DEMO Grabenloser Leitungsbau / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2003)

Elektrische Energieversorgungssysteme

 Ein elektrisches Energieversorgungssystem besteht aus den Kraftwerken, welche die elektrische Energie (elektrischer Strom) erzeugen, Leitungen, die den Strom zu den Verbrauchern (Haushalte, Gewerbe und Industrie, öffentliche Nahverkehrsmittel und Straßenbeleuchtung) transportieren, wo er in andere Energieformen umgewandelt wird, z.B. in mechanische, Wärme- und Lichtenergie, sowie aus Umspannstationen (Transformatoren), welche die unterschiedlichen Spannungsebenen der Netze verbinden, und Schaltanlagen, welche die Leitungen verknüpfen [Schae94].

Ein Netz ist die Gesamtheit aller miteinander verbundener Anlagenteile gleicher Nennspannung. Es kann u.a. nach Aufgabe, Betriebsweise, Spannungen und nach Besitzverhältnissen benannt werden [Kaufm95].

Entsprechend ihrer Aufgabenstellung lassen sich die elektrischen Energieversorgungsnetze in Übertragungsnetze (Verbundnetze) und Verteilungsnetze unterteilen.

Die Übertragungsnetze dienen dem übergeordneten Transport der elektrischen Energie von den Erzeugungsschwerpunkten (Kraftwerken) zu den Verbrauchsschwerpunkten (Städte, Ballungsräume, Industrie) [Palic92].

Zu den Übertragungsnetzen gehören die Hoch- und Höchstspannungsnetze mit einer Betriebsspannung von 110 kV bis zu 380 kV, in denen die Kraftwerke eines Landes bzw. mehrerer Länder zusammengefasst sind. So sind z.B. in Westeuropa die einzelnen Energieversorgungsunternehmen zum Zweck der Vermeidung von Netzzusammenbrüchen und Großstörungen national und international zum westeuropäischen Verbundnetz zusammengeschaltet.

Da der Stromtransport überwiegend durch Freileitungen erfolgt, werden diese Netze nachfolgend nicht näher betrachtet.

Von den Übertragungsnetzen wird die elektrische Energie an die eigentlichen Verteilungsnetze weitergeführt.

Die Verteilungsnetze werden als Mittelspannungsnetze mit Nennspannungen von 1 kV bis 60 kV und Niederspannungsnetze bis 1 kV (mit 400/230 Volt dann als sogenanntes Drehstromnetz) betrieben und dienen innerhalb einer eng begrenzten Region (z.B. Wohngebiete oder Stadtteile) der Verteilung elektrischer Energie zur Speisung von Umspannstationen (Hoch-/Mittelspannung), Netzstationen (Mittel/Niederspannung) oder Abnehmeranlagen (Mittelspannung).

Verteilungsnetze für Niederspannungen werden auch Ortsnetze genannt [Kaufm95].

Darüber hinaus übernehmen in Ballungszentren auch Hochspannungsnetze mit einer 110 kV Spannungsebene als höchste Verteilspannung Verteilungsaufgaben.

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Bild 6.2.2.6.3-1: 

Konventionelles Niederspannungsnetz zur Stromverteilung [Heinh99]

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Bild 6.2.2.6.3-2: 

Beispiele für einstrang- und mehrstranggespeiste Maschennetze [Heinh99]

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Bild 6.2.2.6.3-3: 

Netzstationen [FI-Betona] - Oberirdische Netzstation in monolithischer Fertigteilbauweise

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Bild 6.2.2.6.3-4: 

Netzstationen [FI-Betona] - Unterflurstation in Fertigteilbauweise (Bauzustand)

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Bild 6.2.2.6.3-5: 

Kabelverzweigerschränke (KVz) - Ausführungsformen für die Aufstellung im Freien [FI-Berth]

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Bild 6.2.2.6.3-6: 

Kabelverzweigerschränke (KVz) - Blick in einen KVz mit Sicherungs- und Schaltleisten [FI-Geyer]

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Bild 6.2.2.6.3-7: 

Prinzipieller Aufbau eines VPE-isolierten Hochspannungskabels [FI-AEG] - Ansicht

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Bild 6.2.2.6.3-8: 

Prinzipieller Aufbau eines VPE-isolierten Hochspannungskabels [FI-AEG] - Querschnitt

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Bild 6.2.2.6.3-9: 

Mögliche Leiterformen bei dreiadrigen Kabeln [FI-Alcat]

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Bild 6.2.2.6.3-10: 

