Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Beurteilung

Die Vorteile des Anschleuderverfahrens sind:

  • einsetzbar nahezu unabhängig von Nennweite und Haltungslänge;
  • Beschichtung auf Beton, Steinzeug, Asbestzement, Stahl, Guß und Klinkermauerwerk (bedingt) möglich;
  • neben Zementmörteln lassen sich bei entsprechender Maschinenmodifikation auch kunststoffmodifizierte Zementmörtel verarbeiten;
  • Erzielung höherer Mörteldichten und -festigkeiten gegenüber den Verdrängungsverfahren;
  • Schichtdicke auch innerhalb einer Haltung variierbar;
  • gegenüber den Verdrängungsverfahren weniger störanfällig bei Rohrversatz, Abwinkelungen und größeren Toleranzen der Rohrabmessungen und der Querschnittsform;
  • hohe Arbeitsgeschwindigkeit mit Leistungen von 1 bis 2 Haltungen (bis ca. 150 m) pro Tag;
  • Anschlußkanäle bilden keinen wesentlichen Störfaktor.

Nachteile:

  • die zu sanierende Haltung und Anschlußkanäle sind außer Betrieb zu setzen;
  • der Untergrund ist in Abhängigkeit des gewählten Beschichtungsmörtels sorgfältig vorzubereiten (Abschnitt 5.3.1.4) ;
  • die Beschichtung ist vornehmlich nur bei Kreisquerschnitt möglich;
  • die Glättung ist nur bei kreisrunden Leitungen ohne Rohrversatz möglich.

Die Kosten einer Sanierung nach dem Anschleuderverfahren betragen ca. 20 bis 50 % der einer Leitungsneuverlegung.

Für das Anschleudern in großen, statisch tragfähigen Schichtdicken in einem Arbeitsgang (in Versuchen wurden Schichtdicken bis 40 mm erreicht) ist eine sehr gute Haftung des Frischmörtels an der Rohrinnenfläche direkt nach dem Anschleudern erforderlich, die u.a. durch den Wassergehalt des Mörtels erheblich beeinflußt wird.

Ist der Mörtel zu trocken, so besitzt er keine ausreichende Benetzungsfähigkeit und haftet somit nicht an der Rohrwand, sondern löst sich ab (Bild 5.3.1.9.1.4-1) . Wird zuviel Wasser zugegeben, so fließt der Mörtel aufgrund seines hohen Eigengewichtes von der Wand herab. In beiden Fällen spielt die Oberflächenbeschaffenheit des zu beschichtenden Kanals zusätzlich eine wesentliche Rolle. So wird z.B. bei hochfesten Betonrohren mit sehr dichter, glatter Oberfläche eine Benetzung und Adhäsion der Beschichtung erheblich erschwert [Stein97f] .

Die Tragwirkung einer solchen Beschichtung beruht auf einem in allen Bereichen homogenen, dauerhaften Verbundsystem zwischen Altrohr und Beschichtung.

image
Bild 5.3.1.9.1.4-1: 

Ablösen einer im Anschleuderverfahren aufgebrachten Beschichtung (Schichtdicke ca 40 mm) im Scheitelbereich eines Betonrohres [Stein97f]

Unter den Bedingungen in Kanalisationen, aber auch verfahrensbedingt z.B. durch Rückprallablagerungen im Sohlenbereich, ist ein homogener, dauerhafter Verbund einer statisch tragfähigen Beschichtung , wenn überhaupt, nur mit erheblichem Aufwand zu realisieren. Aus diesem Grund sollte die Tragfähigkeit einer so sanierten Haltung nur unter der Bedingung ermittelt werden, daß zwischen Altrohr und Beschichtung kein statisch wirksamer Verbund besteht.

Zur Vermeidung eines statisch nicht erfassbaren punktuellen Verbundes, der z.B. zwischen Beschichtung und Altrohr zu schädlichen Schwindspannungen führen kann, dienen Trennschichten, z.B. auf der Basis von Kunststoffen und Bitumen, die zuvor auf die Altrohr-Innenwandung appliziert werden [Stein97f] .

Bei der aufgeschleuderten Mörtelschale handelt es sich dann nicht mehr um eine Beschichtung, sondern um eine im Ortbetonverfahren hergestellte Vollauskleidung (Abschnitt 5.3.2.4.3) .

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)