Rohrverbindung
Die ersten Betonrohre besaßen noch keine angeformten Muffen. Ihre stumpfen Stoßflächen wurden beim Verlegen hart aneinander gestoßen und die Stoßstelle mit einer 5 cm dicken Mörtelschicht, in die ein Drahtgewebe eingelegt wurde, umgeben. Diese Ausführung kann mit der Überschiebmuffe verglichen werden, wie sie später bei muffenlosen Rohren Verwendung fand (Bild 1.7.7.2.1-1) .
Am weitesten verbreitet war bei den Betonrohren die Falzverbindung zu der noch die DIN 1201 Beiblatt, Februar 1923 "Kanalisationsrohre Beton" aussagt, daß "eine bessere Verbindung bis heute nicht gefunden wurde". Diese Verbindung allgemein zu normen erschien damals "untunlich". Man verlangte lediglich, daß ein und derselbe Hersteller für eine Rohrgröße immer die gleiche Falzverbindung ausführt, wobei die Tiefe der Falze je nach Rohrnennweite 15 mm bis 60 mm betrug (Bild 1.7.7.2.1-2) .
Die Dichtung der Rohrverbindung erfolgte mit Zementmörtel im Mischungsverhältnis von 1 Teil Zement zu 1 Teil Feinsand, der vor dem Zusammenschieben der Rohre in die Nut des Rohres aufgestrichen wurde. Anschließend wurden die äußere Fuge und, soweit möglich, auch die innere Fuge gut verstrichen und um die Verbindungsstelle ein Wulst aus Zementmörtel gelegt.
Erste Maßfestlegungen für die Falzverbindung enthielt die DIN 4032, Juli 1939 [DIN4032:1981/59] . Sie forderte eine Mindestfalztiefe von 25 mm und bei Rohren bis DN 500 bzw. 400/600 mußte der Falz länger als die Nut sein; bei größerer Nennweite kürzer (Bild 1.7.7.2.1-3) .
Von dieser Festlegung wich die DIN 4032, April 1959 wieder ab. Sie empfahl die noch heute gültige Ausbildung der Falzverbindung entsprechend (Tabelle 1.7.7.2.1-1) mit fest vorgegebenen Mindestmaßen für Falztiefe, Falzbreite und Anlauf, die sich seitdem nur unwesentlich verändert haben.
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Nennweite DN |
t1 | m | w1 |
zul. Abw. für (m+w1) |
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zul. Abw. | |||||
100 | 16 | ±2 | 11 | 4 | ±2 |
150 | 16 | ±2 | 12 | 4 | |
200 | 18 | ±2 | 13 | 4 | |
250 | 18 | ±2 | 15 | 5 | |
300 | 20 | ±2 | 18 | 5 | |
400 | 22 | ±2 | 21 | 6 | ±3 |
500 | 26 | ±3 | 25 | 6 | |
600 | 30 | ±3 | 29 | 7 | |
700 | 34 | ±3 | 33 | 7 | |
800 | 38 | ±4 | 37 | 8 | |
900 | 40 | ±4 | 41 | 8 | |
1000 | 45 | ±4 | 44 | 9 | ±4 |
1100 | 48 | ±5 | 48 | 9 | |
1200 | 50 | ±5 | 51 | 10 | |
1300 | 50 | ±5 | 54 | 10 | |
1400 | 50 | ±5 | 57 | 10 | |
1500 | 50 | ±5 | 60 | 10 | |
500⁄750 | 26 | ±5 | 32 | 6 | ±3 |
600⁄900 | 30 | ±3 | 37 | 7 | |
700⁄1050 | 34 | ±3 | 42 | 7 | ±4 |
800⁄1200 | 38 | ±4 | 47 | 8 | |
900⁄1350 | 40 | ±4 | 51 | 8 | |
1000⁄1500 | 44 | ±4 | 55 | 9 | |
1200⁄1800 | 50 | ±5 | 61 | 10 |
Für Betonrohre mit Muffe (Muffenrohre) wurden erstmals in der Ausgabe Juli 1939 der DIN 4032 [DIN4032:1981/59] Mindestwerte vorgegeben (Tabelle 1.7.7.2.1-2) , obwohl sie bereits bei den Stahlbetonrohren ≤ DN 600 bis dahin ausschließlich angewendet wurden.