Typische Kabelquerschnitte mit unterschiedlichen Isolierungssystemen (schematisch) [Küchl96]

In der elektrischen Energieversorgung sind neben den im Abschnitt 1.1.1 erwähnten Grundnetzformen noch eine Vielzahl weiterer, abgewandelter Netzformen bekannt, insbesondere Varianten des Ringnetzes in Form von z.B. Ringnetzen mit offener oder geschlossener Trennstelle, mit Querverbindungen, mit Gegenstationen, Reservekabelnetzen, Stützpunktnetzen, aber auch andere Netzausbildungen wie beispielsweise Strangnetze sowie kombinierte Netze, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Diesbezügliche Informationen sind [Kaufm95] zu entnehmen.

Je nach Lastdichte und Bebauungsart ergeben sich unterschiedliche Netzformen für das Niederspannungsnetz.

Verteilungsnetze im Niederspannungsbereich werden aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Möglichkeit eines freizügigen Ausbaus häufig als Verästelungsnetze (Strahlennetze) ausgeführt (Bild 6.2.2.6.3-1) [Palic92].

Geografisch als vernaschte Netze aufgebaute Niederspannungsnetze werden - wenn sie nicht auch als solche betrieben werden - durch Trennstellen in Kabelverteilerschränken zusätzlich noch in sogenannte Inselnetze (eingespeist aus einer Netzstation je Insel) oder zu vermaschten Inselnetzen (eingespeist aus mehreren Netzstationen je Insel) aufgeteilt [Kaufm95].

Die Einspeisung der vernaschten Niederspannungsnetze kann über einen (einstranggespeistes Maschennetz) oder über mehrere Mittelspannungsstränge (mehrstranggespeistes Maschennetz) erfolgen (Bild 6.2.2.6.3-2).

Eine Station ist ein Knotenpunkt im Netz, der hauptsächlich die Leitungsenden über Schaltanlagen miteinander verbindet und dazu Gebäude und möglicherweise Transformatoren umfasst [Kaufm95]. Je nach Spannungsebene und Aufgabe unterscheidet man unterschiedliche Stationstypen.

Eine Abnehmerstation oder auch Abnehmeranlage ist eine im Mittelspannungsnetz angeordnete, überwiegend verbrauchereigene Anlage [Kaufm95].

Bürohochhäusern und Industriebetrieben wird häufig eine eigene Abnehmerstation, d.h. ein Ortsnetztransformator, zugewiesen, so dass das Ortsnetz zu einer reinen Gebäudeinstallation (Gebäudenetz) bzw. einem privat betriebenen Stromversorgungsnetz (Industrienetz) werden kann [Schae94].

Eine Netzstation (Bild 6.2.2.6.3-3) (Bild 6.2.2.6.3-4) ist eine Umspannstation von Mittel- (i.d.R. 10 kV und 20 kV) zu Niederspannung (400/230 V) und wird auch als Ortsnetzstation oder Ortsnetztransformator bezeichnet [Kaufm95].

Eine Schaltanlage ist Teil einer Station, in der Leitungen und andere elektrische Betriebsmittel wahlweise miteinander verbunden oder voneinander getrennt werden können [Kaufm95].

Zu den Schaltanlagen zählen z.B. die Kabelverteiler- oder -verzweigerschränke (KVz) (Bild 6.2.2.6.3-5) (Bild 6.2.2.6.3-6) sowie Kabel-Hausanschlusskästen, die nach der Begriffsbestimmung von DIN EN 60439-5 [DINEN60439-5] und DIN VDE 0660 -505 [DINVDE0660-505] als Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen bezeichnet werden.

Unter Kabelleitung versteht man die "Gesamtheit aller der unterirdischen Fortleitung elektrischer Energie dienender Anlagenteile wie Kabel, Muffen, Endverschlüsse und Zubehör" [Kaufm95].

Es hat sich eingebürgert, auch dann nur von Kabeln zu sprechen, wenn eigentlich die Kabelleitungen gemeint sind [Kaufm95].

Kabel, die elektrische Energie übertragen, werden als Starkstrom- oder auch Energiekabel bezeichnet [Brügg92].

Die Anzahl der möglichen Ausführungsarten der Kabel ist mit weit über 1000 Varianten so vielfältig [Brügg92], dass es unmöglich ist, hierauf detailliert einzugehen.

Beim konventionellen Niederspannungsnetz der öffentlichen Versorgung folgen die Trassen der Kabel (Hauptkabel) den Straßenzügen (Bild 6.2.2.6.3-1).

