Prognose der Netzalterung mit Markov-Prozessen
Während die Überlebensfunktionen das in der Vergangenheit beobachtete, mittlere Alterungsverhalten einzelner Merkmalsgruppen abbilden, ist für die Zustands- und Substanzprognosen eines Netzes und einzelner Netzelemente eine erweiterte Betrachtung erforderlich.
Grundlage sowohl der Substanz- als auch der Zustandsprognosen bilden dabei die in (Abschnitt 5.7.1.1.1.1.2) ermittelten Überlebensfunktionen sowie das mathematische Modell der zeitdiskreten Markov-Ketten.
Markov-Ketten erlauben, die Zustands- und Substanzentwicklung als stochastischen Prozess über einen längeren Zeitraum zu betrachten und dadurch Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen zu machen [Waldm03] [Kolle00].
Bei der Analyse von Alterungsprozessen wird grundsätzlich von unidirektionalen Markov-Ketten ausgegangen. Das bedeutet, dass sich Haltungszustand und -substanz ohne äußeres Eingreifen nur verschlechtern können, d. h. dass die Zustands- bzw. Substanzentwicklung folglich nur in eine Richtung verläuft. Der Alterungsprozess ist beendet, wenn die schlechteste Zustands- bzw. Substanzklasse erreicht ist und somit ein Ausfall vorliegt (Bild 5.7.1.1.1.1.3-1).
Dieser Ausfall ist für das Erreichen der letzten Zustandsklasse temporär, denn eine Reparatur ermöglicht der Haltung das Erreichen einer besseren Zustandsklasse. Das Erreichen der finalen Substanzklasse hingegen ist endgültig, da diese nur durch eine Renovierung bzw. Erneuerung verlassen werden kann. Diese Art der Intervention beendet aber quasi die Lebensdauer der Ursprungshaltung und begründet eine neue Haltungsinstanz.
Anhand von statistischen Auswertungen von Inspektionsbefunden werden die unterschiedlichen Verweilzeiten in den einzelnen Zustands- bzw. Substanzklassen ermittelt. Die Übergangswahrscheinlichkeiten in die nächst schlechtere Zustands- bzw. Substanzklasse sind dabei vom betrachteten Zeitpunkt und dem damit verbundenen Alter der untersuchten Haltung abhängig. Dieser Sachverhalt findet seinen Niederschlag darin, dass für den Übergang von einer Zustands- bzw. Substanzklasse zur nächsten jeweils altersabhängige, haltungs- und netzspezifische Überlebenswahrscheinlichkeiten angesetzt werden.