Nennweite | Baulänge 1) | Muffentiefe | Dichtungsfuge | Bemerkung | ||
---|---|---|---|---|---|---|
DN |
Zulässige Abweichungen für Güteklasse |
L |
t Mindestmaß |
s Mindestmaß |
||
I | II | |||||
100 | ±1 | ±1 |
500±5 und 1000±10 |
60±3 | 16 |
Die Wanddicke w ist abhängig von der Art des verwendeten Werkstoffs und der Herstellung, deshalb können für diese keine Maßnahmen angegeben werden. |
125 | ||||||
150 | ±2 | 1000±10 | 70±3 | 18 | ||
200 | ±2 | |||||
250 | 20 | |||||
300 | ±3 | |||||
350 | ±3 | |||||
400 | ±4 | |||||
450 | ||||||
500 | ±4 | ±5 | ||||
600 | 80±3 | |||||
700 | ±5 | ±6 | ||||
800 | ±7 | 25 | ||||
900 | ±6 | ±8 | ||||
1000 | ||||||
1100 | ±7 | ±9 | ||||
1200 | ±8 | ±10 | ||||
1300 | ±11 | |||||
1400 | ±9 | ±12 | ||||
1500 | ||||||
1600 | ±10 | ±13 | ||||
1800 | ±11 | ±15 | ||||
2000 | ±12 | ±16 | ||||
1) Nach Vereinbarung werden auch andere Baulängen geliefert. Maße in mm |
Neben der starren Zementmörteldichtung wurde teilweise auch die Asphaltrillendichtung ausgeführt, die kleinere Bewegungen zuließ. Sie erlangte jedoch für Rohre aus Beton ebenso wie später eingesetzte andere Vergußmassen keine nennenswerte Bedeutung [BDB78] .
Ab 1951 kamen plastische, kaltverarbeitbare Dichtstoffe in Form von Bändern bei Falzverbindungen (Bild 1.7.7.2.1-4) (Bild 1.7.7.2.1-5) sowie Kitten und Spachtelmassen bei Rohren mit Falz, aber auch mit Muffe zum Einsatz. Bei beiden Dichtmitteln mußte der freie Spalt zwischen den Rohren vollständig ausgefüllt werden. Dieses Verfahren löste auch die damals zum Abdichten von Muffen sowohl bei Freispiegel- als auch bei Druckleitungen übliche Stemmdichtung ab [BDB78] .
Dichtringe aus Gummi (Naturkautschuk) wurden seit den 30er Jahren in Wasserleitungen aus Stahlbetondruckrohren verwendet. In Abwasserleitungen konnten diese Ringe nicht eingesetzt werden, da sie von den Abwässern zerstört wurden.
Erst ab etwa den 60er Jahren kamen Dichtungen aus Elastomeren im Abwassersektor zur Anwendung. Inzwischen haben sie sich als Dichtmittel für Muffenverbindungen von Rohren aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton aber auch aus anderen Werkstoffen durchgesetzt.
"Für FBS-Betonrohre ≤ DN 1200 sind ausschließlich werkseitig fest in der Muffe eingebaute Gleitringdichtungen als Rohrverbindung zugelassen.
Für FBS-Betonrohre > DN 1200 sind werkseitig fest in der Muffe eingebaute Gleitringdichtungen (Bild 1.7.7.2.1-6) (Tabelle 1.7.7.2.1-3) , werkseitig vor einer Schulter (Bild 1.7.7.2.1-7) und werkseitig auf dem Spitzende in Kammern (Bild 1.7.7.2.1-8) (Bild 1.7.7.2.1-9) aufgebrachte Gleitringdichtungen zugelassen.
DN |
d1 mm |
d31) mm |
Muffenspaltweite | Mindestmaße | |
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w mm |
ts mm |
t22) mm |
|||
300 | 300 | 386 | 7,8±1,2 | 39 | 80 |
400 | 400 | 496 | 9,1±1,4 | 43 | 80 |
500 | 500 | 610 | 9,1±1,4 | 43 | 90 |
600 | 600 | 726 | 9,1±1,4 | 43 | 90 |
700 | 700 | 844 | 11,7±1,8 | 47 | 90 |
800 | 800 | 962 | 11,7±1,8 | 47 | 90 |
900 | 900 | 1080 | 11,7±1,8 | 47 | 100 |
1000 | 1000 | 1198 | 11,7±1,8 | 47 | 100 |
1100 | 1100 | 1316 | 11,7±1,8 | 47 | 100 |
1200 | 1200 | 1434 | 11,7±1,8 | 47 | 100 |
1300 | 1300 | 1552 | 14,3±2,2 | 58 | 110 |
1400 | 1400 | 1670 | 14,3±2,2 | 58 | 110 |
1500 | 1500 | 1788 | 14,3±2,2 | 58 | 110 |
1) Größere Maße sind bei FBS-Stahlbetonrohren nur dann zulässig, wenn sie zur Einhaltung der geforderten Betondeckung erforderlich sind. Bei Betonrohren wird das größere, auf Stahlbetonrohre abgestellte Spitzenendmaß toleriert, wenn Beton- und Stahlbetonrohre mit dem gleichen Untermuffen hergestellt werden. Diese Rohre sind mit dem entsprechenden d3-Maß zu kennzeichnen.
