Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Arbeitsablauf

Nach dem Ansetzen und Zentrieren der Schleudermaschine an einem Ende der zu sanierenden Haltung wird das Gerät mit konstanter Geschwindigkeit rückwärts durch die Haltung gezogen oder gefahren. Dabei erfolgt das Anschleudern des Mörtels an die Rohrinnenwand mit einem mit Druckluft oder elektrisch angetriebenen, schnell rotierenden Schleuderkopf (Bild 5.3.1.9.1.2.2-1) (Bild 5.3.1.9.1.2.2-3) . Durch in diesem radial angeordnete und im Außenbereich kammartig ausgebildete Bleche wird der Mörtel fein verteilt (Bild 5.3.1.9.1.2.2-2) .

Der angeschleuderte Mörtel wird i.a. sofort geglättet. In Abhängigkeit von der Nennweite erfolgt dies durch einen mit der Maschine gekoppelten Glätttrichter oder Glättballon bzw. durch Glättkellen (Bild 5.3.1.9.1.2.2-4) .

Die gewünschte Schichtdicke wird bei konstanter Mörtelzufuhr und Rotationsgeschwindigkeit des Schleuderkopfes durch die vorher festgelegte Fahrgeschwindigkeit der Maschine erzielt (Bild 5.3.1.9.1.2.2-5) .

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-1: 

Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen - Schleuderkopf [FI-Teerb]

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-2: 

Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen [FI-Teerb] - Schleuderkopf mit Glättrichter

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-3: 

Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen [FI-Teerb] - Positionieren des Schleuderkopfes im Rohr

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-4: 

Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen [FI-Jonas] [FI-Heitkb] : Glätttrichter

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-5: 

Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen [FI-Teerb] - Mit Zementmörtel ausgeschleudertes Stahlrohr

 

Die bei dieser Vorgehensweise möglicherweise auftretenden Probleme sollen mit dem in England entwickelten "Langdon International?s insitu pipe lining process" [NN86h] vermieden werden. Dieses System findet beim Twin-Line-Verfahren Anwendung und wird dort erläutert.

Eine Übersicht über die in Abhängigkeit der Rohrnennweite eingesetzten üblichen Maschinen- und Mörtelfördersysteme vermittelt (Tabelle 5.3.1.9.1.2.2-1) .

 
Tabelle 5.3.1.9.1.2.2-1: 

Maschinensysteme für Zementbeschichtungen nach dem Anschleuderverfahren [Maidl81] [FI-Heitkb]

Maschinensystem
Mörteltransport
Nennweiten DN [mm]
Nichtbegehbar Begehbar
80 ≤ DN ≤ 600 200 ≤ DN ≤ 600 600 ≤ DN < 900 DN ≥ 900
Maschinentyp Zylindrische Maschine
auf Kufen mit
Glättrichter
Zylindrische Maschine
auf Kufen mit
Glättkellen
Maschine auf Gummirädern mit Glättkellen
Antrieb Maschine Nicht selbstfahrend
(von stufenlos
regelbarer Seilwinde
gezogen)
Nicht selbstfahrend
(von stufenlos
regelbarer Seilwinde
gezogen)
Selbstfahrend mit Elektromotor
Antrieb
Schleuderkopf
Druckluft Elektrisch Elektrisch
Bedienung Mannlos Mannlos ⁄ Während
des Anschleuderns
mittels integrierter
TV−Kamera
Mit Aufsichtsperson in der Rohrleitung
Max.
Abschnittslängen
bei geraden
Leitungen
Nennweitenabhängig
von 100 m bis 220 m
Nennweitenabhängig
von 150 m bis 220 m
Bis ca. 600 m Bis ca. 5000 m
Mörteltransport Pumpen vom Mischer
durch Schlauchleitung
und durch die
Gerätehohlwelle bis
zum Schleuderkopf
Pumpen vom Mischer
durch Schlauchleitung
und durch die
Gerätehohlwelle bis
zum Schleuderkopf
Pumpen vom
Mischer durch
Schlauchleitung
in Geräte−
vorratsbehälter.
Weitertransport
mittels
Förderschnecke
zum
Schleuderkopf
  1. Wie Nennweiten−
    bereich DN 600 bis DN
    900
  2. Mit elektrisch
    betriebenem Zubrin−
    gerwagen mit
    eingebauter Förder−
    schnecke zur Übergabe
    des Mörtels in einen
    Bunker−
    wagen, der hinter der
    Schleudermaschine
    fahrend als
    Vorratsbehälter dient.
    Von dort mittels
    Förderschnecke in
    Gerätevorrats−
    behälter und mit
    Förderschnecke zum
    Schleuderkopf
  3. Wie 2., jedoch mit
    einem unterteilten
    Zubringerwagen, der
    den Trockenmörtel und
    das Wasser getrennt in
    einen Bunkerwagen, der
    mit einer
    Nachmischschnecke
    ausgerüstet ist.
Kontrolle
  1. Nach dem Anschleudern (Mörtel
    ausgehärtet) durch Befahrung mit
    TV−Kamera
  2. Für 50 ≤ DN < 200; Während des
    Anschleuderns mittels
    rechnergesteuertem Meßsystem für
    Mörtel − Durchflußmenge und
    Seilziehgeschwindigkeit
  3. Für DN ≥ 200: Während des
    Anschleuderns mittels integrierter
    TV-Kamera
Bei allen Leitungen
≥ DN 600 durch
die
Aufsichtsperson
während der
Beschichtung;
nachträglich durch
Begehung
Sanierung von Kanälen mit Eiquerschnitt möglich
Animation 5.3.1.9.1.2.2-1:  Anschleudern von Zementmörtel in nichtbegehbaren Kanälen in Anlehnung an [FI-Jonas] [WRC84b] [FI-Tate] [FI-Heitkb] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH] - Anschleudern von Zementmörtel