An den Kreuzungspunkten der Kabel werden diese in Verteilerschränken zusammengeführt.

Netzstationen sollten in einem Knotenpunkt einspeisen, der möglichst im Zentrum der Belastung (Lastschwerpunkt) liegt und eine ausreichende Zahl von Kabelabgängen hat [Heinh99].

Alle Kabeltypen werden prinzipiell nach ihrer Nennspannung unterteilt in:

  • Niederspannungskabel mit einer Nennspannung bis 1 kV
    (üblicherweise 230/400 V)
  • Mittelspannungskabel mit einer Nennspannung von 1 bis 60 kV
    (üblicherweise 10 oder 20 kV)
  • Hochspannungskabel mit einer Nennspannung von 60 bis 150 kV
    (üblicherweise 110 kV)
  • Höchstspannungskabel mit einer Nennspannung über 150 kV
    (in Europa max. 380 kV)

In der Bundesrepublik Deutschland werden Kabelanlagen des Spannungsbereiches bis 60 kV am häufigsten betrieben.

Den prinzipiellen Aufbau eines Kabels zeigen (Bild 6.2.2.6.3-7) und (Bild 6.2.2.6.3-8). Es besteht aus [Palic92] :

  • Leiter
  • Isolierung
  • Schirm/Metallmantel
  • Außenmantel/Bewehrung

Nach DIN VDE 0289-2 [DINVDE0289] ist ein Leiter ein "Teil (aus einem oder mehreren Metalldrähten) zum Fortleiten des elektrischen Stromes". Seine Stromtragfähigkeit bestimmen Werkstoff und Querschnitt.

Als Leiterwerkstoffe müssen nach DIN VDE 0295 [DINVDE0295] verwendet werden:

  • blankes oder metallumhülltes, weiches Elektrolyt-Kupfer
  • blankes Aluminium

Ein Vorteil des Aluminiums gegenüber Kupfer ist das geringere Gewicht; bei gleicher Leitfähigkeit wiegt ein Aluminiumleiter nur etwa die Hälfte eines Kupferleiters.

Ein eindrähtiger Leiter ist gemäß DIN VDE 0289-2 [DINVDE0289] ein "Leiter, der nur aus einem Draht besteht. Anmerkung: Der Querschnitt des Leiters kann rund (kreisförmig) oder profilförmig sein".

Ein mehrdrähtiger Leiter ist ein "Leiter, der aus mehreren Einzeldrähten besteht" [DINVDE0289].

Als Ader bezeichnet man nach DIN VDE 0289-1 [DINVDE0289] einen "Leiter mit seiner Isolierung einschließlich vorhandener Leitschichten".

Die Kabel werden unterschieden in [DINVDE0289] :

  • Einadrige Kabel: Kabel mit einer Ader.
  • Mehradrige Kabel: Kabel mit zwei bis fünf Adern einschließlich der als Neutralleiter oder Schutzleiter zu verwendenden Adern.
  • Vieladrige Kabel: Kabel mit mindestens sechs Adern gleichen Leiterquerschnitts.

Im (Bild 6.2.2.6.3-9) sind Ausführungen von Leiterformen am Beispiel eines dreiadrigen Kabels dargestellt.

Die Isolierung oder auch Isolierhülle liegt zwischen dem stromführenden Leiter und dem Schirm bzw. dem Metallmantel und dient zur Sicherstellung der Spannungsfestigkeit zwischen Leiter und Schirm/Metallmantel. Die eingesetzten unterschiedlichen Werkstoffe müssen bei möglichst geringen Abmessungen eine sichere Beherrschung der anstehenden Spannungen gewährleisten. Hierbei sind neben der elektrischen auch die mechanische, insbesondere Biege- und Zugspannungen, die thermische sowie die chemische Beanspruchung zu beachten.

(Bild 6.2.2.6.3-10) zeigt typische Kabelquerschnitte mit unterschiedlichen Isolierungssystemen in Abhängigkeit von der Spannungsebene.

Starkstromkabel auf niedrigen und mittleren Spannungsebenen besitzen zumeist eine Isolierung aus Papier mit hochviskoser Masse (Massekabel) bzw. niederviskosem Öl oder Kunststoff (PVC, seltener PE und neuerdings verstärkt VPE (vernetztes Polyethylen), die die Spannungsfestigkeit über die Lebensdauer des Kabels sicherstellen soll.

PVC-isolierte Kabel wurden bislang im Niederspannungsbereich bis 1 kV vorherrschend eingesetzt, vor wenigen Jahren sind verstärkt auch VPE-isolierte Kabel für diese Spannungsbereiche auf den Markt gekommen.

