Geiger & Kunz: EDS-System als Alternative zum Inliner

07.02.2008

Erneuerung der Dichtung an Rohrverbindungen von Steinzeugrohren älterer Bauart. Innovation im Bereich der Kanalsanierung bedeutet immer auch, bestehende technische Varianten zu überprüfen und Alternativen zu suchen. Diese Alternativen können wirtschaftliche aber auch qualitative Fortschritte bedeuten. Den Vorteil nur in wirtschaftlicher Hinsicht zu suchen, hätte häufig Kostensenkungen bei nachlassender Qualität zur Folge. Dieser Tendenz entgegenzuwirken ist das Ziel von Fachleuten, die den Werterhalt des Bauwerks „Kanal“ nachhaltig betrachten. Hierfür müssen jedoch zum Teil hohe Entwicklungskosten in Kauf genommen werden. Letztendlich entscheidet der Kunde, ob sich eine innovative Technik durchsetzt.

1 Allgemeines
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden bzw. werden in Deutschland und anderen europäischen Ländern die Entwässerungsleitungsnetze systematisch aufgebaut, erweitert, verbessert und dem aktuell technischen Standard angepasst.
Die vorwiegend eingesetzten Materialien für Rohre waren Steinzeug und Beton.
Im Fokus dieser Information stehen die aus dem Material Steinzeug hergestellten Rohrkanäle und -leitungen. Der Anteil Steinzeug am gesamten öffentlichen Kanalnetz – DN unter 800 mm – beträgt in Deutschland 46 %
Die vor dem Jahr 1965 eingebauten Rohrkanäle aus Steinzeug weisen vornehmlich auf der Baustelle handwerklich hergestellte Dichtungen der Rohrverbindungen auf. Die Rohrlängen betrugen, je nach Baujahr, zwischen 750 und 1500 mm. Zum Gesamtsystem gehören auch die Abzweigstücke zur Aufnahme der Anschlussleitungen von Grundstücks- und Straßenentwässerung.
Vorgenannte, handwerklich hergestellten Abdichtungen der Rohrverbindung (Teerstrick/Lehm bzw. Mörtel, Teerstrick mit Bitumenverguss, Rollringe aus Elastomeren) sind zwischenzeitlich infolge Alterung und konstruktiver Schwächen nach Maßstäben der technischen Regelwerke undicht mit den Folgen der Infiltration von Grundwasser und des Austrags von Abwasser in Boden und Grundwasser. Je nach Intensität dieser Erscheinungen erhöht dies das Risiko fortschreitender baulicher und betrieblicher Schäden bei gleichzeitig hieraus resultierenden Kosten.
Diesem technisch begründeten Prozess hat der Anlagenbetreiber gemäß gesetzlicher Vorschriften und der Vorgaben des technischen Regelwerks zu begegnen. – Letzteres ist auch ein Gebot der wirtschaftlichen Nutzung und des Werterhalts der Abwasserableitungssysteme.
2 Motivation
Steinzeugrohre bilden ein langlebiges Entwässerungsrohrsystem, wenn die Lagebedingungen stimmen, d.h. keine Überlastung eintritt und die Rohre an ihren Verbindungen dicht bleiben. Der Vorsatz und das Gebot der Nachhaltigkeit wären hiermit erfüllt.
Die Realität zeigt, dass die sorgfältige Verlegung bei sorgfältig planenden und gut überwachenden Anlagenbetreibern durchaus umgesetzt wurde und wird.
Die vor 1965 verwendeten Dichtsysteme der Rohrverbindungen erfüllen die heute gültigen Kriterien eines Dichtheitsnachweises weitgehend nicht mehr. Die Kanäle sind daher im Sinne des technischen Anforderungsprofils undicht, erfüllen aber sonst ihre Funktion vollwertig (hydraulisch voll ausreichend, standfest, wartungs- und betriebsoptimal).
Da Rohrverbindungen in Steinzeugrohrleitungen der Baujahre vor 1965 ca. alle 1,5 bis 1,0 m vorkommen – zusätzlich noch die Einbindungen der Abzweigformstücke – ist bei einer aus Alterung bzw. Bauart abzuleitenden Undichtheit bis heute ein durchlaufender Liner – ein „Rohr im Rohr“ – die technisch sinnvolle und wirtschaftliche Sanierungsmethode. Letzteres besonders deshalb, weil für eine dauerhafte Sanierung = Abdichtung von Muffenverbindungen von Steinzeugrohren und auch Rohren anderer Werkstoffe bis heute kein anwendungsreifes Verfahren mit dem Anspruch auf eine lange Funktionsdauer von mehr als 40 Jahren zur Verfügung stand.
Die „Rohr im Rohr“-Lösung, also der Liner aus den bekannten Harzen mit Trägergeweben oder auch als PE- bzw. PVC-Linersystem (z.B. U-Liner), ist eine Lösung, die vorgenannten Anspruch an die Funktion und deren Dauer zwar gut erfüllt, sie ist aber nicht beliebig oft wiederholbar. Zusätzlich entstehen Probleme bei den Abzweigen/Seiteneinläufen, bei der Entsorgung im Falle einer Leitungsauswechslung und u.U. bei der Hydraulik infolge der Querschnittseinengung.
Das für den Abwasserkanal vorzüglich geeignete und bewährte Material Steinzeug wird zum Linerträger degradiert und wird damit für die weitere Nutzungsdauer des Kanals ohne Belang. Dies führt zu einem wirtschaftlichen Verlust und zu Ressourcenverschwendung.
Für die STEINZEUG-Abwassersysteme GmbH und die befassten Fachleute aus der Sanierungswirtschaft stellte sich also die Aufgabe, für hydraulisch, statisch und betrieblich intakte Abwasserleitungen aus Steinzeug, vorwiegend der Baujahre vor 1965, relativ kurzfristig ein Sanierungsverfahren zu entwickeln, mit dem Ziel, die dem Steinzeugrohr innewohnende Langzeittauglichkeit zu aktivieren und nicht durch gealterte und folglich undichte Rohrverbindungen infrage zu stellen.
3 Anforderungsprofil
Im Zuge der Projektdiskussion von STEINZEUG-Abwassersysteme mit der Münchner Stadtentwässerung, dem Büro PJP, Baldham sowie dem Sanierungsunternehmen GEIGER & KUNZ wurde folgendes Anforderungsprofil entwickelt:
