Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)

Verfüllmaterial

Aufschluß über die Art des in früheren Jahren eingebauten Verfüllmaterials geben z.B. [Braub25] und DIN 4033, Ausgabe (05.41) [DIN4033:1979] . "Die Ausfüllung des Raumes zwischen Rohr und Baugrubenwand erfolgt am besten mit einzuschlämmendem Sand oder wenigstens sandigem Boden bis 50 cm über dem Scheitel des Kanals, von wo aus dann die in 15 cm bis 20 cm Stärke einzubringenden Bodenlagen eingestampft werden dürfen" [Braub25] .

In DIN 4033, Ausgabe (05.41) [DIN4033:1979] wird dazu ausgeführt:

"Der Rohrgraben wird zweckmäßig gleich nach dem Verlegen der Rohre eingefüllt. Besonders sorgfältig hat das Einfüllen und Stampfen bis 30 cm über Scheitel mit Sand und feinem Kies und beiderseits gleichmäßig in Lagen von 12 cm bis 15 cm Höhe zu geschehen. Ggf. sind Sand und Kiesboden vor dem Stampfen einzuschlämmen, wobei zu reichliche Wasserzufuhr zu vermeiden ist, um einem Nachgeben der Baugrubenwände vorzubeugen.

Muß darüber lehmiger, toniger und mergeliger Boden zur Verfüllung benutzt werden, so dürfen die Schichten, wie auch bei Einbringung von Sand und Kiesboden als Stampfboden, nicht dicker als 20 cm sein und müssen sehr sorgfältig gestampft werden. Dieser Boden darf nicht eingeschlämmt werden. Gefrorener Boden darf zur Verfüllung des Rohrgrabens nicht verwendet werden."

Hinsichtlich des Verfüllmaterials sowie der Ausführung der Leitungszone und Hauptverfüllung waren bis zur Einführung der DIN EN 1610 [DINEN1610:1997] die Normen bzw. Richtlinien DIN 4033, Ausgabe (11.79) [DIN4033:1979] , ATV-A 127 [ATVA127:1988] , ATV-A 139 [ATVA139:1988] , ZTVE-StB 94 [ZTVEStB94b] sowie das Merkblatt für das Verfüllen von Leitungsgräben der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen [AGU70] maßgebend.

Für die Leitungszone schreibt DIN 4033, Ausgabe (11.79) [DIN4033:1979] , auf die auch in den ATV-Regelwerken Bezug genommen wird, vor: "… Im Bereich der Leitungszone darf nur steinfreier, verdichtungsfähiger Boden verwendet werden, an den die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an das Auflagermaterial. Steht kein zum einwandfreien Verdichten geeigneter Boden zur Verfügung, so ist eine Verbesserung des Bodens durch Zugabe nichtbindigen Materials oder durch Anfahren und Verwenden anderen geeigneten Bodens oder Materials vorzusehen. … In Sonderfällen … kann die Rohrleitung unabhängig vom ausgeführten Auflager teilweise oder ganz mit Beton o.ä. eingebettet werden."

In DIN EN 1610 [DINEN1610:1997] werden an die Baustoffe für die Leitungszone u.a. folgende allgemeine Anforderungen gestellt: "Baustoffe für die Leitungszone müssen geeignet sein, dauerhafte Stabilität und die Lastaufnahme der Rohrleitung im Boden sicherzustellen und dürfen das Rohr, den Rohrwerkstoff oder das Grundwasser nicht beeinträchtigen. Gefrorene Materialien dürfen nicht verwendet werden. Baustoffe für die Leitungszone müssen mit den Planungsanforderungen übereinstimmen. Diese Materialien dürfen entweder anstehender Boden, dessen Brauchbarkeit geprüft wurde, oder angelieferte Baustoffe sein. Baustoffe für die Bettung sollten keine Bestandteile enthalten, die größer sind als:

  • 22 mm bei DN ≤ 200 sowie
  • 40 mm bei DN > 200 bis DN ≤ 600."

Im Merkblatt für das Verfüllen von Leitungsgräben [AGU70] bzw. in der ZTVE-StB 94 [ZTVEStB94b] wird folgendes gefordert: "Als Baustoff zur Verfüllung der Leitungszone ist grobkörniger Boden bis zu einem Größtkorn von 20 mm zu verwenden."

