Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Bauleistungen

In der Bundesrepublik Deutschland wird von den Bundes-, Länder- und Gemeindeverwaltungen sowie von einer großen Zahl der nichtöffentlichen Bauträger bei der Beschaffung von Bauleistungen die Verdingungsordnung für Bauleistungen - VOB [VOB92] - angewendet.

Die VOB stellt Regeln für das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge auf und formuliert allgemeine Vertragsbedingungen, in denen die Rechte und Pflichten von Auftraggebern (AG) und Auftragnehmern (AN) in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Sie wurde in das deutsche Normenwerk des DIN - Deutsches Institut für Normung e.V. - eingegliedert und ist somit weder Gesetz noch Gewohnheitsrecht [Schaa95] .

Die VOB [VOB92] ist in folgende drei Haupteile gegliedert:
Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen DIN 1960 [DIN1960-A]
Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen DIN 1961
Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)DIN 18 299 bis 18 451.

Alle staatlichen Vergabestellen des Bundes und der Länder sowie Städte, Kreise und Gemeinden sind durch Verwaltungsvorschriften gehalten, die VOB grundsätzlich anzuwenden, d.h. den Teil A verfahrensgemäß zu beachten und die Teile B und C vertragsgemäß zu vereinbaren. Außerdem müssen alle anderen Auftraggeber von Bauleistungen, die zur Finanzierung ihrer Baumaßnahmen staatliche Finanzierungsmittel verwenden, durch Bewilligungsauflage ebenfalls entsprechend verfahren [Schaa95] .

Durch die Änderung der europäischen Baukoordinierungsrichtlinie war es notwendig, diese Änderungen in nationale Vergaberegelungen umzusetzen. Dies erfolgte durch die Einfügung von "a"-Paragraphen in die VOB Teil A [VOB92] .

Nach VOB/ § 2 sind allgemein Bauleistungen "an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber zu angemessenen Preisen zu vergeben. Der Wettbewerb soll die Regel sein". Das hierbei eingesetzte Instrumentarium ist das einer Ausschreibung.

Laut VOB ist Vergabe die Bezeichnung für das gesamte Verfahren zwecks Abschluß eines Bauvertrages, beginnend mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe über die Annahme der Angebote bis zur Erteilung des Auftrages ("Zuschlag").

Das Ausschreibungsverfahren wickelt sich in 3 Stufen ab:

Stufe I: Schriftliche Aufforderung zur befristeten Abgabe schriftlicher Angebote

Stufe II: Förmliche Angebotseröffnung evtl. in Anwesenheit der Bieter (Submission)

Stufe III: Prüfung und Wertung der Angebote, abschließend mit

  1. Erteilung des Zuschlages oder
  2. Aufhebung der Ausschreibung.

Man unterscheidet die öffentliche und die beschränkte Ausschreibung.

Öffentliche Ausschreibungen werden in Tageszeitungen, in Mitteilungsblättern des Bundes, der Länder und sonstiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder in Fachzeitschriften öffentlich bekanntgegeben.

Bei einer beschränkten Ausschreibung werden die Ausschreibungsunterlagen einem begrenzten Bewerberkreis mit Anschreiben übersandt. In begründeten Ausnahmefällen kann von der öffentlichen oder der beschränkten Ausschreibung abgesehen werden und eine freihändige Vergabe in Frage kommen [Schaa95] .

Die beiden letztgenannten Ausschreibungsformen werden auch im ATV-M 143 Teil 5 [ATVM143-5a] für Reliningverfahren, aber sinngemäß auch für andere Sanierungsverfahren bis zum Vorliegen weiterer verfahrensspezifischer Merkblätter, mit folgender Begründung favorisiert:

"Bei den Reliningverfahren im Abwasserkanalbau handelt es sich um spezielle Verfahren, die nur von einem beschränkten Anbieterkreis in geeigneter Weise und in der gewünschten Qualität ausgeführt werden können. Relinigmaßnahmen sind somit Bauleistungen, bei denen von der üblichen öffentlichen Ausschreibung abgewichen und beschränkt ausgeschrieben oder freihändig vergeben werden sollte.

Weitere Gründe hierfür können sein:

  • Der Aufwand für eine öffentliche Ausschreibung ist im Vergleich zum erreichbaren Vorteil unverhältnismäßig hoch.
  • Die Leistung unterliegt einem Patentschutz, oder sie erfordert besondere Erfahrung oder Leistungsfähigkeit.
  • Die Leistung läßt sich von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen.

Wird die Maßnahme nicht öffentlich ausgeschrieben, sollen zur Angebotsabgabe 3 bis 8 geeignete Bewerber aufgefordert werden ggfls. nach Durchführung eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs. Von den Bewerbern sind Nachweise ihrer Eignung und Leistungsfähigkeit vorzulegen. Wesentlicher Bestandteil ist die Erfüllung des vom Auftraggeber erstellten Anforderungsprofils, in dem geregelt ist, was bei der Abgabe eines Angebots hinsichtlich Bauleistung, Werkstoffe und Qualitätssicherung vom Anbieter erwartet wird.

Nebenangebote sollten, wenn sie in technischer Hinsicht von der Leistungsbeschreibung abweichen, auch ohne Abgabe des Hauptangebotes zugelassen werden."

Für den nichtöffentlichen Bereich wird im ATV-M 143 Teil 5 [ATVM143-5a] empfohlen, die Vergabe in gleicher Weise durchzuführen. Grundsätzlich bestehen dafür zwei Möglichkeiten:

  • Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis
  • Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)