,07 mm an, der beim Bemessungszufluss noch abgeschieden werden kann. Die ermittelten Korngrößen zeigen deutlich, dass besonders im mittleren Beckenbereich und im Ablaufbereich deutlich kleinere Kornfraktionen zurückgehalten werden. Die Ablagerung dieser feinen Körngrößen wird vornehmlich bei Ereignissen mit geringerer hydraulischer Belastung und in den Trockenzeiten danach erfolgen, in denen die Partikel aus dem stehenden Wasser im Becken über lange Zeiträume sedimentieren können. Diese feinen Partikel sind deutlich stärker mit Schadstoffen befrachtet. Bei den untersuchten Becken ist zum Beispiel der Median der Sedimentkonzentration für Zink im ablaufnahen Bereich mit 1 400 mg/kg deutlich höher als im Zulaufbereich mit 545 mg/kg. Gerade die höher belasteten Feinpartikel werden bei Ereignissen mit hoher hydraulischer Belastung eher durch Re-Suspension ausgetragen als die gering belasteten groben Partikel.
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass das Becken Westhover Weg in Teilbereichen von den Vorgaben der RiStWag abweicht und auch im Vergleich mit den anderen Becken klein dimensioniert ist. Die Zulaufgestaltung entspricht jedoch den RiStWag und der der anderen Becken. Die Strömungsverhältnisse im Becken Westhover Weg sind somit prinzipiell mit denen der anderen Becken zu vergleichen, wenngleich die hydraulische Belastung höher ist. Die Remobilisierung von Sedimenten bei starker hydraulischer Belastung, die an diesem Becken gemessen wurde (Abbildung 2), kann somit auch bei anderen Abscheideanlagen auftreten. In allen Becken wurden im mittleren und Ablaufbereich Feinpartikel aus dem Schluff- und Tonbereich gefunden, die re-suspensionsgefährdet sind.
3-D-Simulation zur Optimierung der Bauform der Becken
Zur Optimierung der Bauform der Becken bieten sich mittlerweile neben der Durchführung von halbtechnischen Modellversuchen als kostengünstige und flexible Möglichkeit dreidimensionale Simulationsrechnungen der Strömungs- und Sedimentationsprozesse an. Dazu wurde hier das Programmsystem Fluent [11] herangezogen. Dabei wurden neben den notwendigen Gleichungen zur Ermittlung des Strömungsfelds vier Transportgleichungen gelöst, die jeweils eine Kornfraktion repräsentieren und in denen auch die jeweils zugehörige Sinkgeschwindigkeit berücksichtigt wurde. Nach einer ausgiebigen Modellprüfung für den speziellen Anwendungsfall wurde in unterschiedlichen Rechenläufen iterativ die Bauform der Abscheider hinsichtlich der Strömungsverhältnisse optimiert.
Grundlage der folgenden Darstellungen bildet ein Referenzbecken, das auf der Basis eines realen Abscheidebeckens entwickelt worden ist. Für dieses reale Becken wurden Studien zur Modellkalibrierung durchgeführt, wobei die Kalibrierung anhand vorliegender Messdaten [3] erfolgte. Da der Zulauf des Beckens oberhalb des Dauerstaus angeordnet ist, verändern sich die Wasserspiegellage und damit auch die Strömungsverhältnisse im Becken bei einem Regenereignis. Dieser Tatsache muss in der Simulation Rechnung getragen werden, was bedeutet, dass in den Simulationsstudien mit einer freien beweglichen Oberfläche zu rechnen ist.
Da dieses Vorgehen zeit- und rechenintensiv ist, wurde, aufbauend auf einer solchen komplexen Studie, ein Vorgehen entwickelt, das es ermöglicht, die wesentlichen Einflüsse dieses Beckenbetriebes auch bei einer fest definierten Wasserspiegellage berücksichtigen zu können. Das Vorgehen wurde anhand von Messdaten und Plausibilitätstests geprüft.
Das Referenzbecken ist in Abbildung 4 dargestellt. Dieses Becken weist im Gegensatz zum Becken Westhover Weg eine Überlaufschwelle im Ablauf auf, was der üblichen Bauweise für RiStWag-Abscheider entspricht.
Die hydraulische Belastung für dieses Becken wird auf der Basis des Ereignisses vom 10. Mai 1999 analog zum Becken Westhover Weg so gewählt, dass die maximale Oberflächenbeschickung 9 m/h beträgt und damit dem Bemessungswert für RiStWag-Abscheider entspricht. In Abbildung 5 sind die Ergebnisse für diesen Ausgangszustand dargestellt.
Die Schnitte zeigen deutlich, wie der Zulaufstrom punktuell annähernd vertikal in das Becken eintaucht und besonders im gesamten Bereich des Schlammsammelraums und auch teilweise im Beckenbereich für hohe Fließgeschwindigkeiten an der Sohle sorgt. Dadurch treten hohe Schubspannungen auf, die zur Remobilisierung der Sedimente von der Beckensohle führen.
In unterschiedlichen Rechenläufen sind für die Neuplanung von Becken unter anderem folgende baulichen Modifikationen untersucht worden (allen Varianten ist gemein, dass die vordere Tauchwand wegfällt):
  • Aufteilung des Zuflusses auf zwei getauchte Zulaufrohre,
  • Teileinstau der Zulaufrohre,
  • Änderung des Länge/Breite-Verhältnisses des Beckens.

