Erfahrungen eines Gutachters in Streitfällen: Kanalinspektion und -sanierung

18.06.2008

1. Der Sachverständige als Gerichtsgutachter

Er ist Helfer des Richters, nimmt zu keinen Rechtsfragen Stellung und bringt seinen Sachverstand ein. Die streitenden Parteien stellen Behauptungen auf. Das Gericht legt im Beweisbeschluss fest, über welche Behauptungen der Parteien der Sachverständige eine Stellungnahme abgeben soll. Dabei werden wesentliche Fragen, die der Sachverständige beantworten soll, vom Gericht festgelegt.
2. Beweisverfahren
Der Auftraggeber hat Mängel festgestellt, die er geltend machen will. Der Auftragnehmer lehnt derartige Mängel ab. Vor einem gerichtlichen Verfahren mit Klage kann der Auftraggeber ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren beantragen. Auf der Basis dieses Gutachtens können dann die Parteien entscheiden, ob sie Klage erheben wollen. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass dann im Gerichtsverfahren weitere Gutachten des Gerichts eingeholt werden. Das Gutachten des Beweisverfahrens hat einen wesentlichen Entscheidungswert für das Gericht.
3. Privatgutachten
Auftragnehmer oder Auftraggeber wollen im außergerichtlichen Verfahren wissen, wer einen Schaden verursacht hat, wer haftbar ist, “wer schuld ist“. Es handelt sich hierbei immer um ein Parteigutachten, das vor Gericht lediglich als qualifizierte Zeugenaussage gewertet wird. Ein Gerichtsgutachten hat die wesentlich höhere Wertigkeit hinsichtlich der Rechtsentscheidung.
Im Rahmen einer Schlichtung, eines Vergleichs vor einem Gerichtsverfahren, ist ein Privatgutachten aber auf jeden Fall hilfreich. Es kann zu Kosteneinsparungen im Bereich der gesamten Verfahrenskosten führen.
Bei kommunalen Beteiligten wird aufgrund der Rechtschutzversicherung ein Vergleich immer selten vereinbart, eher wird ein Prozess wahrscheinlich.
4. Wie können Parteien Risiken in Streitverfahren minimieren?
Im Streitverfahren vorzulegende Tatsachen, die nicht bestritten werden können, sind die aussichtsreichsten Beweise, die die Entscheidung maßgeblich beeinflussen (Tatsachen).
Die Risiken liegen vor Allem in folgenden Punkten:
  • Klare, zweifelsfreie Leistungsbeschreibung
  • Definition der Fakten, der Verfahren, der Materialien, der Wandstärken, der Gefälle, der Harzeigenschaften, der Vereinbarung von Prüfverfahren zur Qualitätssicherung. Fehlende Einbauprotokolle, Lieferscheine, Überwachung durch Fachingenieur.
  • Probenahme Auftraggeber, Rückstellproben 
Allgemeine Vorschriften, wie die Regeln der Technik, die Hinweise auf Güteschutzkanalbau, die Vereinbarung der RSV-Bedingungen und der verschiedenen ATVMerkblätter sind eben nicht ausreichend. Es muss speziell für das Projekt die Leistung eindeutig beschrieben werden.
Es können Grenzwerte vereinbart werden, die unbedingt einzuhalten sind und die Folgen, wenn die Grenzwerte unterschritten werden (Vereinbarung von Minderungen ähnlich TV bit).
Das wesentliche Merkmal für einen aussichtsreichen Streitfall, ist die umfassende Dokumentation und die dazugehörige Planunterlage des streitgegenständlichen Projektes.
Der Bauherr sollte grundsätzlich selbst die Abnahme organisieren und realisieren. Die Abnahme führt nicht der Auftragnehmer durch. Der Bauherr zieht unter Umständen einen Sachverständigen zur Abnahme hinzu, weil sich nach der Abnahme die Beweislast von möglichen Schäden umkehrt (Subsidiaritätsprinzip). Zu diesem Zeitpunkt ist das Rückbehaltungsrecht noch wesentlich größer, als die üblichen 5 % Gewährleistungsbürgschaft.
Je günstiger das Angebot war, desto wichtiger wird die Bauüberwachung und Abnahme, gerade bei Maßnahmen, wie Kanalsanierungsprojekten, bei denen es sich um Bauen im Bestand handelt.
5. Mögliche Stellungnahmen des Sachverständigen in der Kanalsanierung und Kanalinspektion
  • Qualität der bildlichen Dokumentation
  • Fragen zur Reinigung, mögliche Schadenseinflüsse durch die Reinigung (Einsatz der richtigen Düsen)
  • Beschädigung von Kunststoffauskleidungen durch Hochdruckreinigung
  • Falten und Beulen im Liner
  • Nicht fachgerechte Anschlüsse bei Schachteinbindungen, Hinterläufigkeit
  • Nicht fachgerechte Anschlüsse von Seitenkanälen
  • Beurteilung von Partlinersystemen*, Schäden an Inlinern durch hochstehende Fasern, ablösende Folien.
Fazit:
Die beste Möglichkeit, Streitfälle zu entscheiden und zu vermeiden besteht darin, während der Projektabwicklung in eine sehr gute Planung und Bauüberwachung sowie in eine laufende Qualitätskontrolle und eine sachverständige, überparteiliche Abnahme zu investieren. Eine Summe von 5.000 bis 10.000 € ist immer billiger als ein unbefriedigendes gerichtliches Verfahren und führt schneller zum nachhaltigen Erfolg.
 
*Anmerkung der Redaktion: Partliner™ ist ein eingetragenes Warenzeichen der resinnovation GmbH

Kontakt

Dipl.-Ing. Peter Jung (ISAS Gesellschaft mbH)

87629 Füssen

Telefon:

(0 83 62) 91 66 - 0

Fax:

(0 83 62) 91 66 - 22

E-Mail:

info@kanalsanierung.com

Internet:

Zur Webseite