Wegen der hohen dielektrischen Verluste (Übertragungsverluste) ist der Werkstoff PVC für höhere Spannungsebenen (> 10 kV) nicht geeignet.

Im Mittelspannungsbereich überwiegen heute in 20 kV-Netzen Kabel mit thermoplastischer VPE-Isolierung nach DIN VDE 0273 [DINVDE0276-620]. Daneben erfolgt in den 10 kV-Netzen der Übergang vom bewährten klassischen Kabel mit ölgetränkter Papierisolierung und Bleimantel zum VPE-Kabel wesentlich langsamer.

Bei Hoch- und Höchstspannungskabel müssen zur Beherrschung der hohen elektrischen Feldstärken spezielle Isolierungen verwendet werden, weil für Spannungen über 40 kV der Querschnitt der Kabel zu groß werden würde.

Neben Kunststoffisolierungen aus vernetzten VPE [Jahnk92] oder Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPR) finden auch papierisolierte Kabel Anwendung, deren Leiter im Gegensatz zu den papierisolierten Mittelspannungskabeln mit einem Hohlkanal versehen ist, in dem eine Gas- oder Ölfüllung mit Überdruck (Öl: 0,3 bis 2 bar, Stickstoff: bis 15 bar) eingebracht wird, die auch eine Zwangskühlung des Kabels erlaubt; man spricht dann von Gasdruck- bzw. Öldruckkabeln.

Bei den Öldruckkabeln, die heute nicht mehr neu verlegt werden, hat mittlerweile ein Substitutionsprozess zugunsten der wartungsfreien VPE-isolierten Kabel eingesetzt.

Der Schirm aus Kupfer dient bei kunststoffisolierten Starkstromkabeln ebenso wie der Metallmantel aus Blei, Aluminium oder Stahl bei papierisolierten Starkstromkabeln zur Führung der Lade-, Ableit- und Fehlerströme.

Die äußeren Aufbauelemente eines Starkstromkabels besitzen ausschließlich mechanische Schutzfunktionen.

Beim Papierkabel schützen Papierlagen in Verbindung mit Bitumenschichten die Metallmäntel vor Korrosion. Die Schichten dienen gleichzeitig als Bettung für die Bewehrung aus Stahlbändern oder -flachdrähten. Über der Bewehrung folgt nochmals eine Korrosionsschutzhülle aus Faserstoffen und Bitumenzwischenlagen.

Bei den kunststoffisolierten Kabeln bildet ein PVC- oder PE-Außenmantel die äußere Schutzhülle; letzterer Werkstoff wird aufgrund seiner hohen mechanischen Festigkeit zunehmend eingesetzt.

Der Außendurchmesser der Kabel hängt vom verwendeten Kabeltyp bzw. Kabelaufbau und insbesondere von der Höhe der durchgeleiteten Spannung ab.

In (Tabelle 6.2.2.6.3-1) sind exemplarisch für die am häufigsten zur Anwendung kommenden Kabeltypen im Nieder- und Mittelspannungsbereich Werte für die Kabelaußendurchmesser in Abhängigkeit von der zulässigen Nennspannung aufgeführt. Die Schwankungsbreiten in den einzelnen Spannungsebenen erklären sich durch die unterschiedliche Anzahl der Adern, die variable Wanddicke der Isolierung bzw. des Mantels sowie den jeweiligen Bewehrungsgrad.

Tabelle 6.2.2.6.3-1: 

Kabelaußendurchmesser in Abhängigkeit der zulässigen Nennspannung [FI-Alcat]

Kabeltyp
 
Nennspannung U0/U
[kV]
Kabelaußendurchmesser
[mm]
Verwendung
 
Papierisolierte Kabel nach
DIN VDE 0255
0,6/1
3,6/6
6/10
12/20
18/30
32 bis 61
36 bis 62
41 bis 67
51 bis 88
65 bis 90
In Erde, im Wasser, im Freien, in Innenräumen und Kabelkanälen, wenn keine besonderen Beanspruchungen zu erwarten sind
PVC isolierte Kabel nach
DIN VDE 0271
0,6/1
3,6/6
6/10
8 bis 33
36 bis 68
41 bis 82
In Erde, im Wasser, im Freien, in Innenräumen und Kabelkanälen
VPE-isolierte Kabel mit
PVC-Mantel nach
DIN VDE 0272 bzw.
DIN VDE 0273
0,6/1
6/10
12/20
18/30
27 bis 64
28 bis 75
27 bis 52
33 bis 75
In Erde, im Wasser, im Freien, in Innenräumen und Kabelkanälen
 

In jedem elektrischen Leiter entsteht bei der Übertragung elektrischer Energie Wärme als Folge der ohmschen Verluste, welche die Kabel radial in die Umgebung abgeben (Verlustwärme).