a) Es soll ein Verfahren entwickelt werden, das, aufbauend auf bewährte Sanierungstechnologien, ansonsten intakten Kanalstrecken im Bereich der dafür vorgesehenen Muffenverbindung eine dauerhafte Dichtheit verleiht und die dort auftretenden Kräfte/Bewegungen aufnehmen kann.
b) Die Vorstellung der „Gliederkette“ für eine Rohrleitung aus endlichen Rohren, die über eine Rohrverbindung zu einer Leitung zusammengefügt werden, soll erhalten bleiben.
c) In der Kanalsanierung bewährte Materialien mit der Gewähr einer Langzeitfunktion sollen zur Anwendung gelangen.
d) Das Verfahren muss wirtschaftlich sein.
e) Das Verfahren muss nicht omnipotent alle Problemfälle abdecken.
f) Als Einsatzbereich gilt zunächst der Durchmesserbereich bis DN 400.
4 Entwicklungsschritte
Die konzeptionelle Idee:
  • Robotertechnik und Epoxidharz als bewährte Basis
    • Modifizierung des Epoxidharzes Richtung Elastomer
    • Nachweis einer Abwinkelbarkeit der sanierten Muffe
    • Nachweis der Dichtheit der Verbindung
    • Nachweis der Hochdruckspülfestigkeit
    • Gegen drückendes Grundwasser anwendbar
  • Nachweis der dauerhafen Abwasserresitenz
  • Nachweis der Langzeittauglichkeit 40+X Jahren
  • Wirtschaftlichkeit gegenüber der Linersanierung
Die Verfahrensentwicklung führte zu dem in der nachfolgenden Systembeschreibung dargestellten Verfahren.
5 Systembeschreibung
Das auch von der Münchner Stadtentwässerung durch technischen Input und das zur Verfügungstellen von Erprobungsstrecken „insitu“ geförderte Verfahren einer
„Erneuerung der Dichtung an Rohrverbindungen von Steinzeugrohren älterer Bauart“,
seit Juni 2006 mit der Marke „EDS-Verfahren“ gekennzeichnet, stellt die nach aktuellem technischen Regelwerk erforderliche Dichtheit wieder her.
Gemäß der Nomenklatur der DIN EN 752-1 und des Merkblattes ATV-DVWK-M 143-1 entspricht das Verfahren der Definition „Renovierung“ und teilt deren Anspruch an eine langfristige Nutzungsdauer.
Die Vorgehensweise ist wie folgt:
Nach erfolgter Reinigung und partieller Sperrung eines Kanalteilstücks werden die bestehenden Dichtungen inklusive vorhandener Ablagerungen soweit notwendig aus dem Bereich des Muffenspalts entfernt. Zusätzlich werden sowohl vom Spitzende als auch dem Muffenspiegel der beiden verbundenen Rohre die Steinzeugglasur vollständig und auch Steinzeugkernmaterial so weit entfernt, bis ein definiert gleichmäßig breiter und tiefer Muffenspalt vorliegt (Breite ca. 12 - 20 mm, Tiefe ca. 20 -30 mm). Hierzu wird ein Fräsroboter mit einer entsprechenden Finger- oder Scheibenfräse eingesetzt, der diese Vorbehandlung im Zuge einer dem Rohrdurchmesser angepassten Rotationsbewegung durchführt.
Die so geöffnete Verbindungsfuge muss mittels Reinwasserhochdruckspülung gereinigt werden. Das freie Steinzeugkernmaterial an Spitzende und Muffenspiegel bildet die Haftfläche für den Einbau des neuen Abdichtmaterials der Rohrverbindung.
Zur Herstellung der neuen Abdichtung der Rohrverbindung dient ein speziell flexibilisiertes Epoxidharzmaterial aus der Familie der Epoxi-Spachtelmassen für die Risssanierung in Abwasserrohren.
Die Flexibilisierung des Epoxidharzes ist soweit erfolgt, wie es für langjährig im Boden liegende Leitungen notwendig erscheint.
Die schadlose Aufnahme von Abwinkelungen der Rohrverbindungen beträgt, je nach Harztyp, bei einer Rohrlänge von 1500 mm ca. 5,0 mm (gemessen an DN 250) und entspricht damit den Anforderungen der Rissfreiheit im Hochbau, die, nach Auffassung der geotechnischen Fachleute bei einem Wert < 1/300 anzusiedeln ist.
Der Einbau des Epoxidmaterials in die vorbereitete Verbindungsfuge erfolgt mittels einer modifizierten Injektions- und Spachteltechnik, abgeleitet aus der bewährten Risssanierungstechnik nach KA-TE-Verfahren.
Die Verbindungsfuge wird hierbei mit dem vorbereiteten Epoximaterial (Mischung und Verfüllung in Kartusche) voll und luftblasenfrei verfüllt und an der Rohrinnenseite glatt abgezogen. Das Material geht mit dem Steinzeugkernmaterial auch bei nassen Verhältnissen eine dichte und dauerhafte Klebeverbindung ein. Die potenziellen Bewegungen werden innerhalb des Materialvolumens Epoxidharz aufgenommen Das verwendete Material zeichnet sich durch eine hohe innere Zähigkeit aus. Es ist lösungsmittelfrei, gut verarbeitbar und beständig gegen Abwasser im Rahmen der Bestimmungen. Das geringe Schwindmaß wird vom Material schadlos aufgenommen.
Die neue Rohrverbindungsdichtung schafft eine glatte Rohrinnenfläche, da die früheren Rohrfugen verschlossen werden, und stabilisiert somit hydraulische Leistungsfähigkeit wie auch betriebliche Funktion. Das Verfahren ist in gleicher Weise und an gleicher Stelle mehrfach wiederholbar. Der Kanalbetrieb ist während der Ausführung in der Regel nur gering gestört.
Die Verfahrensausführung erfolgt gütegesichert nach Maßgabe eines Handbuches. Dieses ist Grundlage eines Gütezeichens nach RAL GZ 961 des Güteschutz Kanalbau und führt die Kennzeichnung RAL GZ S 22.01 bzw. S 10.16 (siehe auch: www.kanalbau.com).
6 Technische Eignungsnachweise
Nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht über die geführten technischen Nachweise und deren Ergebnisse:
Eigenschaft Zweck Norm/
Regelwerk
sonst. Festlegung
bzw. System
Nachweisart Ergebnis
 
