Luftüberdruckprüfungen
Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland wird im Ausland bereits seit längerem die Dichtheitsprüfung mit Luft als Prüfmedium (s. u.a. [ÖNormB2503] [SIA190] [SFS3113E] [ASTMC109190] [ASTMC82890] [FI-Cherna] [ASTMC92485] [NASSCO89b] [Taylo78] [VAVP50] ) durchgeführt. Diese weist gegenüber der Wasserdruckprüfung folgende Vorteile auf [FI-Hydro] :
- Keine Füllung der Prüfstrecke mit Wasser, daher keine Wasserbeschaffungsprobleme und keine Wasserschäden bei schlagartigem Rohrbruch.
- In der gesamten Prüfstrecke ist ein konstanter Prüfdruck wirksam, auch am Hochpunkt der Prüfstrecke, unabhängig vom Verlegegefälle.
- Schneller Aufbau der Prüfeinrichtung und schnelle Prüfdurchführung. Dadurch ist nur eine kurzzeitige Außerbetriebsetzung des zu untersuchenden Kanals erforderlich.
- Durchführung der Dichtheitsprüfung auch bei Temperaturen unter 0°C (frostsicher).
- Übersichtlicher Aufbau und leichte Anwendung des verschleißfreien Prüfgerätes.
- Akustische Leckortung durch Feststellen der Geräuschquelle durch ein ausströmendes Medium ist möglich.
- Kosteneinsparung.
Eine Begründung der bisherigen Nichtberücksichtigung der Luftprüfung in den bundesdeutschen Normen enthält das ATV-A 139 [ATVA139:1988] , in dem es heißt, daß "…zwischen einer Prüfung mit Wasser und einer Prüfung mit Druckluft (…) keine Korrelation (besteht). Druckluftprüfungen gestatten nur eine Aussage über die Gasdichtheit des Kanals, nicht jedoch über die Wasserdichtheit. Sie können daher nur als zusätzliche Maßnahme betrachtet werden, ersetzen jedoch nicht die Prüfung nach DIN (…). Auf die besondere Unfallgefahr bei Prüfungen mit Druckluft wird hingewiesen."
Im Rahmen der Harmonisierung der europäischen Normen wurde diese Grundhaltung verlassen und die Luftüberdruckprüfung in DIN EN 1610 [DINEN1610:1997] für neuverlegte Kanäle aufgenommen und aufgrund ihrer o.a. Vorteile als schnelle und preiswerte Prüfung besonders empfohlen (Tabelle 4.5.1.2.4-1) (Bild 4.5.1) (Bild 4.5.1) . Ein ähnlicher Weg wurde im Jahre 1992 erstmals in der Bundesrepublik Deutschland im Merkblatt "Prüfung alter und neuer Abwasserkanäle" des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft beschritten [Bayer92] (Tabelle 4.5.1.2.4-2) .
Werkstoff | Prüfverfahren | p0*) | Δ p | Prüfzeit (min) | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
[mbar] (kPa) | DN 100 | DN 200 | DN 300 | DN 400 | DN 600 | DN 800 | DN 1000 | |||
Trockene Betonrohre | LA | 10 (1) | 2,5 (0,25) | 5 | 5 | 5 | 7 | 11 | 14 | 18 |
LB | 50 (5) | 10 (1) | 4 | 4 | 4 | 6 | 8 | 11 | 14 | |
LC | 100 (10) | 15 (1,5) | 3 | 3 | 3 | 4 | 6 | 8 | 10 | |
LD | 200 (20) | 15 (1,5) | 1,5 | 1,5 | 1,5 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
KP-Wert**) | 0,058 | 0,058 | 0,053 | 0,040 | 0,0267 | 0,020 | 0,016 | |||
Feuchte Betonrohre und alle anderen Werkstoffe | LA | 10 (1) | 2,5 (0,25) | 5 | 5 | 7 | 10 | 14 | 19 | 24 |
LB | 50 (5) | 10 (1) | 4 | 4 | 6 | 7 | 11 | 15 | 19 | |
LC | 100 (10) | 15 (1,5) | 3 | 3 | 4 | 5 | 8 | 11 | 14 | |
LD | 200 (20) | 15 (1,5) | 1,5 | 1,5 | 2 | 2,5 | 4 | 5 | 7 | |
KP-Wert**) | 0,058 | 0,058 | 0,040 | 0,030 | 0,020 | 0,015 | 0,012 |
*) Druck über Atmosphärendruck
**) t = 1/KP * ln(p0/(p0-Dp)) ln = loge
Für trockene Betonrohre ist KP = 16/DN mit einem Höchstwert von 0,058
Für feuchte Betonrohre und alle anderen Werkstoffe ist KP = 12/DN einem Höchstwert von 0,058, wobei t bei t bei ≤ 5 min auf die nähere 0,5 Minute, und bei t > 5 min auf die nährere Minute gerundet ist.