Zur Ertüchtigung von bestehenden Becken wurden zusätzlich folgende Varianten untersucht:
  • zusätzliche Querwand unter der vorderen Tauchwand,
  • horizontale Prallplatte unterhalb des Zulaufrohrs,
  • Erhöhung des Dauerstaus im Becken (sofern möglich) und dadurch Teileinstau der Zulaufrohre.
Für die Neuplanung von Becken hat sich als beste Lösung die Aufteilung des Zuflusses auf zwei Zulaufrohre, die unterhalb des Dauerwasserspiegels in das Becken münden, herausgestellt. Für eine Ertüchtigung bestehender Becken hat eine zusätzliche Querwand unterhalb der ersten Tauchwand die beste Wirkung, sofern eine nachträgliche Erhöhung des Dauerwasserspiegels zur Erzielung eines Teileinstaus des Zulaufes nicht realisiert werden kann.
Abbildung 6 zeigt die optimierte Lösung für die Neuplanung von Absetzbecken als Draufsicht und Längsschnitt. Das Zulaufrohr DN 800 beim Referenzbecken ist hier durch zwei Rohre DN 800, die 10 cm unterhalb des Dauerwasserspiegels in das Becken münden, ersetzt worden. Zusätzlich wurden die erste Tauchwand sowie der Schlammsammelraum entfernt. Die Berechnungsergebnisse sind in Abbildung 7 visualisiert.
Die Zulaufführung über zwei Rohre bewirkt zwei Strahlströmungen, die im vorderen Bereich zu der Ausbildung zweier Walzensysteme führen. Ab etwa der halben Fließlänge bildet sich eine relativ gleichförmige Geschwindigkeitsverteilung über den Querschnitt aus, deren Beträge deutlich unterhalb der Werte aus dem Referenzbecken liegen. Die geringeren Geschwindigkeiten haben dabei zwei positive Auswirkungen auf die Funktion des Beckens. So führen sie zum einen zu einem besseren Absetzen der Feststoffe entlang des Fließwegs. Zum anderen sind durch die geringeren Geschwindigkeiten auch die Schubspannungen geringer, so dass eine Re-Suspension bereits abgelagerten Materials reduziert wird.
Durch die getauchte Zulaufführung entsteht eine horizontalgerichtete Strömung. Das Sedimentbett wird gut überströmt, und die Aufwirbelungen werden in signifikantem Maß reduziert. Auch für die Kornklassen im Schluffbereich, die beim Referenzbecken remobilisiert und nicht zurückgehalten wurden, werden hier Wirkungsgrade von etwa 70 Prozent erzielt.
Folgerungen
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen deutlich, dass sich insbesondere die Zulaufgestaltung der für die Straßenentwässerung üblichen RiStWag-Abscheider bei starken Regenereignissen ungünstig auf die Absetzwirkung auswirkt. Durch die punktuelle Zuleitung der Niederschlagsabflüsse oberhalb des Dauerwasserspiegels und die vordere Tauchwand wird die Strömung in Richtung der Beckensohle gelenkt. Bei starker hydraulischer Belastung kann es so sogar zur Remobilisierung zuvor sedimentierter Stoffe kommen.
Strömung in Richtung der Beckensohle gelenkt. Bei starker hydraulischer Belastung kann es so sogar zur Remobilisierung zuvor sedimentierter Stoffe kommen.
Mit Hilfe der 3-D-Simulation konnte die Zulaufgestaltung maßgeblich verbessert werden. Darauf aufbauend wurde eine Musterlösung für die Neuplanung von Becken nach Abbildung 8 erarbeitet. Als wesentliche Änderungen gegenüber der herkömmlichen Bauart sind zu nennen:
  • Wegfall der vorderen zulaufnahen Tauchwand,
  • Aufteilung des Zuflusses auf zwei Rohre mit ausreichend großem Durchmesser zur Erzielung kleiner Zuströmgeschwindigkeiten,
  • Anordnung der Zulaufrohre mit Rohrscheitel unterhalb des Dauerwasserspiegels zur Vermeidung vertikaler Strömungen,
  • Wegfall des vertieften Schlammsammelraums.
Damit ergeben sich abweichend bzw. ergänzend zu den Hinweisen der RiStWag [2] folgende Anforderungen an die zukünftige Gestaltung von Absetzbecken für die Straßenentwässerung:
Vor dem Becken sollte ein Bauwerk angeordnet werden, das eine gleichmäßige Verteilung auf zwei Zulaufrohre gewährleistet. Nach dem Verteilerbauwerk sollten die zuführenden Leitungen zum Becken so lang sein, dass sich eine gleichmäßige Strömung ausbilden kann. In Anlehnung an [12] wird ein Wert vom Vier- bis Zehnfachen des Durchmessers des Zulaufrohrs empfohlen. Die beiden Zulaufrohre müssen unterhalb des Dauerwasserspiegels in das Becken münden. Alternativ kann der Zulauf auch mit teileingestauten Rohren realisiert werden. Der Einstau im Rohr beim Dauerwasserstand sollte dabei aber mindestens 60 Prozent betragen.
Die vordere Tauchwand entfällt, der Rückhalt gegenüber Leichtflüssigkeiten wird ausreichend durch die ablaufseitige Tauchwand erzielt.
Die Mindestbeckentiefe sollte 2 m betragen. Die Sedimentoberfläche sollte weiter als 1,8 m unter Dauerwasserstand liegen, um eine Remobilisierung zu vermeiden. Zwischen Sohle Zulaufrohr und Oberkante Sediment ist dabei ein Mindestabstand von 1,0 m einzuhalten. Zur Beurteilung sind eine regelmäßige Erfassung des Sedimentspiegels und eine rechtzeitige Beckenräumung notwendig.
Dank
Der Bundesanstalt für Straßenwesen sei an dieser Stelle herzlich für die Finanzierung des Vorhabens und die sehr konstruktive fachliche Begleitung durch den begleitenden Arbeitskreis (Diefenthal, Straßen.NRW; Dittrich, DEGES; Prof. Dr. Lange, IDN; Scheufele, Niedersächsisches Landesamt für Straßenbau; Dr. Tegethof, BASt), gedankt.
Literatur
[1] Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, 1982
[2] Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, 2002
[3] G. Lange, D. Grotehusmann, U. Kasting, M. Schütte, M. Dieterich, W. Sondermann: Wirksamkeit von Entwässerungsbecken im Bereich von Bundesfernstraßen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 861, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn, 2003
[4] U. Kasting: Reinigungsleistung von zentralen Anlagen zur Behandlung von Abflüssen stark befahrener Straßen, Dissertation, Schriftenreihe des Fachgebietes Siedlungswasserwirtschaft der Universität Kaiserslautern, Band 17, 2003
[5] ATV-A 166: Bauwerke der zentralen Regenwasserbehandlung und -rückhaltung, Hennef, 1999
[6] W. Muth: Regenüberlaufbecken – Strömungsuntersuchungen an Durchlaufbecken, Korrespondenz Abwasser, 6/1992, 910–915
[7] Kh. Krauth, G. Stotz: Qualitativer und quantitativer Einfluss von Absetzanlagen auf den Betrieb von Versickerungsbecken, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 672, Bundesministerium für Verkehr, Bonn, 1993
[8] Kh. Krauth, H. Klein: Untersuchungen über die Beschaffenheit des Oberflächenwassers von Bundesautobahnen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 363, Bundesministerium für Verkehr, Bonn, 1982
[9] Kh. Krauth, H. Klein: Untersuchungen über die Beschaffenheit des über ein Rückhaltebecken mit Leichtflüssigkeitsabscheider geleiteten Niederschlagswassers der A8/B10 bei Ulm/West, Schlussbericht, Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart, im Auftrag des Autobahnamtes Baden-Württemberg, 1981, unveröffentlicht
[10] D. Grotehusmann, U. Kasting, M. Hunze: Optimierung von Absetzbecken, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 944, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, Bonn, 2006
[11] Fluent-Manual 6.2, Fluent Inc., Lebanon, USA, 2002
[12] Durchflussmesseinrichtungen in Kläranlagen, Merkblätter, Band 47, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, 2004

Kontakt

Dr.-Ing. Dieter Grotehusmann, Dr.-Ing. Ulrich Kasting, Ingenieurgesellschaft für Stadthydrologie mbH

30159 Hannover

E-Mail:

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