Mit Strombelastbarkeit, kurz Belastbarkeit, werden nach DIN VDE 0289-8 [DINVDE0289] "die unter bestimmten Bedingungen höchstzulässigen Ströme bezeichnet".

Die Strombelastbarkeit eines Kabels wird durch seine maximale zulässige Temperatur begrenzt, wobei sichergestellt sein muss, dass an jeder Stelle einer Kabelanlage die erzeugte Wärme unter den vorgegebenen Verhältnissen sicher in die Umgebung abfließen kann.

Bei der Erdverlegung sind die Betriebsbedingungen, insbesondere die Umgebungsbedingungen, schwer zu bestimmen.

Normalerweise wird eine ungestörte Wärmeabfuhr auf der gesamten Länge der Kabelleitung vorausgesetzt. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass diese je nach Bodenart und Wassergehalt unterschiedlich ist bzw. je nach Austrocknungsgrad des Bodens u. U. eine natürliche Kühlung des Kabels vollständig verhindert wird, d.h. dass ein sehr hoher spezifischer Erdbodenwärmewiderstand bei der Berechnung der Belastbarkeit des Kabels angesetzt werden muss.

Eine Bodenaustrocknung tritt in Sandböden bei ca. 30°C und in Lehmböden bei ca. 50°C ein [Palic92]. Eine irreversible Bodenaustrocknung muss deshalb unbedingt vermieden werden.

Nach DIN VDE 0276-1000 [DINVDE0276-1000] ist außerdem bei der Verlegung von Erdkabeln in mit Schutt, Schlacke, Asche, organischen Bestandteilen, Müll usw. durchsetzten Böden mit sehr hohen spezifischen Erdbodenwärmewiderständen zu rechnen. Hier sind eventuell Messungen und der Austausch des Bodens in der Umgebung des Kabels erforderlich.

Ebenfalls ist für Aufschüttungen aus üblichen Bodenarten, die jedoch nicht oder nur schlecht verdichtet sind und mit deren Verdichtung im Laufe der Zeit nicht zu rechnen ist, ein höherer Erdbodenwärmewiderstand anzusetzen; gleiches gilt, wenn das Kabel im Wurzelbereich von Hecken oder Bäumen verläuft [DINVDE0276-1000].

Obwohl man durch entsprechende Untersuchungen ungefähre Angaben über die zu erwartenden relevanten physikalischen Bodeneigenschaften machen kann, sollte immer eine Überdimensionierung des Kabels einkalkuliert werden, da man in der Regel nicht in der Lage ist, Prognosen über mögliche Veränderungen in den nächsten 40 Jahren zu stellen.

Darüber hinaus können beispielsweise an das Kabel heranwachsende Wurzeln die Strombelastbarkeit derart reduzieren, dass es zu einer Überlastung des Kabels kommt, und damit die erwartete Lebensdauer herabgesetzt wird [Brügg92], oder die Kabel verlassen durch Bodenwanderungen ihre festgelegte Legetiefe in Richtung der Bodenoberfläche, wo sie bei baulichen Maßnahmen beschädigt werden können [VDEW77].

Basierend auf diesen Erkenntnissen werden heute Kabel im Zusammenhang mit der geschlossenen Bauweise überwiegend in schützenden Rohren (Kabelschutzrohre oder Mantelrohre) als sogenannte Röhrenkabel verlegt. Aber auch die Verlegung im Leitungsgang kommt in Frage (Abschnitt 2).

Nach DIN VDE 0276-1000 [DINVDE0276-1000] ist bei der Verlegung von Kabeln in Rohren "insbesondere der Einfluss der wärmedämmenden Luftschicht zwischen Kabel und Rohrinnenwand zu berücksichtigen. Falls eine eingehende Berechnung als zu aufwändig erscheint, sollte die Belastbarkeit mit dem Faktor 0,85 reduziert werden. Der Einfluss von Rohrhäufungen sollte berechnet werden".

Nach DIN VDE 0289-6 [DINVDE0289] sind Kabelgarnituren die "für den Betrieb von Kabeln notwendigen Bauteile und Geräte".

