Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Ausbesserung von Kanälen aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton

Maßnahmen zur Ausbesserung von Fehlstellen im Rohrinnenbereich von Kanälen und Bauwerken der Ortsentwässerung aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton zielen in Abhängigkeit des gewählten Reparaturmörtels u.a. auf [DAfStB:1992] :

  • die Erhaltung und Wiederherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrung;
  • Wiederherstellung/Ergänzung des Betonquerschnitts mit oder ohne Anforderungen an die Standsicherheit;
  • bereichsweise Wiederherstellung oder Erhöhung des Widerstandes der Betonoberfläche
    • gegen Eindringen betonangreifender Stoffe,
    • gegen Eindringen stahlangreifender Stoffe,
    • gegen mechanische Angriffe (Verschleiß).

Geeignete Materialien für die Reparatur bewehrter und unbewehrter Betonrohre und -schächte sind:

  • Zementmörtel, Beton, Spritzbeton (Cement Concrete - CC),
  • kunststoffmodifizierte Zementmörtel (Polymer Cement Concrete - PCC),
  • Reaktionsharzmörtel (Polymer Concrete - PC) auf der Basis von Epoxidharzen, ungesättigten Polyesterharzen, Polyurethan- oder Polymethylmethacrylatharzen.

Eine Zwitterstellung zwischen Zement- und Reaktionsharzmörteln nehmen die mineralischen Mörtel mit wasseremulgierbaren Epoxidharzzusätzen ein, deren Erhärtungsverhalten maßgeblich von der genauen Abstimmung der Reaktionsgeschwindigkeit beider Bindemittelarten abhängen [BDZ89] .

Die Betone und Mörtel, nachfolgend Reparaturmörtel genannt, sind Bestandteile sogenannter Betoninstandsetzungssysteme, die in der Regel wie folgt aufgebaut sind [BDZ89] [Grube90] :

  • Korrosionsschutz der Bewehrung,
  • Haftbrücke,
  • Spachtelmasse zum Angleichen der ausgebesserten Fehlstellen an den unbeschädigten Beton,
  • Schicht zur Behinderung des Eindringens von Schadstoffen.
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Bild 5.2.1.3-1: 

Typischer Aufbau von Betoninstandsetzungssystemen in Anlehnung an [Grube90] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH] - Polymer-Cement-Concrete (PCC)

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Bild 5.2.1.3-2: 

Typischer Aufbau von Betoninstandsetzungssystemen in Anlehnung an [Grube90] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH] - Epoxidharz-Cement-Concrete (ECC)

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Bild 5.2.1.3-3: 

Typischer Aufbau von Betoninstandsetzungssystemen in Anlehnung an [Grube90] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH] - Epoxidharz-Concrete (PC)

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Bild 5.2.1.3-4: 

Typischer Aufbau von Betoninstandsetzungssystemen in Anlehnung an [Grube90] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH] - Cement-Concrete (CC)

 

Betoninstandsetzungssysteme bestehen aus werkseitig gemischten Produkten, die für die einzelnen Arbeitsgänge aufeinander abgestimmt sind. Bei ihrer Anwendung müssen neben den maßgebenden Normen und Richtlinien die systembezogenen Arbeitsanweisungen des Herstellers sowohl für die Untergrundvorbehandlung als auch für die Ausführung beachtet werden. Solche Systeme sollten nur dann verwendet werden, wenn ihre Zusammensetzung bekannt ist und den Grundsätzen der "Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (ZTV-SIB 90)" [ZTVSIB90] und der "Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen" [DAfStB:1992] entspricht.

Ein Beispiel für ein Betoninstandsetzungssystem auf Zementmörtelbasis mit Additiven mit den zugehörigen Werkstoffkennwerten enthält (Tabelle 5.2.1.3-1) [FI-PCI] [Groch88] .

