Zustandsklassifizierung
Die Zustandsklassifizierung beinhaltet die Einordnung von Kanälen, Schächten und Bauwerken der Ortsentwässerung nur aufgrund ihres baulichen und betrieblichen Zustandes in Zustandsklassen und ist von einer qualifizierten, vom Bereich der Inspektion unabhängigen Fachkraft im Anschluß an eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen.
Die Zustandsklassifizierung muß in Abhängigkeit der Anforderungen an das Kanalsystem folgende Beurteilungskriterien berücksichtigen:
- Schadensbild
- Schadensausmaß.
Die Differenzierung der beiden Kriterien kann in Abhängigkeit der jeweiligen Anforderungen sowie des vorhandenen Zeitrahmens zur Schadensbehebung erfolgen.
Für die Zustandsklassifizierung ist zunächst die Beurteilung jedes Einzelschadens z.B.auf der Grundlage der im (Abschnitt 4.7.3) aufgeführten Kürzel nach ATV-M 143 Teil 2 [ATVM143-2:1999] [NN98j] erforderlich. Eine vorläufige Einteilung kann mittels der EDV automatisch erfolgen. Eine individuelle Einordnung eines Schadens muß immer dann vorgenommen werden, wenn eine umfassende Zustandsbeschreibung mit Hilfe der Zustandskürzel nicht möglich ist. Die EDV-mäßig ermittelte vorläufige Zustandsklasse ist sorgfältig zu überprüfen.
Im Anschluß an die Vergabe der Zustandsklassen des Einzelschadens erfolgt eine Verdichtung auf die jeweilige Bewertungseinheit (Schacht, Haltung, Bauwerk). Hierbei müssen folgende Kriterien beachtet werden:
- der größte Einzelschaden in einer Haltung
- Häufigkeit und Ausmaß der weiteren Schäden
- Längenausdehnungen der Einzelschäden.
Gegebenenfalls können weitere Kriterien hinzugenommen werden.
Bei Zuständen, die nach dem Grundsatz der Besorgnis unverzügliches Handeln erfordern, müssen Sofortmaßnahmen eingeleitet werden, z.B.:
- Bei Funktionsbeeinträchtigungen, die die betriebliche Funktion der Bewertungseinheit aufheben
- Bei allen baulichen Schäden in Wasserschutzzone II und im nahen Einzugsbereich von Heil- und Mineralquellen, die eine Dichtheit des Kanalisationssystems auch nur annäherungsweise in Frage stellen
- Bei Feststellung einer Grundwasserbeeinträchtigung durch austretendes Abwasser
- In allen Situationen, in denen die statische Funktion des Rohrkörpers aufgehoben ist und die Einsturzgefahr der Bewertungseinheit, anliegender Bauwerke oder des umgebenden Bodens droht. Solche Situationen sind beispielsweise:
- Grundwassereinbruch mit Bodeneintrag
- Hohlraumfeststellung im Kanalbereich
- Straßeneinbruch im Kanalbereich
- Bei Zuständen, die Leib und Leben des Betriebspersonals gefährden.