Kanalfernsehen
Für die optische Inspektion nichtbegehbarer Kanäle kommen heute ausschließlich Kanalfernsehkameras - auch Kanalfernaugen genannt - zum Einsatz (Abschnitt 4.3.2.1.2.1).
Die Kanalfernsehanlagen sind nach dem Baukastenprinzip aufgebaut und lassen sich durch Austausch der Objektive, Kamera- und Beleuchtungseinheiten, wahlweise Verwendung verschiedener Führungsschlitten oder -kufen bzw. Selbstfahreinheiten, Zug- oder Schubvorrichtungen und durch den Einsatz entsprechender Steuer-, Bedienungs- und Aufzeichnungsgeräte nahezu jeder Aufgabe anpassen.
Kanalfernsehanlagen bestehen im wesentlichen aus folgenden Grundeinheiten [ATVM143-2:1999] :
- Kamerasystem (Kamera, Beleuchtung),
- Transport- und Führungseinheiten sowie Kabel mit Umlenkrollen und Längenmeßeinrichtung,
- Beobachtungs- und Steuerstand,
- Bedienungselemente für das Kamerasystem,
- mindestens ein Monitor zur Bildwiedergabe,
- fixierbare Kleinbildkamera zur Einzelbildaufzeichnung,
- Stromversorgung,
- evtl. Zusatzausrüstungen.
Die Anfang der 50er Jahre entwickelten ersten Kanalfernsehkameras konnten nur Schwarz/Weiß-Bilder wiedergeben und waren relativ groß und unhandlich [Bornh74] . Erst durch die Anwendung der Halbleiter-Technik Anfang der 60er Jahre konnten kleine kompakte Geräte hergestellt werden. Ca. 10 Jahre später entstanden die Farbfernsehanlagen für Unterwasser- und Kanalinspektionen [Hunge77] . Ein weiterer Schritt wurde Anfang der 80er Jahre durch die Entwicklung einer sogenannten CCD-Kamera vollzogen. Sie ermöglicht es, auch kleinste Geräte, z.B. mit einem Außendurchmesser von 23 mm und einer Kameralänge von 75 mm, herzustellen [FI-Pearp] . Heute finden vornehmlich CCD-Kameras Anwendung [NN85b] . Letztere bieten neben der kleinen Bauweise die Vorteile der hohen Stoß- und Schlagunempfindlichkeit sowie des Wegfalls des sogenannten "Nachzieheffektes", der bei Röhrenkameras technologisch bedingt ist.
Unabhängig von der Kanalfernsehanlage ist die erforderliche Beleuchtung entweder in Form eines Beleuchtungsringes direkt im Kameragehäuse integriert oder außen separat angebracht. Die Helligkeit kann vom Kontrollstand aus reguliert werden.
Mittlerweile werden fast ausschließlich Farbfernsehkameras eingesetzt. Obwohl diese i.a. eine geringere Auflösungsbandbreite aufweisen, sind sie nach Ansicht verschiedener Autoren den hochauflösenden Schwarzweißkameras überlegen, da sie wegen der Farbnuancen zusätzliche Detailaussagen ermöglichen [Hunge80] [Führe86] . Die Lichtregelung erfolgt durch eine automatische Objektivblende, wodurch die Farbwiedergabe nicht durch eine Änderung der Farbtemperatur des Lichtes verfälscht werden kann.
Zur Betrachtung der Kanalwandungen (Radialsicht) behalf man sich früher mit Drehspiegelvorsätzen. Noch vor ein paar Jahren wurden Kameras mit veränderbarer Blickrichtung eingesetzt. Der Blickwinkel von 85° konnte innerhalb eines Gesamt-Blickbereichs von 220° verschwenkt werden. Heute werden für solche Aufgaben auf dem Fahrwagen montierte, nach allen Richtungen schwenk- und drehbare Kameras verwendet (Bild 4.3.2.1.2.1-1) (Bild 4.3.2.1.2.1-2) .
Die modernen Kreis- und Schwenkkopfkameras erlauben ein Schwenken von bis zu 320° und ein Kreisen der Kamera von bis zu 540°. Einige Hersteller bieten Drehmechanismen an, die das Bild stets aufrecht und seitenrichtig darstellen, wodurch dem Inspekteur die Orientierung bei der Blickverschwenkung wesentlich erleichtert wird.
Als Zusatzausstattungen gibt es Neigungswinkelmesser, auch Inklinometer genannt, die Winkel von -15° bis +15° mit einer Genauigkeit von weniger als 0,1° messen können und z.B. für die Feststellung von Lageabweichungen (Abschnitt 4.3.2.2) eingesetzt werden. Ein zusätzliches Ortungssystem ermöglicht die Bestimmung der Lage und Tiefe der Kamera.
Je nach Typ besitzen die Kameraobjektive einen Fixfocus, Autofocus oder sie sind fernfocussierbar. Außerdem bieten einige Hersteller Kameras mit bis zu 8 fachem Zoom und automatischer Blendenregulierung an [FI-Jtele] .
In Abhängigkeit der eingesetzten Kamera lassen sich bei ausreichender Beleuchtung und exakter Justierung sowie entsprechender Reinigung des Untersuchungsobjektes schon Rißbreiten ab 0,2 mm erkennen [Hunge80] . Neuere Kameras verfügen über die Möglichkeit, in Kombination mit der optischen Inspektion auch Rißbreiten, Rohrfugenweiten, Versätze etc. zu vermessen. Dies erfolgt entweder
- durch die digitale Auswertung des Kamerabildes unter Verwendung einer durch zwei am Kamerakopf mit festem Abstand parallel angeordneten Punktlaser definierten Grundlänge [FI-Jtele] ,
- oder mit Hilfe eines in die Kameraoptik integrierten Laserdistanzsensors, der in einem geeigneten Rasterabstand Linien- oder Flächenscans durchführt [FI-Optim] (Abschnitt 4.3.2.2) .
Zur optischen Inspektion von Hausanschlüssen werden heute auch fahrbare Kameras mit gelenkig montierter Kameraeinheit (Bild 4.3.2.1.2.1-3) (Bild 4.3.2.1.2.1-4) (Video 4.3.2.1.2.1-1) angeboten. Sie lassen sich z.B. durch Reinigungsöffnungen, einen auf dem Grundstück gelegenen Schacht (Bild 4.3.2.1.2.1-5) oder von einem begehbaren Kanal aus einbringen.
Die Möglichkeit, von einem nichtbegehbaren Kanal aus eine Hausanschlußinspektion durchzuführen, bieten die sogenannten Satellitenanlagen. In einem durch Fernsteuerung drehbaren und mit einer seitlichen Öffnung versehenen zylindrischen Gehäuse ist eine an einer biegsamen Schubstange befestigte spezielle Satelliten- Kanalfernsehkamera installiert. Das Gehäuse wird mit Hilfe einer angekoppelten normalen Kanalfernsehkamera im Einbindungsbereich des betreffenden Hausanschlusses positioniert und so gedreht, daß die Öffnung dem Hausanschluß direkt gegenüberliegt. Anschließend wird die Spezialkamera ferngesteuert aus dem Gehäuse heraus bis zu 20 m in den Anschlußkanal hinein- und nach erfolgter Inspektion in das Gehäuse zurückgefahren.
Für den Vorschub der Satellitenkamera in den Anschlußkanal kann auch eine biegsame Welle oder ein hydraulischer Antrieb in Form einer Hochdruckwasserstrahldüse (Bild 4.3.2.1.2.1-6) (Bild 4.3.2.1.2.1-7) eingesetzt werden [FI-Jtele] .