Beim ersten Nennweitenbereich bis < DN 600, bei dem mannlos gearbeitet wird, findet eine zylindrische und auf Kufen zentrisch gelagerte Maschine Anwendung, die über keinen eigenen Antrieb zur Fortbewegung verfügt, sondern von einer Seilwinde mit stufenlos regelbarer Seilgeschwindigkeit durch den zu sanierenden Kanalabschnitt gezogen wird (Animation 5.3.1.9.1.2.2-1) .

In dem zylindrischen Grundkörper der Maschine ist der mit Druckluft betriebene Antriebsmotor untergebracht. Er treibt über eine Hohlwelle, die zentrisch durch das ganze Gerät geführt ist und der Zuführung des Zementmörtels dient, den Schleuderkopf an.

Zur Glättung der Beschichtungsoberfläche dient ein angehängter kegelförmiger Glätttrichter aus elastischem Stahlblech (Bild 5.3.1.9.1.2.2-2) bei geringen Schichtdicken oder ein Glättballon [FI-Kasap] . Der Zementmörtel wird vom Mischer bis zur Hohlwelle durch eine Schlauchleitung gepumpt.

Bei Nennweiten > DN 600 werden elektrisch angetriebene und luftbereifte Auskleidungmaschinen eingesetzt (Animation 5.3.1.9.1.2.2-2) .

Animation 5.3.1.9.1.2.2-2:  Funktionsprinzip einer selbstfahrenden Anschleudermaschine mit Glättkellen [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]
image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-6: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Selbstfahrende Anschleudermaschine [FI-Teerb]

Sie besitzen einen trichterförmigen Vorratsbehälter, in den der Zementmörtel über eine Schlauchleitung gepumpt wird. Eine Förderschnecke drückt aus diesem Behälter die notwendige Mörtelmenge in den Schleuderkopf. Hinter dem Schleuderkopf rotieren in axialer Verlängerung zwei Kellen (in Ausnahmefällen auch eine Kelle) die mit bestimmter Federspannung gegen die Mörteloberfläche gedrückt werden und somit eine Glättung der Oberfläche bewirken (Animation 5.3.1.9.1.2.2-2) (Bild 5.3.1.9.1.2.2-7) .

Die Versorgungsleitungen für Strom und Mörtel werden von einer Seilwinde, deren Geschwindigkeit der Anschleudermaschine angepaßt ist, durch die Leitung gezogen. Ein Maschinenführer beobachtet die sonst automatisch ablaufenden Arbeiten im Rohr (Bild 5.3.1.9.1.2.2-7) (Bild 5.3.1.9.1.2.2-8) .

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-7: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Blick auf eine Anschleudermaschine mit einer Glättkelle im Einsatz [FI-Heitkb]

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-8: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Bergung der Anschleudermaschine [FI-Heitkb]

 

Bei Nennweiten > DN 900 und sehr langen Haltungen ist der Mörteltransport auch durch Zubringerwagen möglich [Naber71] (Bild 5.3.1.9.1.2.2-9) (Bild 5.3.1.9.1.2.2-10) (Bild 5.3.1.9.1.2.2-11) . Die Mörtelübergabe wird dabei mittels einer Fernsehkamera überwacht.