2) t1 ≥ t2ist + 5 mm
Bei Gleitringdichtungen auf dem Spitzende vor einer Schulter (Bild 1.7.7.2.1-7) muß der Gleitring einen Keilquerschnitt haben" [FBS94] .
Stahlbetonrohre mit Kreisquerschnitt wurden im Nennweitenbereich bis DN 600 mit Muffen versehen, die eine Dichtung mit Zementmörtel oder Asphaltkitt erhielten (Bild 1.7.7.2.1-1) .
Bei größeren Rohrnennweiten und grundsätzlich bei Stahlbetonrohren mit Eiquerschnitt kam entweder ein 100 mm bis 120 mm breiter Überschiebring, der über die Stoßstelle geschoben und anschließend vermörtelt wurde (Bild 1.7.7.2.1-1) (Bild 1.7.7.2.1-10) , oder ein örtlich um die Stoßstelle hergestellter und bewehrter Betonwulst zur Anwendung. Zur Erleichterung der Dichtungsarbeiten wurde die Stoßstelle auf eine lagerbockartige Unterlage aufgelegt [Frühl10] [Braub25] .
Sowohl bei Stahlbeton- als auch bei Spannbetonrohren erfolgt heute die Dichtung der Muffen- oder Falzverbindungen nach DIN 4035 [DIN4035] mit einem Dichtring aus Elastomeren nach DIN 4060 Teil 1 [DIN4060:1988] bzw. DIN EN 681-1 [DINEN681-1:1996] , die teilweise die DIN 4060 ersetzt, in Form von Rollringen, Gleitringen oder Lippendichtungen.
Die Einzelmaße der Rohrverbindungen sind in DIN 4035 [DIN4035] nicht genormt, sondern lediglich die Abmessungen der mittleren Muffenspaltweite w und der Muffentiefe t.
Die verbreitetste Art der Elastomerdichtungen war die Rollringdichtung (Animation 1.7.7.2.1-1). Der Elastomerring wird unter Vordehnung auf das Spitzende des Rohres aufgezogen und rollt unter gleichzeitiger Verformung beim Überschieben des Stumpfendes bzw. der Muffe des angrenzenden Rohres in seine endgültige Lage. Die Dichtwirkung wird durch die beim Zusammenpressen des Dichtringes entstehende Anpreßkraft (Rückstellkraft) bewirkt (Bild 1.7.7.2.1-11) [Kitte75].
Rollringdichtungen sind nach der FBS-Qualitätsrichtlinie wegen ihrer Empfindlichkeit gegenüber Verlegefehlern nicht mehr zugelassen.
Bei der Gleitringdichtung wird der Dichtring unter Vordehnung in seiner endgültigen Position in einer Kammeraussparung bzw. vor der Stützkante des Spitzendes aufgelegt (Animation 1.7.7.2.1-2) .
Beim Zusammenschieben wird der Dichtring, ohne seine Lage zu verändern, verpreßt und erreicht auf diese Weise seine Dichtfunktion [BDB78] . Eine Stoßfuge zwischen den Rohren von 10 mm bis max. 20 mm (Mindestmaß 5 mm nach ATV-A 139 [ATVA139:1988] ) erlaubt entsprechende Bewegungen der Rohrverbindungen bei Setzungen, Bergsenkungen u.ä..
Bezüglich der Ausbildung der Dichtung bei FBS-Stahlbetonrohren gelten die Ausführungen für FBS-Betonrohre (Abschnitt 1.7.7.1) .
Die Lippendichtung (Bild 1.7.7.2.1-12) wird bei der Herstellung des Rohres mit in die Muffe einbetoniert. Vor dem Zusammenschieben der Rohre wird der Schutzring aus Schaumkunststoff entfernt und anschließend ein Schmiermittel auf das Spitzende aufgetragen. Die Dichtung der Rohrverbindung erfolgt durch die Lippe, die beim Einführen des Spitzendes in die Muffe gegen das Spitzende gedrückt wird (Bild 1.7.7.2.1-12) [FI-Forsh] . Bei der Weiterentwicklung dieses Dichtelementes wurde der Schutzring aus Schaumstoff durch einen Gummiring mit geringer Shorehärte ersetzt.