Haftzug Bindung von
Epoxid an Steinz.
Merkblatt
RSV 5
  Laborversuche
MPA TUM
Anforderung erfüllt,
alle Werte > 2,0 N/ mm2
 
Aufnehmbare
Abwinkelung
Erhalt der
Gliederkette
  Eigenfestlegung in Abstimmung
Zentrum Geotechnik, TUM
Laborversuche
MPA TUM
bis 1/300 möglich,
erfüllt Anforderungen an
setzungsempfindliche
Bauwerke gemäß
gutachtliche Abschätzung
Zentrum Geotechnik an
der TUM, Prof. Dr. Vogt
 
Chemikalien-
beständigkeit
Resistenz gegen
Abwasserangriff,
und Zeitraffertest
DIN EN 295
Teil 3,
Abschn. 20
4 Prüfmedien mit pH-Werten
von 2 bis 12;
Lagerung über 168 h bei 20°C
Laborversuche
MPA TUM
EDS-Rohrverbindung
zeigt keine Schädigung
auf:
Dichtheitsnachweis
erfüllt;
kein Einfluss auf die
Abwinkelbarkeit;
Volumenänderung <1%
 
Hochdruck-
spülresistenz
langfristige
Gebrauchstaug-
lichkeit im Betrieb
DIN EN 295
Teil 3,
Abschn. 20





Eigenfestlegung für Prüfung
im Kanal:
50 Düsenübergänge von
3 ausgewählten Verbindungen:
120 bar Druck, 30° Abstrahlwi.,
320 l/min Wassermenge,
60s Dauerbeaufschlagung mit
Rotationsdüse 120 bar, 80° Abstr.
Laborversuch
Kipprinne
im Labor
STEINZEUG-
Abwassersyst.