Bezüglich des Materials für die Hauptverfüllung kann davon ausgegangen werden, daß in vielen Fällen der beim Grabenaushub angefallene Boden wiederverwendet wurde, so daß man nahezu alle Bodenarten in diesem Bereich antreffen kann.

Das Verfüllmaterial wird, um Setzungen zu vermeiden, lagenweise eingebaut und verdichtet. In der Leitungszone müssen heute nach ATV-A 139 [ATVA139:1988] folgende Verdichtungsgrade erreicht werden:

  • bei nichtbindigen Böden: Dpr = 95 %
  • bei bindigen Böden: Dpr = 92 %.
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Bild 1.6.1.3-1: 

Nicht normgerechte Rückverfüllung der Leitungszone

In Einzelfällen ist nicht auszuschließen, daß bei der Rückverfüllung auch ungeeignete Materialien verwendet wurden, wie z.B. größere Steine, Beton, Mauerbrocken, Holz, Zementsäcke, Papier, Strauchwerk oder Laub (Bild 1.6.1.3-1) .

Durch die Verrottung solcher organischer Bestandteile können Setzungen oder Hohlraumbildungen auftreten. Dies gilt auch z.B. bei im Boden verbliebenem Holzverbau.

Selbst unter der Voraussetzung, daß bei der Verlegung der Kanäle die jeweils gültigen Vorschriften und Regelwerke eingehalten wurden, muß man damit rechnen, daß sich die ursprüngliche Struktur und bodenmechanischen Eigenschaften des Verfüllmaterials im Laufe der Jahrzehnte durch Nachverdichtung, innere Suffosion bzw. Erosion, Kontakterosion sowie durch den Chemismus des Sickerwassers und durch Kontamination verändert haben.

Kontakterosion, d.h. die von einer Kontaktfläche zu einem gröberen Erdstoff ausgehende Erosion, entsteht immer dann, wenn Böden aufeinandertreffen, die nicht entsprechend den in der Bodenmechanik entwickelten Filterregeln aufeinander abgestimmt und einem entsprechenden Strömungsgefälle, z.B. des Grund- oder Sickerwassers, ausgesetzt sind. Die in Abhängigkeit zum Strömungsgefälle in den gröberen Erdstoff eindringenden Teilchen werden dort entweder abtransportiert (Suffosion) oder abgelagert (Kolmation). Mögliche Erosionsbereiche innerhalb des verfüllten Grabenquerschnittes oder auch zwischen diesem und dem anstehenden Boden zeigen (Bild 1.6.1.3-2) und (Bild 1.6.1.3-3). Besonders kritisch sind in dieser Hinsicht nicht fachgerecht ausgeführte Sickerpackungen mit Dränageleitungen im Bereich der Bettungszone. Mögliche Folgen zeigt (Bild 1.6.1.3-4) .

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Bild 1.6.1.3-2: 

Mögliche Suffosionen und Erosionen im verfüllten Leitungsgraben in Anlehnung an [Howar86] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

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Bild 1.6.1.3-3: 

Mögliche Suffosionen und Erosionen im verfüllten Leitungsgraben in Anlehnung an [Howar86] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

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Bild 1.6.1.3-4: 

Auswirkungen einer nicht fachgerecht ausgeführten Sickerpackung in Anlehnung an [ATV82] [Quelle: STEIN Ingenieure GmbH]

 

Durch Einspülung von Sand aus der Leitungszone in die grobkörnige Sickerpackung entstehen Auflockerungen im Bettungsbereich der Leitung und im Extremfall Hohlräume. Diese Bettungsveränderungen können zum Versagen der Kanäle führen.

Mehr oder weniger große Hohlräume können sich im Leitungsbereich auch durch Infiltration von Grundwasser und Boden in den Kanal und in Ausnahmefällen auch durch Exfiltration von Abwasser aus dem Kanal bilden (Abschnitt 2.2.3.1) .

Ursächlich für die Hohlraumbildung können bei schadhaften Kanälen auch der Einsatz von Hochdruckspülverfahren bei der Reinigung (Abschnitt 3.2.1) oder Dichtheitsprüfungen mit Wasser sein (Abschnitt 4.4.1) .

Auflockerungen und vorhandene Hohlräume in der Leitungstrasse sind bei der Planung von Sanierungsmaßnahmen unbedingt zu berücksichtigen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich einen genauen Überblick über die geologische und hydrogeologische Situation im Bereich der Leitungstrasse zu verschaffen (Abschnitt 4.1) .

Instandhaltung von Kanalisationen / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2001)