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-9: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Blick auf selbstfahrenden Mörtelzubringer, bestehend aus Vorratsbehälter, Stromversorgungseinheit und Bedienungsstand [FI-Jonas]

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-10: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Mörteltransport mit Mörtelzubringer [FI-Jonas]

 

Einen Überblick über die bei sehr großen Rohrquerschnitten (bis DN 6700) eingesetzten Geräte vermittelt (Abschnitt 5.3.1.9.1.2.2) .

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-11: 

Anschleudern von Zementmörtel in begehbaren Kanälen - Anschleudermaschine [FI-Heitkb]

 

Wie bereits erwähnt, beschränkt sich der Einsatzbereich des Centriline-Verfahrens ausschließlich auf Rohrleitungen mit Kreisquerschnitten. Es sind Ansätze bekannt, diese Technik auch für Eiquerschnitte einzusetzen (Bild 5.3.1.9.1.2.2-12) . Das Anschleudern des Zementmörtels erfolgt über zwei Schleudermaschinen, die in einem entsprechenden Abstand übereinander angeordnet sind; eine Glättung der Oberfläche ist nicht möglich.

Bei fachgerechter Ausführung und Vorbereitung lassen sich mit dem Centriline-Verfahren sehr gute Beschichtungen erzielen. Dabei hängt die Beschaffenheit der Oberfläche maßgeblich vom eingesetzten Glättgerät ab. Mit einem Glätttrichter läßt sich eine nahezu konturenfreie Oberfläche herstellen; Glättkellen erzeugen eine wellenförmige Profilierung. Ungeglättete Beschichtungen besitzen eine der Apfelsinenhaut ähnelnde Oberfläche (Bild 5.3.1.9.1.2.2-13) .

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-12: 

Anschleudermaschine für Beschichtung von Eiquerschnitten [FI-Heitkb]

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-13: 

Oberflächenstruktur einer ungeglätteten Beschichtung aus kunststoffmodifiziertem Zementmörtel [FI-KMG]

 

Im Abwassersektor gibt es noch keine speziellen Anforderungen an die einzuhaltenden Mörtelfestigkeiten. Als Anhaltswerte für Zementmörtel können die im DVGW-Arbeitsblatt W 343 [DVGWAW343] angegebenen Festigkeiten dienen (Tabelle 5.3.1.9.1.2.2-2) .

 
Tabelle 5.3.1.9.1.2.2-2: 

Mörtelfestigkeiten nach DVGW-W 343 [DVGWAW343]

Verfahren Mindestfestigkeiten in N⁄mm2 nach 28
Tagen
W⁄Z − Wert
Druckfestigkeit Biegezugfestigkeit
Anschleuderverfahren 64*) 8*) 0,35
Verdrängungsverfahren 50 7 0,40
*) Bei einem W⁄Z−Wert von 0,40 darf die Druckfestigkeit 54 N⁄mm2 und die
Biegezugfestigkeit 6 N/mm2 betragen

Nach Abschluß der Anschleuderung wird der jeweilige Leitungsabschnitt an den Enden sofort abgeschlossen, um ein schnelles Austrocknen des Zementmörtels zu verhindern. Empfehlenswert ist die Feuchthaltung der Beschichtung, wobei als optimale Nachbehandlung das Fluten des Rohrstranges frühestens 12 Stunden nach Herstellung der Beschichtung angesehen werden kann. Weitere Angaben zur Nachbehandlung von Beton enthält [DAfStB84] .

Bei Verwendung der im (Abschnitt 5.3.1.3.1) angeführten Spezialmörtel kann aufgrund der geringen Abbindezeit von 3 Stunden die sanierte Haltung bereits nach wenigen Stunden wieder in Betrieb gesetzt werden [FI-Jonas] .

image
Bild 5.3.1.9.1.2.2-14: 

Kanalzustand nach unsachgemäß durchgeführter Beschichtung

Der in die Anschlußkanäle eingedrungene Mörtel ist zu entfernen.

Im Bereich von Baugruben herausgenommene Rohre und Halbzylinderschalen werden vor dem Wiedereinbau beschichtet.

Unsachgemäß durchgeführte Beschichtungen (Bild 5.3.1.9.1.2.2-14) führen einerseits nicht zum gewünschten Ergebnis und zum anderen kann im Extremfall durch Abfallen der frischen Mörtelschicht oder Verfüllen des Kanals mit Mörtel ein Zustand erzeugt werden, der bei nicht rechtzeitigem Erkennen eine Erneuerung der Haltung notwendig macht.

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)