Ein weiteres Beispiel für eine integrierte Dichtung ist die werkseitig vorgeschmierte Dichtung (Bild 1.7.7.2.1-13) (Bild 1.7.7.2.1-14) (Bild 1.7.7.2.1-15) (Bild 1.7.7.2.1-16) . Der mit einem hochwertigen Gleitmittel vorgeschmierte Gleitmantel wird auf der Baustelle auf das Spitzende des Rohres aufgezogen. Durch diese Vorgehensweise werden der Einsatz ungeeigneter Gleitmittel sowie die Beschädigung der Dichtung bei der Rohrverlegung aufgrund des selbstgleitenden Gleitmantels weitestgehend verhindert [FI-Forsh] .
Den prinzipiellen Aufbau der Rohrverbindungen von Stahlbeton- Vortriebsrohren nach ATV-A 125 [ATVA125:1996] zeigen (Bild 1.7.7.2.1-17) und (Bild 1.7.7.2.1-18) . Danach unterscheidet man zwischen Rohrverbindungen mit einseitig befestigtem oder losem Führungsring.
Für FBS- Vortriebsrohre mit Stahlführungsring sind auf dem Spitzende in Kammern oder vor einer Schulter werkseitig aufgebrachte Gleitringdichtungen zugelassen [FBS94] .
Neben diesen typischen Rohrverbindungen gibt es auch die Falzmuffenverbindung für Vortriebsrohre (Bild 1.7.7.2.1-19) . Letztere ist auch bei FBS-Vortriebsrohren zulässig.
Während in Deutschland bei Vortriebsrohren mit Falzmuffe (Falzverbindung) die Übertragung der Vortriebskraft nur über eine Teilstirnfläche des Rohres (innen oder außen) erfolgt (Bild 1.7.7.2.1-19) , geschieht dies in Großbritannien i.d.R. über beide Stirnflächen (Bild 1.7.7.2.1-20) (Bild 1.7.7.2.1-21) .
Dichtungen für Rohrverbindungen in Kanalisationen sind, bedingt durch erhöhte Dichtheitsforderungen, aber auch durch die Thematisierung der undichten Kanäle in der Öffentlichkeit, verstärkt in den Blickpunkt der Fachleute gerückt.
Nachdem fast alle Rohrhersteller den Übergang zur integrierten Dichtung gefunden haben, bemüht man sich nun, noch zuverlässigere, aber auch prüfbare Dichtungen zu entwickeln.
Eine solche Sonderentwicklung zur Verbesserung der Zuverlässigkeit der Dichtung stellt die aktivierbare Dichtung für Rechteckquerschnitte dar (Bild 1.7.7.2.1-22) . Sie wird werkseitig auf das Spitzende des Rechteckprofils montiert und nach dem Zusammenfügen der Rohre oder nach Beendigung aller Bauarbeiten durch eine vollständige Verfüllung mit PU-Material unter Druck zu einer dauerhaften und druckwasserdichten Abdichtung aktiviert [FI-Westr] .
Einen Vorschlag für eine prüfbare und sanierungsfähige Rohrverbindung für begehbare Kanäle aus Beton- und Stahlbeton zeigt (Bild 1.7.7.2.1-23) . Sie besteht aus zwei, auf der Innenseite angeordneten Dichtungen aus Elastomermanschetten, die durch Spannringe an die Rohrinnenwand gepreßt werden. Zwischen den beiden Dichtungen befindet sich ein Prüfraum, der zur On-Line-Prüfung direkt an eine Prüfmittelleitung mit Druckmeßeinrichtung angeschlossen oder vor Ort über Ventile mit Wasser oder Luft als Prüfmedium auf Dichtheit überprüft werden kann.
Die Dichtheitsprüfung kann entweder für jede einzelne Rohrverbindung oder aber mit Hilfe der Prüfmittelleitung gleichzeitig für beliebig viele Rohrverbindungen innerhalb einer oder mehrerer Haltungen durchgeführt werden. Werden Undichtigkeiten festgestellt, können diese durch Nachspannen der Spannringe oder durch Ersetzen wenigstens einer der beiden Manschetten behoben werden.
Durch Auswechseln der Manschetten und Spannringe kann die Dichtung auch an eine im Laufe der Zeit veränderte Abwasserbeschaffenheit angepaßt werden [Patentb] .
Diese Rohrverbindung bietet besonders in der Wasserschutzzone II von Wassergewinnungsgebieten (Abschnitt 6.1) , in Bergsenkungsgebieten und anderen Problemzonen, in denen auch während des Kanalbetriebes die Dichtheit der Rohrverbindungen zur Verhinderung von Abwasserexfiltration und Grundwasserfiltration entweder dauernd oder in bestimmten zeitlichen Abständen kontrolliert werden muß, große Vorteile.