Einer der größten Immobilienbesitzer Europas betreibt auf seinen Liegenschaften umfangreiche Wasserversorgungssysteme mit einem Alter von zum Teil mehr als 100 Jahren. Jährlich entstehen durch nicht rechtzeitig erkannte Leckagen hygienische Risiken für die Wasserqualität und ein wirtschaftlicher Schaden von mehreren Millionen Euro. Die vollständige Sanierung solcher Leitungssysteme ist im Regelfall aufgrund der hohen Investitionskosten und ungewissen Liegenschaftszukunft nicht wirtschaftlich darstellbar. Der Einsatz moderner Mess- und Kommunikationstechnik erlaubt einen effizienten und kostengünstigen Betrieb von Verbrauchs-Monitoring- Systemen, die durch gezielte Reparaturen zu einer erheblichen Reduzierung der Wasserverluste in den überwachten Netzen führen, ohne dass hohe Aufwendungen für die flächendeckende Sanierung anfallen.
Charakteristisch für diese Areale sind Wasserversorgungssysteme mit einer Länge von mehreren Kilometern und Rohrdimensionen von DN 50 bis DN 200. Die Netze werden je nach Funktion der Liegenschaften über eine oder mehrere öffentliche Wassereinspeisungen versorgt. An den Standorten mit besonderen Anforderungen an den Brandschutz sind im Regelfall Ringleitungen im Einsatz. Die Einspeisungspunkte aus dem öffentlichen Versorgungsnetz liegen regelmäßig an den Liegenschaftsgrenzen in eigenen Schachtbauwerken.
Die Leitungen sind innerhalb einer Liegenschaft hinsichtlich des Zustands, der Art sowie der Dimensionierung sehr unterschiedlich. Diese Inhomogenität ist durch die lange Entwicklungszeit sowie sich ändernde Nutzungssituationen dieser Standorte bedingt.
Die jährlich anfallenden Betriebskosten sind durch den verantwortlichen Immobilienbewirtschafter mit den auf den Liegenschaften befindlichen Mietern und Nutzern abzurechnen. Dabei trat in der Vergangenheit häufig die Problematik auf, dass erst im Rahmen der jährlichen Nebenkostenabrechnung ein auftretendes Delta zwischen der eingespeisten Wassermenge am Übergabezähler und den Verbrauchsmengen in den Gebäuden festgestellt wurde. Diese Differenz wurde durch Leitungsleckagen im Wasserleitungsnetz verursacht. Im Extremfall konnten so Zeiträume von mehr als einem Jahr mit zum Teil erheblichen Leckageverlusten auftreten. Ein zeitnaher Abgleich zwischen den ordnungsgemäß entnommenen Verbrauchsmengen (Gebäudezähler) und den eingespeisten Trinkwassermengen ist nur mit einem hohen personellen Aufwand durch regelmäßige Zählerablesungen erreichbar. Diese Möglichkeit wird weiter eingeschränkt, da nicht an allen Entnahmestellen eine Zählererfassung erfolgt.
Zusätzlich ergibt sich für die Bewirtschaftung der Flächen das Problem, dass häufig zuverlässige Informationen darüber fehlen, wie viel Wasser tatsächlich in einer Zeitperiode ordnungsgemäß verbraucht wird. Diese Schwierigkeit bei der Einschätzung von monatlichen Normverbrauchswerten, die auch jahreszeitlich stark schwanken, führt dazu, dass die Analyse anhand der Rechnungsdaten ungenau und erst mit einer erheblichen Verspätung durchgeführt werden kann.
Die Problematik der nicht oder erst mit großer zeitlicher Verzögerung erkannten Wasserverluste führte zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden von mehreren Millionen Euro jährlich. Zudem bestand die Gefahr, dass durch die ausströmenden Wassermengen Unterspülungen in sicherheitsrelevanten Bereichen entstanden, die zu einer Gefährdung Dritter führen könnten. Eine Teil- bzw. Komplettsanierung der Leitungssysteme ist nur in wenigen Ausnahmefällen aufgrund der extrem hohen Investitionskosten realisierbar. Daher wurde im Frühjahr 2005 entschieden, in Zusammenarbeit mit der pmb-net Projektmanagement Berlin AG an 50 Standorten ein Monitoring-System zur Überwachung der Wasserentnahmen einzusetzen.
Anforderungen an das System Im Rahmen der Entwicklung eines geeigneten Systems zur Leckageüberwachung der Flächenobjekte waren verschiedene technische und wirtschaftliche Randbedingungen zu berücksichtigen:
- sichere Erkennung von auftretenden Wasserverlusten
- hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit
- keine Anbindungsmöglichkeit der Wasserzähler an Strom- und Telekommunikationsversorgung
- geringe Investitions- und Betriebskosten für das System
- Einsatzfähigkeit des Systems unabhängig vom verwendeten Zählerfabrikat
- hohe Anpassungsfähigkeit des Systems an standortspezifische Eigenheiten
- keine zusätzliche Arbeitsbelastung der Mitarbeiter des Auftraggebers
Um die oben genannten Bedingungen zu erfüllen, war es erforderlich, neben den technischen Komponenten des Systems einen Prozess zu entwickeln, der in bestehende Abläufe beim Immobilienbewirtschafter integriert werden konnte, ohne diese mit zusätzlichem Aufwand zu belasten.
