Berechnungen mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente (FEM)
Numerische Berechnungsmethoden nehmen heute in vielen Bereichen des Ingenieurwesens einen hohen Stellenwert ein. Wegen ihrer vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten ist die Finite-Elemente-Methode (FEM) das am häufigsten verwendete Verfahren, wenn auch die Randelemente-Methode (REM), Diskrete-Elemente-Methoden (DEM) sowie die Finite-Differenzen-Methoden (FDM) in einigen Fällen sinnvolle Alternativen darstellen [Schwe94] .
Bei der Finite-Elemente-Methode wird der Verlauf der Unbekannten innerhalb eines Elementes durch Ansatzfunktionen bzw. Formfunktionen angenähert. Die primären Unbekannten - hier die Verschiebungen - werden an den Elementknoten ermittelt. Als wesentlicher Vorteil der FEM kann gelten, daß unregelmäßige Geometrien und Randbedingungen problemlos berücksichtigt werden können. Als wichtigste Limitierung der Finite-Elemente-Methode muß festgehalten werden, daß sie auf kontinuumsmechanischen Grundsätzen beruht und daher Brucherscheinungen, die von einem Übergang Kontinuum-Diskontinuum gekennzeichnet sind, nicht oder nur unzureichend beschreibt [Schwe94] . Die Methode ist in der Literatur ausführlich beschrieben [Hibbi95] [Schwe94] [Galla76] [Zienk75] .
Die Ergebnisse einer Tragwerksanalyse nach der Finite-Elemente-Methode stellen immer nur eine Näherung des tatsächlichen Tragwerkverhaltens dar. Der dabei begangene Fehler wird um so geringer, je feiner das Tragwerk diskretisiert wird. Mit größerer Elementanzahl steigt allerdings der Rechenaufwand erheblich, so daß stets zwischen der zu erzielenden Genauigkeit und dem damit verbundenen Rechenaufwand abzuwägen ist.
Zur numerischen Untersuchung des Tragverhaltens von Inlinern wurde an der Arbeitsgruppe Leitungsbau und Leitungsinstandhaltung der Ruhr-Universität Bochum das FEM-Programmsystem ABAQUS Version 5.6 eingesetzt. Die wesentlichen Eingabedaten des Programms beziehen sich auf die Modellierung des statischen Systems und die Beschreibung der Belastungsschritte. Zu den Modelldaten gehören
- die Definition der Knoten,
- die Vernetzung der Knoten zu Elementen,
- die Festlegung der Elementeigenschaften und Stoffgesetze und
- die Angabe der Randbedingungen (Auflagerungen und Kontaktflächen).
Die Belastungsschritte werden festgelegt durch
- die Analyseart (z.B. geometrisch linear/nichtlinear),
- die aufzubringenden Verschiebungsrandbedingungen,
- die Art und Größe der Belastung und
- die Ausgabeoptionen.
Die Berechnungsergebnisse können nach Beendigung der einzelnen Berechnungsschritte bzw. Lastinkremente mit Hilfe eines Postprozessors aufbereitet und anschaulich dargestellt werden. Mit geringem Aufwand lassen sich die Randbedingungen variieren, so daß sich die Möglichkeit einer gezielten Parametervariation anbietet.
Zur Begrenzung des Rechenaufwandes werden die Untersuchungen auf das geometrisch-nichtlineare Tragverhalten des linear-elastischen Inliners beschränkt. Das Gleichgewicht wird jeweils an der auch unter großen Verschiebungen und Verzerrungen verformten Konfiguration bestimmt. Das Kontaktproblem erfordert die Einbeziehung variabler Randbedingungen.
Bei der Bestimmung des Stabilitätsverhaltens eines statischen Systems sind zwei Verfahren zu unterscheiden: die lineare und die nichtlineare Beulanalyse.
Die lineare Beulanalyse (auch Eigenwertanalyse) setzt infinitesimal kleine Tragwerksdeformationen, Gleichgewicht am durch lineare Verschiebungsansätze verformten System, richtungstreue äußere Lasten sowie ein linear-elastisches Werkstoffverhalten voraus. Diese Randbedingungen ändern sich während des Belastungszyklus nicht. Eine lineare Beulanalyse ist im allgemeinen für die Berechnung der kritischen Inlinerbelastung ungeeignet, da die Randbedingungen des Rohr-im-Rohr-Modells nur aus der unverformten Konfiguration abgeleitet werden. Bei einer Berechnung mit Spalt ohne anfänglichen Kontakt mit dem Altrohr wird daher lediglich der Beuldruck des freien Rohres bestimmt. Ohne Anfangsspalt ergeben sich demgegenüber übermäßig hohe Beuldrücke, da die aus der Normalkraftverformung resultierende Spaltbildung nicht berücksichtigt wird. Den folgenden Darstellungen liegen daher Berechnungen nach der nichtlinearen Beultheorie für das Rohr-im-Rohr-Modell zugrunde.
Als numerische Lösungsalgorithmen der nichtlinearen Beulanalyse bieten sich das Newton-Raphsen-Verfahren und das sog. RIKS-Verfahren an. Beim Newton-Raphsen-Verfahren wird die Verformungsbeziehung in der Umgebung eines Lastinkrements linearisiert und die Lösung am Ende eines jeden Lastinkrements durch Ansatz der Ungleichgewichtskräfte zur Konvergenz bezüglich des Gleichgewichtes gebracht. Das RIKS-Verfahren beruht auf einer Modifizierung der Kraftsteuerung des Newton-Raphsen-Verfahrens, mit der das Durchschlagsverhalten eines Systems auch nach Erreichen des Lastmaximums bestimmt werden kann [Krätz94] .