 
Tabelle 5.2.1.3-1: 

Verarbeitungsdaten und technische Daten von Haftbrücke PCI-Kanahaft und Reparaturmörtel PCI-Kanament für Abwasserbauwerke [FI-PCI]

PCI−Kanahaft PCI−Kanament
Materialtechnologische Daten
Komponenten 1−komponentig 1−komponentig
Frischmörteldichte 2,0 g⁄cm3 2,2 g⁄cm3
Kennzeichnung nach
  • Gefahrgutverordnung Straße (GGVS)
kein Gefahrgut kein Gefahrgut
  • Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF)
entfällt entfällt
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
reizend, enthält Zement reizend, enthält Zement
Anwendungstechnische Daten
Trockenmörtelverbrauch pro mm Schichtdicke ca. 1,7 kg⁄m2 ca. 1,9 kg⁄m2
Schichtdicke 1,5 − 2,0 mm 5 − 2,0 mm
Verarbeitungstemperatur
(Untergrund− und Umgebungstemperatur)
+5°C bis +25°C +5°C bis +25°C
Mischzeit ca. 4 Minuten ca. 4 Minuten
Reifezeit ca. 3 Minuten kenen
Verarbeitungszeit*) ca. 50 Minuten ca. 50 Minuten
Begehbar*) nach ca. 1 Tag
Temperaturbeständigkeit −25°C bis +80°C −25°C bis +80°C
*) Bei den in Abwasserbauwerken üblichen Verhältnissen

Während die Reparaturmörtel mit einer im Vergleich zu Beton geringen Dehnsteifigkeit für Schadensbehebungsmaßnahmen, die eine statische Mitwirkung erfordern, nachteilig sind, sind sie dagegen wegen ihres größeren Verformungsvermögens für Schutzmaßnahmen im oberflächennahen Bereich zur Sicherung der Dauerhaftigkeit und Gebrauchsfähigkeit normalerweise vorteilhaft.

Für Reparaturen, die nur die Betonoberfläche oder den Schutz der Bewehrung gegen Korrosion betreffen, werden deshalb kunststoffmodifizierte Zementmörtel (PCC) und Reaktionsharzmörtel (PC) bevorzugt verwendet [Grube90] .

Ausschließlich zementgebundene Reparaturmörtel sind nur geeignet für Bereiche, in denen keine Bewegungen mehr auftreten. Ist dies nicht der Fall, wird die undichte Stelle etwas tiefer ausgestemmt, mit einem der o.a. Mittel vorverfüllt und anschließend der verbleibende Bereich mit einer Fugendichtungsmasse [Stein82a] elastisch verschlossen.

Alle genannten Reparaturmörtel (Abschnitt 5.3.1) lassen sich in ihrem Abbindeverhalten so beschleunigen, daß der Erhärtungsvorgang nur wenige Minuten dauert. Dies ist insofern wichtig, weil bereits eine schwache Sickerströmung den Verbund zwischen Mörtel und Untergrund schwächen und das Korngerüst des Mörtels in den Kontaktzonen auswaschen kann.

Kunststoffmodifizierte Zementmörtelsysteme sind nicht genormte Baustoffe, deren Eignung im Rahmen einer erweiterten Eignungsprüfung (Grundprüfung) nachzuweisen ist [Kwasn85] .

Der Stoffhersteller muß sein Produkt einer laufenden Eigen- und Fremdüberwachung nach festgelegten Prüfplänen unterwerfen. Bei der Bauausführung werden dann noch einige wichtige, aussagekräftige Eigenschaften ebenfalls nach einem Prüfplan nachgewiesen [Grube90] .

Einige der auf dem Markt befindlichen und zur Abdichtung eingesetzten Mörtel [FI-ISPO] [FI-Reuß] [FI-Woell] , oft auch als Stopfmörtel oder Quellvergußmörtel bezeichnet, dehnen sich mit oder ohne Feuchtigkeitseinwirkung aus und unterstützen so die Abdichtwirkung.