Es wurde ein Betreiberkonzept entwickelt, welches den gesamten Prozess der technischen Ausstattung sowie der Leckageüberwachung und -beseitigung zum Inhalt hatte. Der Auftraggeber erhält nur im Alarmfall eine Information über die aufgetretenen Leckagen sowie die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen und benötigt für die Wartung, Instandhaltung und Prozesssteuerung keine zusätzlichen Kapazitäten.
Grundprinzip des Monitoring- Systems Das grundsätzliche technische Konzept zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Wasserversorgung von großen Arealen setzt eine aktuelle Information über die Entnahmeverhältnisse am Standort voraus. Daher ist es erforderlich, die in das System eingeleiteten Wassermengen an den Einspeisezählern der öffentlichen Versorger zu erfassen. Dies geschieht mithilfe von Datenaufnahmeboxen, die die Daten kontinuierlich vor Ort erfassen, analysieren und an eine zentrale Stelle versenden.
Mit diesen Daten ist es über einen längeren Zeitraum möglich, den technischen Zustand des Leitungsnetzes mit den angeschlossenen Gebäuden und Anlagen objektiv zu beurteilen. Die Datenaufnahmebox erfasst die Durchflusswerte mittels Impulsen, die von einem am Wasserzähler installierten Impulsgeber generiert werden und führt laufend deren Auswertung durch. Die Erfassung erfolgt standardmäßig im Stundentakt. Einmal täglich werden die Daten über Mobilfunk an einen zentralen WEB-Server übermittelt.
Bei der Überschreitung verschiedener frei parametrierbarer Grenzwerte sendet der Logger ereignisgesteuert direkt eine Alarmmeldung per SMS an die Leitzentrale und löst zusätzlich die Übertragung der aktuellen Erfassungsdaten an den Web-Server aus. Auf dem WEB-Server erfolgt die grafische und tabellarische Darstellung der Wasserentnahmewerte. Der Kunde hat von jedem internetfähigen Rechner mit einem beliebigen Browser Zugriff auf diese Daten.
Die über einen längeren Zeitraum registrierten Durchflussdaten dienen als Grundlage einer standortspezifischen Verbrauchsanalyse. Die grafisch in Form von Lastgängen oder tabellarisch dargestellten Durchflusswerte ermöglichen eine schnelle und zuverlässige Erkennung von Wasserverlusten im überwachten Leitungsnetz. Das System erkennt selbstständig anhand von standortspezifischen Kenngrößen einen ungewöhnlichen Anstieg der Wasserentnahme und sendet eine Alarmmeldung an die Zentrale. Dort werden Sofortmaßnahmen eingeleitet, wodurch größere Wasserverluste verhindert werden können.
Grundsätzlich können zwei Phasen beim Betrieb des Monitoring-Systems unterschieden werden. Die erste Phase (Standortanalyse) umfasst den Zeitraum direkt nach dem Einbau des Systems. Da zu diesem Zeitpunkt die Entnahmecharakteristik des Standorts noch unbekannt ist, liegt das Hauptaugenmerk darauf, festzustellen, inwieweit aktuell bereits Wasserverluste auftreten. Zu diesem Zweck wird der Zeitpunkt mit der geringsten Wasserentnahme festgestellt und mit der standortspezifischen Vorhersage verglichen. Damit werden kontinuierliche Wasserverluste identifiziert, die auf eine Leckage hinweisen. Mit diesem Vorgehen lässt sich im Regelfall eine eindeutige Aussage über den aktuellen Status des Systems treffen (Abb. 1).
Nachdem der Zustand und die Entnahmecharakteristik des Versorgungssystems feststehen, können in der zweiten Phase die Grenzwerte zur Auslösung eines Alarmfalls bestimmt werden. Das System verfügt über mehrere Alarmpegel, sodass eine abgestufte Alarmierung in Abhängigkeit von der Leckagehöhe erfolgen kann.
Das auslösende Ereignis ist die mehrfache, kontinuierliche Überschreitung eines Grenzwertes. Dies kann sowohl hinsichtlich der Anzahl der Wiederholungen als auch der erfassten Wassermenge pro Stunde variiert werden. In der zweiten Phase (Dauerbetrieb) werden somit neu auftretende Leckagen sicher erfasst (Abb. 2).
