Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Faserrückverankertes Beschichtungssystem

Von der Hochtief AG wurde ein spezielles im Spritzverfahren aufzutragendes Zwei-Schichten-Sanierungssystem für begehbare Kanäle entwickelt, wobei die erste Schicht als Rückverankerung für die zweite dient [Hille87] . Die Rückverankerung wird durch einen kunststoffmodifizierten Spritzbeton (SPCC) mit Polyacrylnitrilfasern erzeugt.

Zur Herstellung des SPCC-Bereitstellungsgemisches (aufgespritzter kunststoffmodifizierter Zementmörtel) wird wasseremulgierbares Epoxidharz verwendet, das nach [ZTVSIB90] insbesondere die Bruchdehnung gegenüber Normalbeton verdoppelt, den Elastizitätsmodul herabsetzt, den Rückprall verringert und damit besonders günstige Festigkeits- und Verformungseigenschaften für den Ausgleichbeton auf der geschädigten Kanaloberfläche liefert. Der Harzanteil beträgt etwa 8 % vom Zementgewicht. Der Zementgehalt liegt bei 400 kg/ m3.

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Bild 5.3.1.8.2-1: 

Faserrückverankertes Beschichtungssystem der Hochtief AG - Schnitt durch die Beschichtung [Hille87]

Nach Applikation des Faserspritzbetons wird dieser in seiner Oberfläche im Erhärtungsverlauf verzögert und anschließend ausgewaschen, so daß die Fasern aus der Oberfläche herausstehen. Sie binden in die in einem zweiten Spritzvorgang aufgebrachte Reaktionsharzbeschichtung ein (Bild 5.3.1.8.2-1) .

Damit das zwischen Reaktionsharzbeschichtung und Betonoberfläche gelangende Wasser keinen Druck aufbauen kann, wird die Kunstharzbeschichtung nur über einen Winkel von 270° ausgeführt. Im unteren Teil, im Bereich der Kanalsohle, bleibt der Beton unbeschichtet.

Der Arbeitsablauf gestaltet sich wie folgt [Hille87] :

  • Porentiefes Reinigen der zu beschichtenden Betonoberfläche mit Hochdruckwasserstrahlen bis 1200 bar.
  • Auffüllen tieferer Fehlstellen mit SPCC ohne Faserzugabe.
  • Aufbringen des SPCC mit Polyacrylnitrilfasern in einer Dicke bis zu 2 cm.
  • Glätten der Spritzbetonoberfläche und Auftragen eines Abbindeverzögerers im Sprühverfahren.
  • Auswaschen der Zementhaut, so daß die Polyacrylnitrilfasern wie ein Haarfilz aus der Oberfläche herausragen.
  • Aufbringen einer Polyesterbeschichtung in drei Arbeitsschritten. Zunächst wird eine Grundierung in den Faserfilz eingearbeitet, in diese eine Glasbewehrung eingebunden und zur Erzielung einer porenfreien, ebenen und glatten
Oberfläche ein Topcoat aufgebracht.

Dieses Beschichtungssystem zeichnet sich nach Firmenangaben durch folgende Vorteile aus:

  • Die Ausgleichsschicht aus Faserspritzbeton als Haftgrund für die Harzbeschichtung bleibt rissefrei durch Einbinden eines wasseremulgierbaren Epoxidharzes in die Zementsteinmatrix.
  • Die Reaktionsharzschicht, in Hamburg bei einem ersten Einsatz als glasfaserverstärkter Polyester ausgeführt, besitzt einen hohen Widerstand gegen chemischen Angriff.
  • Die schützende Reaktionsharzbeschichtung ist fest mit dem Untergund durch die in das Harz und in den Spritzbeton eingebundenen korrosionsfesten Fasern verbunden.
  • Da sämtliche Schichten im Spritzverfahren aufgebracht werden, läßt sich jede beliebige geometrische Form an Ort und Stelle ausformen.

Trotz eines erfolgreichen Einsatzes im Entwässerungsnetz der Stadt Hamburg wird dieses Verfahren aus Kostengründen nicht mehr angewendet.

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)