Wegen der oftmals nur geringen benötigten Mengen sollten Fertigprodukte eingesetzt werden, die eine bessere Verarbeitbarkeit und eine gleichbleibend höhere Güte gewährleisten (s. ATV-A 140 [ATVA140] ).

Bezüglich der stofflichen Zusammensetzung und der Auswahl der Mörtel sowie der anzuwendenden Verarbeitungstechniken können sinngemäß die nachfolgenden Richtlinien und Vorschriften aus dem Betonbau übertragen werden:

Die zur ordnungsgemäßen Durchführung von Reparaturmaßnahmen erforderlichen Arbeitsschritte sind:

  • Außerbetriebsetzen der entsprechenden Haltung und Schaffung einer künstlichen Vorflut,
  • Reinigen der Haltung bzw. des Bauwerkes ( z. B. mittels Hochdruckspülverfahren) und Entfernen aller losen Teile,
  • Vorabdichten undichter Stellen und in Abhängigkeit vom gewählten Reparaturmörtel auch deren Trocknung,
  • Oberflächenvorbehandlung
  • Freilegen und Entrosten der Bewehrung bei Stahlbetonrohren,
  • Korrosionsschutz der Bewehrung,
  • Herstellen einer Haftbrücke zwischen Altbeton und Reparaturmörtel,
  • Aufbringen des Reparaturmörtels.

(Bild 5.2.1.3-5) , (Bild 5.2.1.3-6) , (Bild 5.2.1.3-7) , (Bild 5.2.1.3-8) und (Bild 5.2.1.3-9) zeigen beispielhaft die Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung durch die "Spachtelmethode", die vorzugsweise bei punktueller Ausbesserung einzelner Schadensstellen angewandt wird.

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Bild 5.2.1.3-5: 

Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung im engeren Schadensbereich in Anlehnung an [BDZ89] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Aufsuchen und Freilegen aller erkennbaren Schadensstellen bis auf den tragfähigen Beton. <br>
1 carbonatisierter Beton <br>
2 alkalischer Beton

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Bild 5.2.1.3-6: 

Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung im engeren Schadensbereich in Anlehnung an [BDZ89] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Entrosten der freigelegten Bewehrungsstäbe und Reinigen der vorgesehenen Reparaturfläche von allen verbundmindernden Bestandteilen.<br>
1 gesandstrahlt

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Bild 5.2.1.3-7: 

Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung im engeren Schadensbereich in Anlehnung an [BDZ89] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Konservieren der entrosteten Bewehrung durch einen zweifach Korrosionsanstrich.

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Bild 5.2.1.3-8: 

Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung im engeren Schadensbereich in Anlehnung an [BDZ89] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Herstellen einer Haftbrücke zwischen Altbeton und Reparaturmörtel.

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Bild 5.2.1.3-9: 

Arbeitsschritte bei der Reparatur von Betonabsprengungen durch korrodierte Bewehrung im engeren Schadensbereich in Anlehnung an [BDZ89] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

Ausbessern der Schadensstellen mit Reparaturmörtel.

 

Die Reparatur mit den zugehörigen Arbeitsschritten eines durch Korrosion oder Abrieb beschädigten Kanalsohlenbereiches zeigen (Bild 5.2.1.3-10) , (Bild 5.2.1.3-11) und (Bild 5.2.1.3-12) .

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Bild 5.2.1.3-10: 

Reparatur eines korrodierten Kanalsohlenbereiches [FI-Deilm81] - Korrodierte Kanalsohle

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Bild 5.2.1.3-11: 

Reparatur eines korrodierten Kanalsohlenbereiches [FI-Deilm81] - Sandstrahlen der Kanalsohle

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Bild 5.2.1.3-12: 

Reparatur eines korrodierten Kanalsohlenbereiches [FI-Deilm81] - Aufbringen des Ausgleichsmörtel

 

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)