Mit Kabelgarnituren werden Anschlüsse, Verbindungen und Abzweige an Kabeln hergestellt.

Als Endverschluss bezeichnet man nach DIN VDE 0289-6 [DINVDE0289] eine "Garnitur, die das Ende eines ein- oder mehradrigen Kabels elektrisch, mechanisch und gegebenenfalls hydraulisch oder pneumatisch abschließt und den Anschluss an elektrische Betriebsmittel ermöglicht".

Eine Muffe ist eine Garnitur, "die zwei oder mehrere Kabel verbindet. Im Muffenbereich wird die Funktion des Kabels von der Muffe übernommen. Die Muffe erstreckt sich über den Bereich, in dem durch die Montage Kabelbauelemente geändert oder zusätzlich Muffenteile angebaut werden können".

Muffen haben die Aufgabe, die Kabel elektrisch sicher miteinander zu verbinden, mechanischen Schutz zu gewähren und die Innenbauteile gegen Feuchtigkeitszutritt und Korrosion zu schützen.

Aufbau und Konstruktion der Muffen sind abhängig von der Spannung, der Art der zu verbindenden Kabel und der zu erwartenden Kurzschlusskräfte. Die Innenbauteile dienen der Leiterverbindung und der Wiederherstellung der ursprünglichen Kabelisolierung. Bei fabrikmäßig vorgefertigten Ausführungen sind Isolierung, Feldsteuerung und Schutzhüllen oft zu Funktionseinheiten zusammengefasst.

Muffen lassen sich nach DIN VDE 0289-6 [DINVDE0289] grob unterteilen in Verbindungs- und Abzweigmuffen.

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Bild 6.2.2.6.3-11: 

Beispiel für eine Verbindungsmuffe für VPE-Hochspannungskabel [FI-ABB]

Eine Verbindungsmuffe (Bild 6.2.2.6.3-11) "verbindet Kabel gleicher Bauart und gleicher oder ungleicher Leiterquerschnitte" [DINVDE0289].

Eine Abzweigmuffe "ermöglicht das Abzweigen von Kabeln gleicher oder unterschiedlicher Bauart und gleichen oder unterschiedlichen Leiterquerschnitts" [DINVDE0289].

Anschlüsse und Verbindungen können durch Löten, Schweißen, Pressen oder Klemmen hergestellt werden. Hierbei unterscheidet man zwischen lösbaren (Klemmen) und nichtlösbaren (Löten, Schweißen, Pressen) Verbindungen sowie zwischen thermischen (Löten, Schweißen) und mechanischen (Pressen, Klemmen) Verbindungsarten.

Die thermischen Verfahren Löten und Schweißen sind heute nur noch von untergeordneter Bedeutung.

In der Kabelverbindungstechnik haben sich die Pressverbindungsverfahren, insbesondere die Sechskantpressung, weitgehend durchgesetzt. Diese Technik bietet folgende Vorteile:

  • das Kabel wird thermisch nicht beeinflusst
  • zur Montage wird lediglich eine Handpresszange benötigt
  • es können sämtliche Leiterarten miteinander verbunden werden

Als lösbare Verbindung werden i. Allg. Schraubklemmen der verschiedensten Ausführungsarten verwendet. Im wesentlichen lassen sie sich unterteilen in Anschlussklemmen, Abzweigklemmen und Verbindungsklemmen. Zur Montage benötigt man lediglich einen Drehmomentschlüssel [Heinh99].

Die Häuser werden i.Allg. mit Stichkabeln (Hausanschlusskabeln) über Hausanschlussmuffen oder über Einschleifkästen an die Hauptkabel angeschlossen. Hausanschlussmuffen haben der Vorteil, dass das Hauptkabel durchgeführt wird. Einschleifkästen bieten in Störungsfällen Umschaltmöglichkeiten, haben jedoch mehrere Klemmstellen im Durchgangsstrom und erfordern das Auftrennen des Hauptkabels [Heinh99].

Hausanschlussmuffen sind in DIN 47630 [DIN47630] für Kabel bis 1 kV genormt.

Bei Kabeln mit höherer Nennspannung werden Abzweige in der Regel nicht oder nur als Provisorium hergestellt.

Als Hausanschlussmuffen werden überwiegend Gießharzmuffen, teilweise auch Muffen in Schrumpftechnik verwendet [Heinh99] [Brügg92] [Klock79] [VDEW77].

DEMO Grabenloser Leitungsbau / Hrsg.: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH / Redaktion: D. Stein, R. Stein (2003)