Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Luftüberdruckprüfung

Die Gleichung für die Luftüberdruckprüfung basiert auf der Überlegung, daß ein Luftmassenstrom in einem definierten Zeitraum durch eine Leckage entweicht und damit zu einem Druckabfall in der zu prüfenden Leitung führt. Dieser kann unter der Annahme einer isentropen und adiabaten Strömung berechnet werden, d.h. es kommt während der Strömung weder zu Reibungsverlusten noch zu einem Wärmeaustausch zwischen dem strömenden Medium und der Umgebung [Kaufm97] [Stein95a] .

Zur Herleitung der Strömungsgeschwindigkeit, des Massenstromes und der Ausströmzeit wird zunächst eine verlustfreie, horizontal (gerichtet, nicht diffus) verlaufende Strömung aus einem großen Behälter (Rohr) ohne Wärmeaustausch gemäß Bild 4.5.1.1 gewählt.

Vor Beginn der Überdruckprüfung wird in dem zu prüfenden Rohrabschnitt der Prüfdruck aufgebracht. Unmittelbar nach Abstellen der Pumpe sinkt aufgrund der durch das Leck entweichenden Luftmassen der Druck im Rohr ab. Die Geschwindigkeit, mit der der Luftmassenstrom entweicht, ist abhängig von dem Quotienten Innendruck/Außendruck. Da dieser Quotient mit zunehmender Prüfdauer abnimmt, verringert sich im gleichen Ausmaß die entweichende Luftmenge, wodurch sich die Druckabnahme im Rohr verlangsamt.

Unter Berücksichtigung dieses instationären Strömungsverhaltens kann auf der Grundlage der strömungsmechanischen und thermodynamischen Grundgleichungen eine Bestimmungsgleichung für die Luftüberdruckprüfung (Formel 4.5.1.1.2) entwickelt werden, welche die Zeit beschreibt, in der sich bei einer gegebenen Leckagefläche eine bestimmte Druckänderung einstellt.

 
image
Formel 4.5.1.1.2-1: 

Berechung der Prüfzeit für die Luftüberdruckprüfung

t = Prüfzeit [s]
VPR = Prüfvolumen [m3]
AL = Leckagefläche [m2]
R = spez. Gaskonstante (=287) [J/kg K]
Tamb = Umgebungstemperatur [K]
κ = Isotropenexponent ≈ 1,4 [-]
α = Widerstandsbeiwert (hier: α = 1,0) [-]
p1 = Prüfdruck bei Prüfbeginn [N/m2]
p2 = Prüfdruck bei Prüfende [N/m2]
p = Prüfdruck in Abhängigkeit der Prüfzeit [N/m2]
pamb = Umgebungsdruck [N/m2]

Bei der Durchströmung einer Leckage kommt es unabhängig vom eingesetzten Prüfmedium zu Energieverlusten, die den ein- bzw. austretenden Massenstrom verringern, z.B. durch

  • Reibungsverluste innerhalb der Stromröhre; abhängig von Rohrwerkstoff und Wanddicke,
  • Verluste durch Querschnittsverengungen in der Leckage,
  • Verluste durch Querschnittserweiterungen in der Leckage,
  • Austrittsverluste infolge Geschwindigkeitsreduzierung.

Diese Widerstände bzw. Verluste werden in den hier vorgestellten Bestimmungsgleichungen durch den Widerstandsbeiwert α berücksichtigt. Zahlenmäßig liegt er zwischen 0 und 1, d.h. je kleiner α ist desto größer sind die Widerstände, welche die Strömung verlangsamen und die Prüfzeit verlängern.

Bei dem in der (Formel 4.5.1.1.2) verwendeten Isentropenexponenten κ handelt es sich um das Verhältnis der spezifischen Wärmekapazität bei konstantem Druck cp und der spezifischen Wärmekapazität bei konstantem Volumen cv (κ = cp /cv). Bei einem idealen Gas mit konstanter spezifischer Wärmekapazität, wobei Luft als solches angenähert wird, kann κ mit 1,4 angenommen werden.

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)