(keine Vorschläge),
MSE
gemessener Abrieb
unterhalb der zul.
Grenzwerte bei
200 000 Lastwechseln


keine sichtbaren
Schädigungen;
Dichtheitsprüfung
nach Hochdrucktest
bestanden
 
Dichtheit Konformität zum
Regelwerk
DIN EN 1610;
DWA A 139
Nachweis als Muffenprüfung
mit Verfahren "LD"
Prüfung der
Rohrverbindung
im Kanal
alle Rohrverbindungen
dicht;
bisher ca. 60 Prüfungen
 
Langzeitver-
halten
Beurteilung von
Lebensdauer
  Erfahrung mit Epoxidharzen,
Zeitraffertest mit Chemikalien,
Hochdruckspültest
gutachtliche
Stellungnahme
Prof. Dr. Schießl
Annahme einer für
Renovation üblichen
Lebensdauer bestätigt
7 Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich für das Verfahren sind Kanalrohrleitungen (vornehmlich aus Steinzeug), die bereits langjährig im Boden liegen und wenig bis keine statischen Schäden aufweisen. Das Schadensbild ist überwiegend durch die alterungs- bzw. konstruktiv bedingte Undichtheit der Rohrverbindung geprägt.
Das Erneuerungsverfahren der Dichtung kann auch gegen drückendes Grundwasser erfolgen, wenn eine kurzzeitig wirksame Vorabdichtung oder andere Maßnahmen die Vorbereitung und Verfüllung der Verbindungsfugen zulassen. Verfahrenstechnisch kann derzeit eine Erneuerung der Verbindungsdichtung bis DN 400 erfolgen.
8 Voraussichtliche Kosten
Die Kosten der Erneuerung der Dichtung eines durchlaufenden Kanalstrangs (jede Rohrverbindung wird erfasst) liegen i.d.R. markant unterhalb einer Komplettrenovierung (Rohrstrang, Abzweigeinbindungen, Schachteinbindungen u.ä.m.). Die hohe Wirtschaftlichkeit des EDS-Verfahrens generiert sich aus der Aktivierung einer weiteren, definierbaren Nutzungsdauer des Kanals aus dem Rohrsystem Steinzeug.
9 Das technische Ergebnis der Erneuerung der Dichtung der Rohrverbindung
Als technisches Ergebnis der Verfahrensanwendung erhält der Netzbetreiber einen hydraulisch leicht verbesserten Abwasserkanal für eine weitere langfristige Nutzung. Die Erfahrungen der Langzeitstandfestigkeit von Epoxidharzmaterialien in Abwasserkanälen, gestützt durch die gutachtlichen Aussagen von Prof. Dr.-Ing. Schießl und die geführten Nachweise zur chemischen Resistenz (Zeitraffertest) und Hochdruckspülresistenz, reichen für eine Lebensdauerprognose von 40 +x Jahren.
Das EDS-Verfahren erfüllt somit den betriebswirtschaftlichen Anspruch eines langlebigen Wirtschaftsgutes, das üblicherweise einer der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer adäquaten Abschreibung unterliegt.
  • Der Querschnitt des Kanals bleibt im Original-DN erhalten.
  • Das Ursprungsmaterial Steinzeug bestimmt weiterhin die Langzeitfunktion und die Wirtschaftlichkeit des Abwasserkanals.
  • Besondere Maßnahmen bei Schächten und Abzweigen sind verfahrensbedingt nicht notwendig. Eine Sanierung der Abzweige kann unabhängig erfolgen.
  • Die technische Ausführung weist ein geringes Mängelrisiko auf.
  • Die Qualitätskriterien einer fachgerechten Ausführung sind einfach und eindeutig.
Weitere Informationen:
Kanaltechnik Geiger & Kunz GmbH & Co. KG
Felix- Wankel- Str. 1
D – 82152 München / Krailling
Tel.: 0049 (0)89 89 50 8000
Fax: 0049 (0)89 89 50 800 22
EMail: info@geigerkunz.de
Internet : www.geigerkunz.de

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Dipl.-Ing. Thomas Palaske

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