Die Prüfkriterien des ATV-M 143 Teil 6 [ATVM143-6:1998] zur Prüfung bestehender Entwässerungssysteme sind für Nennweiten ≤ DN 1200 in der (Tabelle 4.5.1.2.4-3) zusammengefaßt. Zwischenwerte können interpoliert werden. Die erforderlichen Prüfzeiten [min] für größere Nennweiten (> DN 1200) bzw. andere Querschnittsformen, die nicht in dieser dargestellt sind, können nach Gleichung 4-7 berechnet werden:
wobei der Durchmesser di in [m] einzusetzen ist.
Für Sonderprofile, z.B. Eiquerschnitte, kann ein Ersatzdurchmesser dE nach Gleichung 4-8 berechnet werden:
Für Sonderprofile, z.B. Eiquerschnitte, kann ein Ersatzdurchmesser dE nach (Formel 4.5.1.2.4) berechnet werden:
Vor Beginn der Prüfung müssen alle Öffnungen der zu prüfenden Leitung gasdicht verschlossen werden. Prinzipiell können hierbei die gleichen Absperrelemente wie bei der Wasserdruckprüfung verwendet werden. Es ist jedoch darauf zu achten, daß diese vom Hersteller ausdrücklich für die Luftüberdruckprüfung zugelassen sind.
Zur Prüfung wird zunächst ein Anfangsdruck in der zu prüfenden Haltung aufgebracht, der den eigentlichen Prüfdruck um ca. 10 % übersteigt. Nach einer ausreichend lang bemessenen Beruhigungszeit, in der sich die Temperatur der eingebrachten Luftmenge der Rohrwandungstemperatur wieder angleichen kann, wird der Prüfdruck falls erforderlich auf den in den Prüfvorschriften geforderten Prüfdruck eingestellt. Im ATV-M 143 Teil 6 [ATVM143-6:1998] wird vorgeschlagen, die obere Begrenzung der Beruhigungszeit in Abhängigkeit der Nennweite mit nachfolgender Beziehung zu bestimmen:
Die Haltung gilt als dicht, wenn die in den Normen angegebenen zulässigen Druckdifferenzen innerhalb der vorgeschriebenen Prüfzeiten nicht überschritten werden.
Der erforderliche Prüfdruck kann mit einem handelsüblichen, ausreichend dimensionierten Kompressor bzw. einer entsprechenden Unterdruckpumpe aufgebracht werden.
Die hierbei erforderliche Befülleinrichtung muß nach [ATVM143-6:1998] aus
- Sicherheitsventil,
- Manometer zur Kontrolle des Druckes,
- Druckregler sowie
- Befüllschlauch
bestehen.
Nach Aufbringung des Prüfdruckes ist die Verbindung des Prüfraumes zum Druckbehälter bzw. zur Pumpe zu trennen.
Druckminderungsventile und Druckbegrenzer sind in Verbindung mit einer Sicherheitsschaltung (z.B. einer Totmannschaltung) in die Befülleinrichtung zu integrieren, um eine unzulässige Überschreitung des Prüfdruckes zu verhindern.
Zur Druckmessung ist nach [ATVM143-6:1998] ein hochauflösendes, elektronisches Feinmeßmanometer (z. B. Absolutdruckmanometer) mit einer maximalen Meßabweichung von ± 2 mbar zu verwenden. Jedes Gerät ist jährlich meßtechnisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist am Gerät zu dokumentieren.
Die Druckbeaufschlagung der zu prüfenden Haltung, des Haltungsabschnittes oder der Rohrverbindung bei nichtbegehbaren Abwasserleitungen und -kanälen sowie die Kontrolle und das Ablassen des Prüfdruckes müssen gefahrlos von der Geländeoberfläche aus erfolgen. Ein Überschreiten des Prüfdruckes ist auszuschließen, indem dieser
- über ein Manometer überwacht und
- über ein zwangsläufig wirkendes Sicherheitsventil bzw. eine elektronische Druckabschaltung auf den vorgegebenen Wert begrenzt wird.
Mit Beginn der Druckbeaufschlagung im Prüfraum bei haltungs- bzw. abschnittsweisen Dichtheitsprüfungen sind für die Dauer der Prüfung Arbeiten in der Rohrleitung und im Schacht nicht gestattet. Währenddessen darf sich niemand vor den Absperrelementen und in deren Gefahrenbereich aufhalten [ATVM143-6:1998] .
Mit dem Ausbau der Absperrelemente darf erst begonnen werden, nachdem der Prüfdruck in dem Prüfraum vollständig bis zum atmosphärischen Druck abgebaut wurde.
Sowohl der Druckausgleich in dem Prüfraum sowie das Ablassen des Druckes aus den Absperrelementen haben von einem sicheren Standort außerhalb des Schachtes oder der Haltung aus zu erfolgen [ATVM143-6:1998] .