Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Innendruck bei biegeweichen Rohren

Wird die eingezogene Rohrleitung ohne Ringraumverfüllung als Druckleitung genutzt, ist das Rohr einschließlich Verbindung und Formstücke so zu dimensionieren, daß es den Innendruck während der gewünschten Betriebsdauer - im kommunalen Bereich mindestens 50 Jahre - sicher aufnehmen kann.

Dies gilt auch für den Fall, daß der Ringraum verfüllt wird und der Dämmer einschließlich der alten Rohrleitung den Innendruck jedoch nicht aufnehmen kann. Die eingezogenen Kunststoffrohre dürfen in diesem Fall keine zu tiefen Riefen aufweisen. Nach DIN 8075 [DIN8075:1997] sind geringfügige flache Längsriefen zulässig, soweit die Wanddicke innerhalb der zulässigen Abweichung bleibt (Abschnitt 5.3.2.1) .

Bei gegebenem Innendruck (Bild 5.3.2.6.4.1-1) , Sicherheitsfaktor und Außendurchmesser des PE-HD-Rohres gilt für die Berechnung der Wanddicke:

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Formel 5.3.2.6.4.1-1: 

Berechnung der erforderlichen Wanddicke

serf = erforderliche Rohrwanddicke [mm]
da = Rohraußendurchmesser [mm]
fCRσ = spannungsbezogener Resistenzfaktor
σV = Vergleichsspannung aus Zustandsdiagramm [N/mm2]
S = Sicherheitsfaktor (mind. 1,3)
pi = Innendruck (max. Betriebsüberdruck) [bar = 0,1 N/mm2]
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Bild 5.3.2.6.4.1-1: 

Belastung des Rohres durch den Innendruck pi (Hoechst AG) [FI-Hoech] [Koch85]

Die der Berechnung zugrundeliegende Vergleichsspannung wird in Abhängigkeit von Betriebstemperatur und Betriebszeit den Zeitstanddiagrammen (Bild 5.3.2.6.4.1-2) (Bild 5.3.2.6.4.1-3) entnommen. Gemäß den jeweiligen Einsatzbedingungen werden die aus dem Zeitstanddiagramm ermittelten Vergleichsspannungen (Mindestwerte) mit Sicherheitsbeiwerten versehen.

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Bild 5.3.2.6.4.1-2: 

Zeitstandfestigkeit von Rohren [FI-Hoech] [Koch85] - Aus PE-HD (Hostalen GM 5010 T2)

1 Prüfung nach DIN 8075 Typ 1<br>
2 Prüfung nach DIN 8075 Typ 2<br>
3 PE hart Typ 1 nach DIN 8075<br>
4 PE hart Typ 2 Nach DIN 8075<br>
5 Hostalen GM 5010 T2<br>
x-Achse: Beanspruchungsdauer<br>
v-Achse: Vergleichsspannung

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Bild 5.3.2.6.4.1-3: 

Zeitstandfestigkeit von Rohren [FI-Hoech] [Koch85] - Aus PP (Hostalen PPH 2222)

Die Anwesenheit von bestimmten Chemikalien, z.B. im Abwasser, kann bei gleichzeitiger Einwirkung einer mechanischen Beanspruchung die Zeitstandfestigkeit im Vergleich zu Wasser vermindern. Diese Verminderung wird durch den sogenannten Resistenzfaktor (bezogen auf die Spannungen bei gleicher Betriebsdauer als Spannungsfaktor, bezogen auf die Beanspruchungszeit bei gleicher Spannung als Zeitfaktor) angegeben. Bei der Berechnung der Rohrwanddicke einer Leitung aus PE-HD-Rohren interessiert in der Regel der Spannungsfaktor. Spannungsfaktoren von Druckrohren aus PE-HD für verschiedene Chemikalien können der (Tabelle 5.3.2.6.4.1-1) entnommen werden.

 
Tabelle 5.3.2.6.4.1-1: 

Spannungsbezogene Resistenzfaktoren für Rohre aus PE-HD [FI-Hoech] [Koch85]

Medium 1) Konzentration % Temperatur
°C
Spannung
N/mm2
Spannungsfaktor
fCRσ
Abwasser aus einer Cellulosefabrik M 100 80 4 bis 2 0,95
Abwasser aus einer
Chemiefaserfabrik
M 100 80 4 bis 2 0,75
Abwasser aus einer
Molkeverwertung
M 100 80 4 bis 2 0,73
Wasser (H2O) A 100 80 4 bis 2 1,0
Wasser mit Netzmittel M 2 80 4 bis 2 0,6
verschiedene Waschmittel M 80 4 bis 3 0,3 bis 1,0
1) A = Anorganische Substanz, M = Mischung von anorganischen und organischen Substanzen

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)