Das eingesetzte System net-macs® besteht aus folgenden Komponenten:
- Wasserzähler mit Impulsgebern (Reed-/ Opto)
- batteriebetriebene Datenaufnahmebox pmb-box® (Erfassung, Auswertung, Alarmierung) mit Übertragung per Mobilfunk
- eine webservergestützte Bedienungsund Datenauswertungssoftware pmb- Control®
Grundvoraussetzung für den Einsatz des Systems ist die Ausstattung des Einspeisezählers mit Impulsgebern. Da die Zähler sich im Eigentum der öffentlichen Versorger befinden, ist ein entsprechender Antrag auf Um- bzw. Nachrüstung der Zähler zu stellen. Die dabei auftretenden Kosten variieren bei den verschiedenen Versorgern und sind im Wesentlichen von der Zählergröße und der Restlaufzeit bis zum nächsten turnusmäßigen Zählerwechsel abhängig.
Die Erfassung der Impulse erfolgt über einen batteriebetriebenen Datenlogger, der mittels GSM Mobilfunk die Daten auf eine web-basierte SQL-Datenbank überträgt. Die Logger sind standardmäßig für einen ununterbrochenen Einsatz von zwei bis drei Jahren ausgerüstet und sind gemäß IP 65 staub- und wasserdicht, sodass auch die Überflutung eines Schachtes ohne negative Auswirkungen bleibt.
Neben dem Datenlogger bildet die webservergestützte Softwarelösung das wesentliche zweite Element des Monitoring- Systems. Die gesamte Erfassung und Parametrierung der verschiedenen Standorte erfolgt über eine Benutzeroberfläche. Die eingesetzte Software ist mandantenfähig, sodass den Mitarbeitern aus verschiedenen regionalen Bereichen unterschiedliche Zugriffsrechte gewährt werden können. Die Darstellung erfolgt grafisch und alphanumerisch (Abb. 3). Über eine tabellarische Darstellung können aber genauso einzelne Verbrauchs- und Zählerwerte abgerufen werden. Eine Exportfunktion ermöglicht zur weiter gehenden Auswertung den Export der erfassten Daten (Abb. 4).
Die Verwendung eines webbasierten Auswerte- und Steuerungssystems mit der zusätzlichen Alarmierung per SMS ermöglicht einen kostengünstigen Betrieb an 7 Tagen in der Woche über 365 Tage. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Hard- und Software in den letzten zwei Jahren führte zu einer Anpassung des Monitoring-Systems an die auftretenden Anforderungen und Erfahrungen. So wurde z. B. die ursprünglich einstufige Alarmierung auf bis zu drei unterschiedliche Stufen erweitert. Dies führte zu einer deutlichen Verbesserung bei der Erkennung von Leckagen. Weiterhin wurde bedingt durch bestehende Ringleitungssysteme an einzelnen Standorten das System um die Möglichkeit erweitert, mehrere Datenlogger zu einem Verbund zusammenzufassen, sodass in Versorgungssystemen mit mehreren Ein- und Ausspeisepunkten eine eindeutige Leckageerkennung möglich ist.
Weiter gehender Prozessablauf nach Alarmfeststellung Damit auftretende Leckagen zeitnah behoben werden, wurden im Vorfeld Rahmenverträge mit den technischen Dienstleistern abgeschlossen, die auf Anforderung die Beseitigung der Leckagen durchführen bzw. koordinieren. Somit sind Verzögerungen durch langwierige Beauftragungsvorgänge ausgeschlossen. Nach Feststellung einer Leckage erhält der Dienstleister direkt eine Information durch die pmb-net AG. Somit ist eine kurzfristige Beseitigung der Leckage gewährleistet. Nach erfolgter Reparatur wird ein standardisiertes Protokoll zum Inhalt der durchgeführten Arbeiten erstellt. Die gesamten Daten werden durch pmb-net AG mittels einer Datenbank erfasst und über den Betriebszeitraum ausgewertet. Somit besteht die Möglichkeit, dass bei einer häufigen Wiederholung von Leckagen gezielt Optimierungsmaßnahmen z. B. in Form einer Teilstrangsanierung entwickelt werden können.
Kurze Reaktionszeiten sparen Geld Im Ergebnis der nunmehr zweijährigen Betriebsphase des Verbrauchs-Monitoring- Systems net-macs® konnte ein Prozess entwickelt und betrieben werden, der den eingangs erwähnten Ansprüchen voll gerecht wird. Unter der (durch die Vergangenheit belegten) Annahme, dass eine Leckage im Schnitt ohne das System mindestens zwei Monate unerkannt bliebe, ergab sich eine berechnete Einsparung in diesem Zeitraum von über 1,5 Millionen Euro. Die aktuellen Kosten belaufen sich dagegen pro überwachtem Zähler auf 100 Euro pro Monat. Der zusätzliche personelle Aufwand für den Immobilienbesitzer ist sehr gering und beschränkt sich weitestgehend auf den regelmäßigen Informationsabgleich mit dem externen Dienstleister sowie die Vorgabe der Rahmenbedingungen.